5 Minuten Schulleitung – mein Büro oder Demut lernen

Ein Chef sagte mal, dass er jeden Vormittag der Direktor seiner Schule sei, dass er 50 Kollegen anleiten würde, dass 630 Schüler die Schule besuchten und mit gemischten Gefühlen sein Büro betreten würden – und wenn er, der Chef, nach Hause käme, wäre es so, dass ihm ein herzhaftes „Hast du den Müll noch nicht rausgebracht?“ von seiner Frau entgegenschallen würde.

Sprung.

Das größte Privileg meiner Stellung an der Schule ist eindeutig ein eigenes Büro. Es ist 2,05 Meter breit und etwas mehr als 4 Meter lang. An einer kurzen Seite ist über die gesamte Breite ein Fenster – auf meinen Wunsch hin wurde ein Kippfenster eingebaut.

Mit der Einrichtung meiner Konrektorenstelle war, da zum ersten Mal an dieser Schule ein Zweiter Konrektor eingesetzt wurde, auch eine bestimmte Summe an Geld verknüpft zur Einrichtung seines Büros. Im ersten Jahr allerdings wurde der Raum bestückt mit Möbeln, die der Hausmeister irgendwo im Keller gefunden hatte. Das hat schon gereicht, auf Dauer allerdings war es recht unbequem. Die Tische hatten z.B. nicht die richtige Höhe, so dass ich schnell Rückenschmerzen bekam und zu nah am Computerbildschirm saß. Das Regal war eigentlich ein Regal,was von zwei Seiten zugreifbar war und deshalb ziemlich deplatziert aussah. Nunja, provisorisch eben. Das Geld wurde erst nach geraumer Zeit bereitgestellt, weil, auch das lernt man, das Schuljahr nicht mit dem Haushaltsjahr des Sachaufwandsträgers  übereinstimmt. Heißt: Im September braucht man Geld, bekommt es aber erst nach dem Januar.

Apropos Geld. Es ist übrigens Usus, dass man ein neues Amt erstmal zu denselben Bedingungen wie vorher erfüllt. Erst nach einem Jahr bekommt man den Titel und das Geld. Manchmal dauert’s auch länger.

Für mein Büro wollte ich etwas Besonderes haben und sah mich in der Gegend nach regionalen Möbelbauern um. Nach einem Angebot der Möbelmacher konnte ich mir eine große Schreibtischplatte und ein Regal mit kleiner Garderobe leisten – habe aber 200,- aus eigener Tasche gezahlt. Das war es mir wert, weil ich wusste, dass ich an diesem Tisch lang sitzen würde. Und da wollte ich nicht Pressspan/Lichtgrau sehen, sondern fränkische Rotkernbuche.

Witzigerweise gab übrigens der Computer, der in meinem Büro stand, seinen Geist auf, als ich ihn das erste Mal anschaltete. Wie übrigens fast alle Rechner der Etage gleichzeitig. Aber wie gesagt: Schuljahr ungleich Haushaltsjahr. Also brachte ich von zuhause erstmal einen größeren Bildschirm mit und kaufte einen gebrauchten Macmini für das Büro. Der Macmini steht seit Kurzem als Leihgabe im Studiokeller einer jungen Band, mit deren Schlagzeuger ich einen Tätowierer teile. Mittlerweile gehört nämlich auch ein richtiger Computer zu meiner Büroausstattung.

httpv://www.youtube.com/watch?v=XjMUjMZTYZA

Das Büro ist ein Privileg, in vielfacher Hinsicht. Ich muss z.B. meinen Rechner nicht mit 60 anderen teilen, habe eine eigene Kaffeemaschine und kann die Tür hinter mir zumachen. Das allerdings sollte ich öfter tun. Das Problem ist einfach, dass ich, der ich schon als Kollege an der Schule war, es irgendwie als seltsam empfinde, meine Kollegen klopfen zu lassen, wenn sie mit mir sprechen wollen. Aber es hilft mir eben auch, meine Arbeit in Ruhe zu machen.

Und heute half es mir eben, meine Ruhe zu haben. Einfach so, weil ich mir nicht sicher war, ob ich den Tag heute schaffen würde, ohne noch ein, zwei Tränen wegen Marie zu verdrücken. Und das wollte ich unbeobachtet.

Sprung.

Ich verdiene gut. Die zurückliegenden Jahre liefen gut, waren erfolgreich. Auf anderer Ebene wird schon gefragt, wann ich die nächste berufliche Stufe der Schulleitung nehme und warum nicht jetzt. Ich dachte, ich hab’s im Griff.

Und doch setze ich am Abend eine kleine Katze von meinem Schoß auf den Boden, um zum Elternsprechabend zu fahren. Und komme dreieinhalb Stunden später wieder nachhause, um diese Katze aus einem Karton mit Heu zu nehmen und in ein Loch im Garten zu legen. Und merke: einen Scheiß hab ich.

 

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