Ich muss langsam offenbar damit klarkommen, dass die Schuljahre wie Wundertüten verlaufen. Jedenfalls seit drei Jahren. Das bedeutet unterm Strich, dass nichts so wird, wie man es plant. Sicher, das macht auch den Reiz dieses Jobs aus, aber manchmal hätte ich gern wieder etwas Ruhe.
Dieses Jahr dachte ich mit meinem Lehrwerker und dem Neubau beschäftigt zu sein. Fail.
Im Studium war es vorgeschrieben, dass man im Lehramt Realschule zwei (oder waren es vier?) Scheine aus dem sogenannten EWS-Bereich (erziehungswissenschaftlich) ablegen musste. Unter EWS fielen Fächer wie Theologie, Volkskunde, Soziologie, Politik. Und ich belegte fleißig: Zwei Scheine in evangelischer Theologie, zwei Scheine in Politikwissenschaften, Vorlesungen in Soziologie, Seminare in Soziologie – und irgendwann hatte mich das mit Soziologie und Politik so gepackt, dass ich daraus auch Nutzen ziehen wollte, der über Wissensbefriedigung hinausging.
Also kam ich auf die Idee, mich für Sozialkunde als sogenanntes Erweiterungsfach einzuschreiben. Der Unterschied zu den anderen Fächern lag darin, dass man keine Belegpflicht hatte, sondern einfach nur am Staatsexamen teilnahm. Damit hatte man dann ein drittes Fach, womit die Einstellungschancen deutlich besser werden sollten – was bei der Kombination Deutsch/Geschichte auch dringend notwendig war, vor 20 Jahren. Heute wieder, eigentlich immer. Jedenfalls hat es mir wohl etwas genutzt, denn am Ende stand ich in Deutsch Geschichte auf Platz 6 der Warteliste (von 18) und auf Platz 1 für Deutsch/Geschichte/Sozialkunde (von 1).
Lange Jahre war ich damit aber wirklich ein singuläres Phänomen. Ein studierter Sozialkundelehrer. In der Regel gab es nämlich zwei Personengruppen, die Sozialkunde unterrichteten an bayerischen Realschulen: Entweder die Wirtschaftslehrer oder die Deutsch/Geschichtler – fachfremd. Nach einer Lehrpländerung dann vor allem die Wirtschaftler, weil man nun Sozialkunde zu einem zweistündigen Fach machte (vorher einstündig – ich erinnere mich noch mit Grausen an ein Jahr, in dem ich die Klassen 10a bis 10g einstündig in Sozialkunde unterrichtete) und mit Inhalten aus dem ursprünglichen Fach Wirtschaft/Recht in der 10. Klasse ergänzte. Dies führte in manchen Gegenden dann zu einem Schwerpunkt Wirtschaft in der Sozialkunde – in meiner nicht.
In diesem Schuljahr kamen nun zwei Entwicklungen zusammen und machten den Unterrichtsplanern das Leben etwas schwerer. Zum einen wurde die Politische Bildung plötzlich auf ein Level mit „Digitalisierung“ gehoben und entsprechend mit Dringlichkeit versehen, zum anderen wollte man, dass auf fachfremden Unterricht komplett verzichtet wird. Das heißt, es wurde z.B. bestimmt, dass an einer Schule, an der ein Sozialkundelehrer mit Lehrerlaubnis existiert, nur er das Fach auch geben darf.
Für uns bedeutete das, dass ich nun wieder nach 18 Jahren alle SK-Klassen meiner Schule unterrichte (zum Glück nur 10a-d).
Und zum anderen wurde ich für zwei weitere Schulen per dienstlicher Anordnung zum Betreuungslehrer für Sozialkundereferendare in angrenzenden Landkreisen gemacht, wo offenbar in der Nähe kein studierter Sozialkundelehrer existiert.
Ich singuläres Phänomen.
Und zum Abschluss wieder mal der Hinweis auf meine Stimmung und weil ich erst vor ein paar Tagen mit einem Kollegen u.a. auch über den Begriff „Dienst“ gesprochen habe. Ich sehe das beamtentechnisch nüchtern, es gibt eine dienstliche Anordnung, die ich befolge. Angesichts vieler Vorteile in meinem Berufsstand gehört das für mich dazu. Aber auch meine Energie und Zeit sind begrenzt. Also habe ich nun zwei Projekte beerdigt, auf der einen Seite eins der Medienprojekte an der Schule, auf der anderen Seite eine externe Mitarbeit bei einem Verlag. So ist etwas Luft.
Aber ich habe es so im Gefühl, dass das noch nicht alles war in diesem Schuljahr.
PS: Ich habe gerade bei einem Blick ins Netz folgendes Youtube-Video entdeckt, was ich nicht kannte bisher. Und ja, auf diesem Presserundgang war ich auch dabei. Und ja, ich habe auch so einen lustigen, gelben Helm getragen.
https://www.youtube.com/watch?v=xDIppLEKRCg