2 Minuten Schulleitung – Fragmente

Ich habe mich ehrlich immer gewundert, wenn man sich so überrascht zeigte, dass ich als Mitglied einer Schulleitung „so viel Zeit für Blogeinträge“ hätte. Eine „alte“ Freundin schrieb neulich, dass es ja nicht so schlimm sei, wenn ich noch so viel lesen könnte – bezugnehmend auf einige Postings zu Büchern.

Seit einigen Wochen zeigen sich jedoch die ersten Folgeerscheinungen des erhöhten Arbeitsaufwands durch den Schulwechsel: beständige Müdigkeit, innere Verkrampfung, größere Vergesslichkeit, planloses und unüberlegtes Essen, schlechter Unterricht, kein Abschalten, traumloser manchmal komatöser Schlaf, frühes Erwachen, bei dem ich dann die Todo-Liste des Tages durchgehe. Bis Mai hatte ich noch keine Golfrunde gespielt.

Dass ich nicht blogge oder nur sehr flach, hat nichts damit zu tun, dass ich keine Zeit hätte, zwischendrin. Vielmehr liegt es daran, dass ich in mir manchmal keinen Platz dafür habe. Normal laufe ich ein paar Tage mit so einem Posting im Kopf herum, formuliere, verwerfe, versuche grundlegend herauszufinden, worum es gehen und worauf es  hinauslaufen soll. Versuche herauszufinden, was ich eigentlich gerade so denke. Das funktioniert seit einigen Monaten nicht mehr – weil halt.

Ich hätte gern etwas zu Herrn Mess Blogparade zum Thema Stress hinzugefügt, war aber zu gestresst (Kalauer!). Während der EM-Phase  gluckerte dauernd eine Stellungnahme zum Thema Nationalismus/Patriotismus in meinem Kopf umher. Einige politische Tendenzen derzeit bereiten mir Kopfzerbrechen. Mein technischer Spielkram verändert sich, auch in Bezug auf Schule.

In zwei Wochen sind Ferien. Wie bei vielen anderen steht die ToDo-Liste schon zum Teil.

Aber auch das Hotel in Hamburg für Dockville ist schon gebucht.

Und dieses Posting ist nichts weiter als ein sinnloses Fragment.

Und nein, ich bin nicht niedergeschlagen, nicht depressiv auf die eine oder andere Weise. Ich bin nur ein wenig erschöpft und viel schlimmer: etwas orientierungslos, bzw. versuche mich grad in vielerlei Hinsicht neu zu orientieren. Und das ist anstrengender als ich dachte, vorher.

Matt Haig. Ziemlich gute Gründe, am Leben zu bleiben

9783423429139Über Kanäle drauf gestoßen worden, die ich seit einiger Zeit besuche.

Lovelybooks

Buchkolumne

Vor allem in diesem Fall letztere Seite, auf der ein Artikel zum Thema „Bücher gegen Depressionen“ veröffentlicht wurde. Auf der Facebook Seite wurde gefragt, ob man die Liste verlängern kann. Mir fielen dazu noch zwei Bücher ein, die ich zu Beginn der 90er Jahre gelesen habe:

Und ja, natürlich habe ich damals auch die einschlägige Selbstmord-Literatur gewälzt: Ohne wirklich den Hintergrund zu erfassen – Hand an sich legen von Jean Amery. Außerdem: Vom Nachteil, geboren zu sein von E.M. Cioran; Die Anthologie „Der Selbstmord“ hg. von Roger Willemsen.  Ein wenig Camus, Fernando Pessoa. usf.

Matt Haig liest sich manchmal unglaublich banal – nun, vielleicht ist „das Ganze“ mit den Gründen, am Leben zu bleiben auch banal.

Matt Haig kann aber an anderen Stellen recht bildhaft beschreiben, wie sich eine Depression mit Angststörung „anfühlen“ kann. Und die Liste mit „Prominenten, die unter Depressionen leiden oder litten“ ist doch recht umfangreich und ich ertappte mich auch beim plumpen „Wie kann so jemand depressiv sein, pffff“. An anderen Stellen wird aber ein guter Blick auf seine Ausprägung einer Depression mit Angststörung geworfen. Sein aus meiner Sicht bester Rat ist aber der Hinweis darauf, dass man nicht allein ist und nicht an einer Krankheit leidet, die nur einen selbst betrifft.

Literarisch kein großer Wurf, aber inhaltlich stellenweise überraschend und nachdenkenswert.

Das Buch wird einen Depressiven sicher nicht heilen. Vielleicht kann es den Gang zu einem Therapeuten aber erleichtern. Wenn ich recht nachdenke, kam Therapie als solche in dem Buch nicht vor.

Eine Leseprobe.

King. The Stand. Das letzte Gefecht. Hörbuch

666 Kapitel. Ungekürzte Fassung. Laut Angabe des Verlags 54 Stunden Hörbuch. (Unglaublich gut) Gelesen von David Nathan.

Und nur die letzten 5% waren eher mau.

Ansonsten stellenweise einfach fantastisch erzählte Geschichten, die aber letztlich doch ein Gesamtes ergeben.

Hat mich manchmal länger im Auto sitzen lassen, bevor ich ausstieg.

So gut, dass ich mir nun auch noch die Verfilmung besorgt habe.

Hier auch mit Hörprobe. Ich habe es mir über Spotify zugefügt.

Wenn’s brennt. Stephan Reich.

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Mit Klick zur Verlagsseite und Klappentext.

In den Besprechungen gehandelt als „Tschick“-Fork, was ich anfangs ständig im Hinterkopf hatte. Im weiteren Lesen verfliegt das. Weder erzähltechnisch noch von Anlage der Charaktere oder Handlung etwas mit Tschick gemeinsam (außer vielleicht die Rahmenhandlung, hm, nunja). Sonst müsste man alle kommenden Coming-of-Age-Geschichten derart einordnen.

Durchgängig auffällig das Motiv der Kleinstadt, die nie benannt wird und so zum locus terriblis wird, mit stillgelegten Geschäften, Brachen und der dazugehörigen Stimmung (Ich habe das gerade nachgeschlagen, weil mir aus dem Studium der locus amoenus einfiel, mir war nicht klar, dass es auch einen Gegenbegriff gibt…unglaublich, was da passiv im Kopf rumschwappt).

Am lustigsten: Der Ich-Erzähler neigt in seinem Leben dazu, manchmal gedanklich gehörig abzuschweifen, was ihm ordentlich Probleme vor allem mit seiner Freundin einhandelt (entsprechend wunderbare Sex-Szene). Dazu auch noch die Angewohnheit, die ihn umgebende Szenerie in seiner Vorstellung in eine Action-Film-Umgebung einzubetten. Manchmal geschieht dies so unvermittelt, dass man nicht gleich unterscheiden kann, was Wirklichkeit und was Fantasie ist.

Grundsätzlich hat der Roman sehr gut gefallen (in zwei Tagen gelesen, was für mich schon rekordverdächtig ist), wenn er sich auch bis Ende nicht recht entscheiden kann. Zum einen ausschweifende Alkohol-Drogen-Exzesse in der Kleinstadt vor dem Hintergrund, dass der Ernst des Lebens fremdbestimmt über die beiden Hauptfiguren hereinbricht, mit einem etwas plakativen Ende, was ziemlich viele Fragen* offen lässt.

Zum anderen surrealistische Groteske aus der Provinz, ansatzweise als Porträt, Sittenbild oder eben was?

 

*Diese Fragen aber sind nicht die, von denen meine Schüler so gern am Ende der Behandlung von Kurzgeschichten sprechen („der Leser muss sich selbst Gedanken machen“), sondern eher solche, die auf das Innere des Romans zielen, auf die inneren Konflikte, die sie austragen und damit auch auf die Beziehungen, die sie zueinander pflegen und mit denen sie vielleicht scheitern. Diese werden zwar erlebt und dargestellt, aber für mich nicht wirklich nachvollziehbar vertieft.