Unterrichtsvorbereitung – wie man sie nicht lernt

Letztens habe ich mir zum Thema „Bestandteile der Unterrichtsvorbereitung und -durchführung“ während einer Hospitation dazu aus meiner Sicht folgendes Schema gezeichnet.

Und irgendwann lerne ich auch, wie man so was grafisch am Computer schön umsetzt. Da gehört auch noch was dazu, aber daran bin ich gescheitert.

Ich denke, ich trage hier Eulen nach Athen, aber dennoch verwundert es mich, dass man in der Lehrerausbildung noch nicht weiter ist. Es zählt die Einzelstunde und es wird suggeriert, dass alles in der Verantwortung des Lehrers liegt – speziell in seiner Planung. Mit ihr allein steht und fällt die Stunde. Fällt sie, ist es die Schuld des Lehrers. Improvisation wird nicht gelehrt, Lehrerpersönlichkeit gleich gar nicht.

Sicherlich ist mein Schema etwas grob gestrickt und man mag noch dieses oder jene ergänzen, aber dennoch enthält es wohl das Wesentliche. Ich sollte hinzufügen, dass Routinen (ich zähle Methoden dazu) und Unterrichtsplanung etwas mit Fachwissen zu haben und die beiden anderen Teile mit dem sonstigen Leben des Lehrers und seiner Fähigkeit, Schule auch professionell zu betrachten.

Gedankenbeispiele:

– Improvisation ist wichtig, wenn ich eine Stunde habe, die über Folien laufen soll und ich entdecke im Klassenzimmer, dass der Overhead defekt ist – richtig: jetzt muss improvisiert werden

– ich arbeite im Verbund mit anderen Lehrern zusammen Schulaufgaben aus, die Termine sind festgelegt – richtig: meine Unterrichtsplanung muss passgenau sein

– an einem Tag mit 6 Stunden Unterricht (auch bei weniger) ist es wichtig, dass die Schüler wissen, was sie zu tun haben, wenn ich ein AB austeile, einen Text, ein Bild usw., denn es schont meine Nerven, wenn ich es nicht jedes Mal aufs Neue sagen muss – richtig: Routinen entlasten

– bei Einzelkonflikten, in unruhigen Klassen, an Tagen, wo der Unterricht nicht so doll geplant ist, wo ich Stress habe, an 5 Orten gleichzeitig sein muss…da hilft mir meine Persönlichkeit, selbst Ruhe zu wahren und andrerseits auch die Klassen zur Ruhe zu bringen, ohne Strafen zu verteilen

– eine ausgeprägte Lehrerpersönlichkeit verhindert nämlich oftmals Disziplinprobleme

– eine gute Unterrichtsplanung berücksichtigt den ganzen Vormittag, wenn sie ihn im Blickfeld hat

– bewusste Lücken in der Planung verhilft dazu, zwischendrin mal in die Klassen zu hören, um zu sehen und zu hören, wie das ankommt, was ich mache, und verdammt, auch mal locker zu lassen

– Improvisation und Persönlichkeit lassen Vertretungsstunden ihren Schrecken verlieren

Was ich im Kern meinen Referendaren/Praktikanten/Studenten vermitteln will, ist der Umstand, dass Unterricht nicht nur aus der Unterrichtsplanung besteht. Und dass drei dieser Teile in der Ausbildung zum Lehrer keine Rolle spielen und so getan wird, als wären diese entweder genetisch vererbbar (der geborene Lehrer!!) oder nicht statthaft, ja geradezu obszön (improvisierter Unterricht heißt unvorbereitet sein, pfui!).

Vielleicht sollte man noch Humor unterbringen.

10 Antworten auf „Unterrichtsvorbereitung – wie man sie nicht lernt“

  1. An der Uni haben wir nicht annähernd realistisch (sprich: ökonomisch) vorzubereiten gelernt.

    Ich finde auch, gutes Fachwissen spart unglaublich viel Zeit. Je mehr ich selber weiß, umso leichter fallen mir die sowohl die Planung als auch die Improvisation.

    1. OK, Fachwisssen setze ich schon voraus. Sonst kann’s nicht funktionieren.
      Fachwissen erwirbt man aber bei umfangreicher Einstiegs- und zielgerichteter Detailplanung 😉

      1. 🙂 Ja, mit Fachwissen meine ich nicht nur Faktenwissen, sondern auch Wissen um die Dynamik in Klasse, bisschen Küchenpsychologie und einen Hauch Pädagogik. Aber eben auch Wissen in meinem Fachbereich – das bringt die Kleinen ja am meisten zum Staunen, wenn man mehr weiß, als im Schulbuch steht 😉

        1. 🙂 Die Kleinen 🙂

          Und meine Gymnasiasten fordern das Fachwissen bis ins Letzte. Das Interesse geht da weit weit über den Lehrplan hinaus.
          Was bin ich froh, dass mich das Meiste auch interessiert. Zumindest kenne ich fast immer Quellen, die ich empfehlen kann.

          Ein Hauch Pädagogik und Psychologie? Wenn man weiß wie Konstruktivismus funktioniert kann man ’ne Menge für die eigene Pädagogik ableiten.

          1. :D…ja, die Kleinen, an der Realschule sind doch irgendwie alle klein – naja…

            Und jetzt muss ich mich erstmal um den Konstruktivismus kümmern. Da scheitert mein Fachwissen. 😉

  2. Die drei fehlenden Teile sind nicht gut prüfbar – vielleicht liegts daran? Und schlechte Ausbilder können nur das eine prüfen…

    Ich brauche alle 4 Teile. Die besten Stunden sind die, in die ich mit einer (geplanten) Idee und ’ner Menge Gelassenheit (offener Wahrnehmung, Sensibilität, Humor), Routine (Sicherheit in Standartabläufen und schnelle zielgerichteter Auftragsformulierung) und situationsbezogener Improvisationsfähigkeit gehe.

    Zum Glück kann ich in unserer Bewertungssituation (Erzieher müssen auch Lehrproben machen) eigene Kriterien setzen und da gehören alle 4 dazu, Schwerpunkt ist aber auch Planung.

    1. Das war auch mein Gedanke, murmel:
      Lehrerpersönlichkeit (was auch immer das dann ist), Improvisation und Routine sind nicht in der Uni lehr- und lernbar, da die eigene Praxis dafür unabdingbar ist.

      Für die Studierenden ist es wichtig, dass sie darauf vorbereitet werden, dass die Planung zwar ein gutes Fundament bieten kann, aber keinen guten Unterricht provoziert (Kausalität). An die Uni gehören die Theorien, die mir Werkzeuge im Alltag sind, um unüberschaubare Situationen zu differenzieren und meine Handlungen – auf Basis einer Überzeugung – zu legitimieren. Das geht am Besten mit einer guten theoretischen Basis, da man sich über diese unterhalten kann. Die Alternative: „Bauchgefühl“ ist meist auch passabel erfolgreich, bewirkt aber in der Auseinandersetzung immer eine emotionale Eskalation…. Das ist vermeidbar.

      1. Improvisation und Routine ist aber auf der Seminarschule lehrbar…denke ich…indem man sie provoziert.
        Vielleicht gehe ich da sehr stark von meinen Fächern aus. In Deutsch ist es doch einfach relativ simpel:
        1. Vor der Stunde den Text kopieren.
        2. Während des Lesens Fragen notieren und Tafelbild skizzieren.
        3. Unterrichtsgespräch, Tafelskizze
        4. Ergänzenden Text, Gegentext, Argumentativen Text schreiben lassen.

        Vorbereitungs- und Planungszeit: entspricht der Zeit, die ich zum Kopieren brauche. Das Ergebnis wird einer durchschnittlichen Stunde entsprechen.
        Ich meine das nicht als Dauerzustand, aber doch zumindestens als Möglichkeit, die ich zu jeder Zeit abrufen kann.

Schreibe einen Kommentar zu murmel Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert