Noch 16 Jahre Schulleiter: Die Grenze des Sagbaren

Lang nichts mehr geschrieben.

Ich warte auf was Neues von Dir.

Es folgt Stückwerk.

Viele schreiben über meinen Blog, dass Sie interessiert verfolgen, wie ich mit meinem Rollenwechsel in der Schulleitung umgehe und ihn beschreibe.

Ich selbst sehe aktuell genau darin das Problem.

Ein Kollege, der vor mir den Schritt wagte, sagte mir mehrfach, dass dieser „letzte“ Schritt zum Chef der größte von allen Schritten war, die er in der und in die Schulleitung unternommen hatte. Da habe ich immer eifrig genickt.

Es zu erleben, ist was ganz anderes.

Es ist immer noch ein großer Schritt, ein enorm großer Schritt. Und nichts von dem, was ich vorher gemacht habe, hilft mir seitdem dabei, mit den Folgen des Schritts umzugehen.

Jetzt bin ich Schulleiter. Und damit wiegt jedes Wort hier schwerer – in Realität und hier im Blog. Auch mit dem Wissen, wer hier alles mitliest, an Kollegen, Kollegium und Vorgesetzten. Da ist die Grenze des Sagbaren schnell erreicht.

Denn das, wovon ich gern schreiben möchte, weil ich es eigentlich als das Wesentliche ansehe, was meinen Job derzeit ausmacht, kann ich nicht veröffentlichen, weil es ohne ausreichende Kenntnisse nicht verstanden werden kann. Weil zu viele Querverbindungen erkennbar wären, weil zu viel identifzierbar ist.

Schwierigkeiten bereitet mir z.B. aktuell im Amt, dass ich mir altbekannte Texte aus dem Schulrecht immer wieder neu lesen und auslegen muss, weil sich Rahmenbedingungen verändern, bzw. an meine Stadtschule immer wieder neue Konstellationen zeigen, bei denen Standardlösungen vielleicht leichter anzuwenden wären, aber nicht ausreichend befriedigend sind.

Schwierigkeiten bereitet mir, dass an meiner – und anderen Stadtschulen – die gesamte Bandbreite an gesellschaftlichen Verwerfungen anbrandet. Und nicht nur mir, sondern jedem KollegIn meiner Schule.

Jemand hat mich neulich leutselig gefragt, mit welchen Gefühlen ich morgens zur Schule gehe. Und ich antwortete, dass es keine Sache von Gefühlen ist. Ich wache auf, ziehe mich an, putze die Zähne und gehe zur Schule.

Und dann bin ich gespannt, was auf mich zukommt.

Mein nächstes Projekt wird es daher sein, mit dem Sozialpädagogen zusammen eine wie ich es mittlerweile nenne „soziale Radtour“ durch die Stadt zu machen. Ich habe ihn gebeten, an einem Tag Termine zu vereinbaren mit sozialen Einrichtungen, mit denen er / wir direkt oder indirekt regelmäßig Kontakt haben – also: Jugendschutz, Jugendtreff, Jugend- und Drogenhilfe, KJP (Kinder- und Jugendpsychatrie), JAS (Jugendsozialarbeit an Schulen) u.a. Ich bin sehr gespannt.

Bei meiner Rollengeschichte kam Hilfe übrigens vor einigen Wochen aus einem überraschenden Satz, den mir eine sehr, sehr nahestehende und liebe Person gesagt hat. Und ich muss ihn unbedingt richtig zitieren und montieren, denn er war wirklich mit viel Liebe gesagt:

„Wenn ich böse wäre, würde ich sagen: Hör endlich auf zu heulen und triff deine Entscheidung und steh dazu.“

Ich habe jetzt meine Entscheidung getroffen.

4 Antworten auf „Noch 16 Jahre Schulleiter: Die Grenze des Sagbaren“

  1. Lieber Thomas,
    die Entscheidung ist mir nicht ganz klar.
    „Da ist die Grenze des Sagbaren schnell erreicht.“
    Genau aus diesem Grund habe ich den Blog bis vor zwei Jahren anonym geführt. Jetzt ist es mir ohnehin egal. Sie können mich alle gern haben.
    Gefühle: Ich wünsche dir doch auf Dauer ein positives. Ich bin bis zum letzten Tag gern arbeiten gegangen, obwohl Sch***mt und Re****ung mich ziemlich dick hatten, mir aber nicht an den Karren fahren konnten.

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