5 Minuten Schulleitung – Mein neues Sakko

katzenspiel

Es kann sein, dass meine Gedankenkreisel derzeit damit zu tun haben, dass ich eine Woche krank war. Richtig krank, so mit Krankschreiben und so, Arztbesuch, Fieber, Medikamenten. Seit Montag bin ich wieder im Büro, aber so ganz gesund wohl noch nicht. Aber ich will nicht über das Krankheitsverhalten von Lehrern grübeln – ich habe ja viele Kollegen, die da zum Teil wenig Rücksicht auf sich nehmen. So wenig wie ich. Andres Thema. (Die Katzen fanden es toll, den ganzen Tag jemanden zum Spielen zu haben)

Worüber ich in den Tagen nachgedacht habe, war eher wieder diese Rollen-Geschichte als Konrektor. Bisher grübelte ich eher darüber, was ich selbst aktiv tue, um diese Rolle auszufüllen, bewusst, mit Absicht. Mittlerweile merke ich aber Veränderungen, die so nebenbei passieren. Merke, dass ich in eine neue Phase hineingleite. Und kann dabei aber nicht so recht trennen zwischen den Aspekten, die der Beruf ausmacht, die aus dem persönlichen Lebensumständen stammen, der Biografie, dem Amt oder dem Umfeld.

Ich kann mich z.B. noch recht gut erinnern an die Anfangsphase. Eine meiner Ausbilderinnen hat mal gesagt, dass man 5 Jahre braucht, bis man im Beruf angekommen ist. Dem kann ich zustimmen. Dabei geht es weniger um diesen beschworenen Augenblick, in dem man „alles mal unterricht hat“ (mit dem hässlichen Vorurteil, dass dann alle Aktenordner im Schrank stehen, die bis zur Pensionierung benutzt werden). Mehr geht es darum, dass man ab diesem Zeitpunkt wirklich als Lehrer durch und durch auftritt. Dass man dann, so denn alles geordnet verläuft, vorn steht und kaum mehr etwas fürchtet, keine Schülerreaktion, keinen Chef, der überraschend an der Klassenzimmertür klopft.

In diesem Moment hat man seine Rolle auch im Kollegium gefunden, in der Elternschaft und vielleicht macht man es sich da auch in der Region bequem, freundet sich an mit dem Gedanken, auch die nächsten Jahre dort zu verbringen.

Über diesen Stand bin ich auch mittlerweile weit hinaus.

Jetzt gehöre ich an meiner Schule zum älteren Viertel, bin in der Schulleitung. Ich betrete das Lehrerzimmer nur noch selten – zum Teil, weil ich eben mich selbst nicht mehr als Kollege empfinde wie ich früher einer war, zum anderen, weil ich einfach nur noch wenig Zeit habe. Andersherum aber ist mein Auftritt im Lehrerzimmer nun auch anders geworden. Zum einen verbindet man jetzt mit meiner Person den Vertretungsplan – also auch immer Mehrarbeit. Oder aber offizielle Gespräche. Gespräche, die aber vertraulich sein mussten, wozu ich also den Kollegen aus dem Zimmer bitten musste.

Und ja, manchmal habe ich mir „den Spaß“ gemacht, dass ich die Lehrerzimmertür öffnete, hinein schaute und laut zum Kollegen sagte: „Hr. Meier, kommst du mal bitte in mein Büro, ich müsste mit dir sprechen.“ Und obwohl man dies richtig einschätzen konnte, war so ein kurzes Stocken aller Gespräche zu vernehmen, viele bewusst neutral gehaltene Blicke und Unsicherheit darüber, ob man jetzt lachen, feixen oder eben ernst bleiben musste.

Rollenunsicherheit also nicht nur auf meiner Seite.

Kurz: Gespräche mit mir sind jetzt anders. Mich überhaupt zu sprechen, ist anders – dazu muss man sagen, dass mein Büro, wie das des Chefs, über das Sekretariat zu erreichen sind. D.h. vor einem Gespräch mit mir, meldet man sich quasi an. Ich höre dann ein gerauntes „Ist er da?“ Und ich habe eben, auch aufgrund meiner Arbeit, eigentlich keine Zeit mehr zwischen 7.30 Uhr und 13.30 Uhr für wirklich private Gespräche. Um mich mit den Freunden im Kollegium zu treffen, benötige ich manchmal den Terminkalender – was auch daran liegt, dass zu den Freunden auch Mütter mit kleinen Kindern gehören, d.h. die brauchen ihren Kalender auch.

Vielleicht können andere mit dieser Situation besser umgehen – ich bin dazu zu wenig Verwaltungsbeamter. Ich sehe mir dabei zu genau zu bei dem, was ich so mache. Dazu habe ich meine Gesamtarbeit derzeit noch zu wenig unter Kontrolle, muss noch Abstriche machen, bestimmte Hobbys auf Eis legen, andere einschränken, Arbeitszeiten neu organisieren.

Was sich derzeit aber besonders ändert ist, dass ich mich in diese neue Rolle quasi eingleiten lasse. Ich gebe mehr und mehr bestimmte innere Widerstände auf. Dies ist ganz ähnlich der Entwicklung zum Lehrer in den angesprochenen 5 Jahren. Irgendwann ist man war ich auf „der anderen Seite“ und machte mir keine großartigen Gedanken mehr darüber. Ich war irgendwann Lehrer und habe mich innerlich nicht mehr für Ordnungsmaßnahmen oder Hausaufgaben entschuldigt.

Und so bezieht sich das jetzt auf den Vertretungsplan, den neuen Stundenplan, der ab nächster Woche erarbeitet wird oder alle anderen Dinge, die ich organisiere.

Und so werde ich jetzt langsam Konrektor, Ständiger Stellvertreter des Schulleiters.

Damit einher geht auch eine Veränderung meiner Kleidung. Offen gesagt schubste mich die Frau dann vor einigen Wochen mal in die Richtung, also, dass ich mir „mal überlegen könnte, ob denn der Kapuzenpulli mit der Aufschrift Abschluss 2009 noch so angemessen“ sei. Also, kurz und schmerzlos liebe Leser, es hängen jetzt drei Sakkos und mehrere Hemden im Schrank und ich trage sie gern. Und ich fühle mich wohl damit.

Letztlich trage ich sie auch als äußeres Zeichen meiner inneren Transformationsphase.

Und natürlich hoffe ich, dass mir meine Sakkos gut passen und sie mir stehen.

7 Antworten auf „5 Minuten Schulleitung – Mein neues Sakko“

  1. Sakkos sind gut. Ich trage sie zu selten, weil ich zu bequem bin und nich so oft die Hemden in die Reinigung bringen will – aber ich fühle mich gut darin. – Du bist schon älteres Viertel? Dann seid ihr aber jung, ich bin erst in der älteren Hälfte, aber da noch nicht so weit oben. Ansonsten auch danke für den Einblick.

  2. 1 Sakko im Schrank – trage ich aber nur bei wirklich „förmlichen“ Anlässen. Innerhalb der Schulmauern habe ich es noch nie getragen. Würde auch nicht zu mir passen.

    Markus

  3. Eine gute Reflexion darüber, wie wir bzw. unsere Tätigkeiten uns ändern! Auch für jemanden aus einer Lehrerfamilie, der das eigentlich zur Genüge kennen müsste, sind das noch interessante Gedanken. Ich bin nicht sicher, wie gut sich die Dinge auf andere Tätigkeiten etc. übertragen lassen. In so manchen Berufen (und anderen „Dingen“) haben wir ja kaum noch 5 Jahre, um anzukommen. Vieles scheint auch nach ca. 3 Jahren langweilig zu werden, so dass dann Wechsel angestrebt werden. Und in manchen anderen Ländern (wie USA) werden die „Jobs“ noch deutlich häufiger gewechselt, wohl auch gezwungenermaßen.

    1. Sicher ist der Lehrberuf da eigen. Aber ich denke, gerade bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen muss man in anderen zeitlichen Dimensionen denken. 5 Jahre an einer Schule (ich selbst habe übrigens in den ersten 6 Jahren meines Berufs drei mal die Schule gewechselt – ja, auch weil mir langweilig wurde und ich wenig Entwicklungspotential sah) sind an der Realschule gerade mal der Weg einer Generation von Schülern zum Abschluss – also nicht viel. Und gerade das ist spannend: Schüler der 5. Klasse, die man dann als Fast-Erwachsene am Ende sieht.
      Ich meine, dass ein entspannteres Verhältnis zur Zeit der Schule besser tun würde. Leider gibt es diese Entwicklung, die du beschreibst mittlerweile ja auch in der Schule. Schule als Schnelle Brüter. Nicht mein Ding.

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