gelesen: Zimmer. Nicht von schlechten Eltern.

Untertitel: Meine Hartz IV-Familie. Trotz des Untertitels gelesen, was ein wenig nach Disney-Familienfilm klang. Klingt im Buch selbst aber auch nach, ein wenig nach dem Motto, dass Geld nicht wichtig sei und die Liebe der Mutter alles ersetzen kann. Gleichzeitig aber werden Erfahrungen beschrieben, wie es ist, wenn das Geld eben nicht reicht für das Wesentliche und sich ständig alles um die Frage nach dem Geld dreht. Dass es sich eben in das eigene Verhalten und Denken eingräbt, selbst wenn man darüber hinaus ist.
Ich teile viele der Gedanken und Befürchtungen der Autorin bis heute, mit einer ähnlichen Biografie unter anderen Vorzeichen, auch wenn ich, äußerlich jedenfalls, ungleich erfolgreicher scheine.
Eine Vertiefung der beschriebenen Welt findet sich im Übrigen in den Kommentarspalten der Besprechungen der handelsüblichen Online-Auftritten von Tageszeitungen oder SPON. Hier bestätigt sich viel von dem, was sie beschreibt, wenn auch die AutorInnen ihr auf vielerlei Weise widersprechen wollen.
Literarisch mag das Buch sicher kein großer Wurf sein, als Reportage wäre es sicher ungemein passender – es basiert wohl auch auf einem entsprechendem Artikel im Zeit-Magazin. Aber ich bin kein Kritiker und habe es auch eher als eine Art „persönliches Sachbuch“ gelesen. Und wenn es im Thema (Armut in seinen verschiedenen Erscheinungsformen, Missverständnissen und Folgen) in der Buchform mehr Leute erreicht, ist es doch auch wertvoll.
Ich jedenfalls habe es als E-Book in zwei Tagen gelesen, was eher selten ist. Allerdings ist zu ergänzen, dass das E-Book nur einen Euro billiger war als das gedruckte Exemplar. Ich frage mich ernsthaft, welche Rechnung dahinter steckt, denn Papier, Vertrieb, Personal von Buchhandlungen muss doch mehr als einen Euro ausmachen.

15 Minuten Schulleitung – Warum Schulleitung? Warum ich?

Um diesen Beitrag habe ich mich lang herumgedrückt. Und auch jetzt – Spoiler!!! – werde ich ihn zu keinem zufriedenstellenden Ende bringen. Ich kann versuchen von mir zu erzählen, vielleicht chronologisch, vielleicht auch nicht. Vielleicht bekomme ich von Herrn Rau einen Stern mehr in der Rubrik „Ankedoten“.

1. Schritt

Ich war 1,5 Jahre im Dienst, grad ein halbes Jahr an einer neuen Schule, als der Posten des Fachbetreuers Deutsch vakant wurde. Aus gewissen innerschulischen Gründen gab es keinen neuen Bewerber für das Amt. Ich war wohl das kleinste Übel und sagte zu. Damals äußerte ich auf einer Konferenz, dass ich mich irgendwann für den MB bewerben werde (die Position zwischen Schulleiter und Kultusministerium) – mein jetziger Chef erinnert mich daran von Zeit zu Zeit.

Ergo: Ich fürchte nicht die Herausforderung.

2. Schritt

Wieder an einer neuen Schule angekommen, lernte ich einen Zweiten Konrektor kennen, bei dem mir der Satz durch den Kopf ging: Das kann ich auch und wahrscheinlich besser. In einem Mitarbeitergespräch äußerte ich dies und wurde bestärkt. Mir wurde gesagt (ich war 35 und hatte damit die eigene Altersgrenze erreicht, die ich mir gesetzt hatte, um mich endgültig zu entscheiden, ob ich weiter Lehrer sein wollte oder nicht, wobei der Wechsel der Schule geeignet war, mich dafür zu entscheiden), dass es 5 Jahre dauern könnte, bis es soweit sei. Nach drei Jahren stieg ich als ZwRSK ein, nach weiteren drei Jahren zum RSK auf.

Ergo: Ich kann arrogant sein.

3. Nachträgliche Überlegungen

Es gibt so einen Krimskrams an Gedanken, den ich mit meiner Entscheidung verbinde. Oft haben diese einzelnen Aspekte wenig Zusammenhang untereinander. Und ich habe vorher nie eine +/- Liste angelegt.

a) Ich glaube wirklich, dass ich den Job gut können werde, weil ich entwicklungsfähig bin und wenig dogmatisch.

b) Ich habe gern mehr Verantwortung.

c) Ich bin belastbarer als der Durchschnitt.

d) Ich treffe gern (begründete) Entscheidungen – wenn ich meine, dass sie gut sind, auch gegen Widerstand.

e) Ich abeite gern mit anderen zusammen.

f) Ich mag das Gehalt.

g) Mein Ur-Großvater war Konrektor in Schlesien, irgendwann um 1900.

h) Ich glaube nicht, dass das, was wir an Schule derzeit haben, wirklich das Optimum ist.

4. Gedanken, die dagegen sprachen/sprechen

a) Ich bin eigentlich ein Eigenbrötler und mit vielen Menschen oft überfordert.

b) Ich telefoniere äußerst ungern, genauer: ich rufe ungern Leute an.

c) Ich neige zu Maßlosigkeit, auch was Arbeit betrifft.

d) Ich neige dazu, mich zu überfordern.

e) Ich mag das Gehalt.

5. Wie es nun dazu kam

Wieder an einer neuen Schule angekommen,  fiel es mir leichter mir das mit dem Konrektor vorzustellen, weil nun jemand mein Chef war, den ich schätzte, kannte und dessen Fähigkeiten und Person ich insgesamt achtete – auch mit den Kanten und Fehlern. Und an dieser Schule wurden nacheinander diese Stellen, die ich nacheinander bekleidete, ausgeschrieben. In Rücksprache mit meinem Chef und seiner Ermutigung bewarb ich mich. Und ich wurde. Und viel mehr ist da einfach nicht dran: Ich glaube wirklich, dass ich richtig auf dem Posten bin.

Unterm Strich fühlte es sich nach der richtigen Schule, dem richtigen Kollegium und den richtigen Schülern an. Auch wenn es abgeschmackt klingt: Den Posten wollte ich nicht um der Karriere Willen und ich hänge sicher nicht auf Biegen und Brechen dran. Es hat sich einfach passend angefühlt.

Ich wohne gern auf dem Land, wo wir ein Haus gemietet haben – nur 5km von meiner Schule entfernt. Die Gegend mag ich, das Essen und das Bier, die Leute auch. Auch wenn ich nie Heimat dazu sagen würde. Aber es fühlt sich gut an. Small Talk auf der Straße, im Supermarkt, beim Frisör. Überall Leute zu treffen, die man selbst unterrichtet hat, deren Kinder hatte oder hat. Und ja, manchmal auch, im Sommer, wenn die Fenster offen stehen, draußen ein Kind laut sagen zu hören: „Schau mal Mama, da wohnt mein Deutschlehrer.“

6. Was wird?

Ob ich wirklich MB werde, das weiß ich nicht. Sogar Schulleiter liegt in der Ferne. Dafür muss mehr vorhanden sein als ich hier unter 3. versammelt habe. So sehr bin ich nicht von mir überzeugt. Da muss ich bedeutend besser werden.

Andrerseits habe ich erst 15 Jahre Dienst hinter und noch 22 vor mir.

7. Schluss jetzt

Meine Psychologie-Seminarlehrerin während des Referendariats hat mal, ganz ruhig, zu mir gesagt: „Ich glaube, sie haben ein Problem mit Autorität.“

Ich habe das damals als Kompliment aufgefasst.

(bitte unter 3. und 4. gleichermaßen ergänzen)