Der Lehrer als Vorbild

Ich habe irgendwann einmal fasziniert festgestellt, wie viele Suchergebnisse Mr. Google auswirft, wenn man nach einer „Lehrertasche“ (179.000) sucht. Noch mehr gibt es bei „Lehrer Kleidung“ (769.000). Bei „Lehrer als Vorbild“ sind es weniger (520.000).

Ich komme grad drauf, weil ich vor einem Monat etwa auf einem anderen Blog einen Kommentar schrieb zu einer Frage, ob ein Lehrer kurze Hosen in der Schule/im Unterricht tragen darf. Heute habe ich die Antworten gelesen dazu, weil ich das etwas aus den Augen verloren hatte. Meine Antwort war ein klares Ja. Weil ich es tue. Und mein Chef auch. Und ich habe dies selten als Problem gesehen.

In unserem Schulhaus steht ab etwa Mitte Mai die Wärme und geht selbst in den Sommerferien nicht ganz raus, so dass dort noch im September dicke Luft ist. Ich möchte nicht weiter ins Detail gehen, aber ich habe herausgefunden, dass leichte kurze Sommerhemden und Shorts ein Körperklima bei mir erzeugen, was vorteilhaft für mich und jeden ist, der mich anschauen muss.

Für andere scheint dies ein Problem zu sein in Zusammenhang mit dem Vorsatz, dass Lehrer „Vorbilder sein müssen“.

Bei der Vorbild-Diskussion geht es oft um immer dieselben Kataloge:

  • Frisur, Körperschmuck, Tätowierungen
  • Kleidung
  • Tasche (ohne Mist wird der richtigen Tasche oft eine nahezu schamanische Wirkung zugeschrieben)

Danach folgen dann die gängigen Tugenden. Ein Lehrer muss also

  • pünktlich sein
  • ordentlich sein
  • usw.

Nirgendwo steht

  • Fehler machen und zugeben, dass es Fehler sind
  • sich entschuldigen können
  • Kritik zulassen, auch an sich selbst
  • Zweifel hervorrufen
  • etwas nicht wissen dürfen

Schade.

Ähnlich war es doch im Roman „Schlaflose Tage“ von Jurek Becker, einem Roman, der seit Schulzeiten bei mir im Regal steht und aus dem ich während der Abi-Rede zitiert habe.

„Er (der gute Lehrer) muß sich den Kindern verantwortlich fühlen, mehr als der Schulbehörde. Über den vielgebrauchten Satz, die Schule sei dazu da, die Kinder aufs Leben vorzubereiten, darf er nicht vergessen, daß die Gegenwart ja schon das Leben der Kinder ist. Daß sie schließlich nicht Tote sind, die erst zum Leben erweckt werden müssen.“ (Hanjo bespricht ihn kurz, der Spiegel auch)

Vor einem Jahr habe ich den Bogen vielleicht etwas überspannt, als ich in leichter Sommerkleidung zur Abschlussfeier kam. Ein kleines Gespräch mit einer Kollegin wies darauf hin.

Vielleicht gibt  es dieses Jahr einen leichten Sommeranzug.

Also Ergänzung der Liste oben:

  • nicht dogmatisch sein, in keiner Richtung

Nächstes Jahr wird neu verhandelt.

PS: Eine Ergänzung noch, die ich nirgendwo einflechten konnte, aber in diesem Zusammenhang loswerden muss:

Von meinem Großvater, dem Lehrer in Schlesien, wurde immer berichtet, dass er zu Beginn der 1940er Jahre mit wachsender Begeisterung seine Töchter im Kinderwagen durch die Stadt (Breslau) gefahren hat.

6 Antworten auf „Der Lehrer als Vorbild“

    1. Das will ich gern versuchen – auch wenn ich manchmal einfach nur gern meine Ruhe hätte.

      Ihr Kommentar von neulich ist übrigens wirklich verloren gegangen. Schade.

  1. Ich denke, dass Lehrer tasächlich Vorbilder sind, und dass es deshalb wichtig ist, ein breites Spektrum anzubieten. Ich möchte Lehrer in Anzügen an einer Schule und Lehrern kurzen Hosen. Und Lehrerinnen im Kostüm und in Schlabberjeans.

    Ich sollte mir häufiger die Fortbildungsangebote durchlesen, vielleicht gibt es ja schon ein Angebot aus Dillingen, „Umgang mit Lehrerfehlern“.

    1. Vielleicht können wir ein dreitägiges Konzept entwickeln. Beispiel Workshop Tag 1: Grübeln über Fehler, bevorzugt nachts.“

      1. Also, nachts sowieso nicht, da wird geschlafen! Es würde ja schon mal helfen, öfter mal den Kollgen zu erzählen, wenn eine Stunde schlecht gelaufen ist, und nicht automatisch den Schülern die Schuld zu geben. (Obwohl das ja auch manchmal der Fall ist.)

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