2023.06.17 – Schulfest

5:45 aufgewacht, 6:15 Uhr aufgestanden. 7.30 höre ich oben den Wecker. Es ist Samstag, aber Schulfest. Also los auf die Autobahn.

Nach Betreten des Büros schnell eine kurze Krisennachbesprechung vom Vortag als ich nicht im Haus war mit Stellvertreter und Sozialpädagoge.

Schulfest.

Am Anfang gehe ich nicht mit guter Laune in die Schule gegangen, auch wenn ich natürlich selbst verantwortlich bin. Aber Samstag in der Schule – ok das kenne ich, aber dann bin ich halt auch allein – wer mag das schon? Aber von Stunde zu Stunde wird es besser, angesichts dessen, was sich da alles entfaltet und wieviele dann auch wirklich da sind. Wie sehr sich die KollegInnen reinhängen, die SchülerInnen ebenso.

Eine schnelle Galerie ist schon auf der Schulhomepage.

Wie so oft gefällt mir am besten, wie viele ehemalige SchülerInnen ich treffe. Wieviele Gespräche ich führe mit SchülerInnen aus unterschiedlichen Perioden der letzten Jahre, die ja nicht ganz ereignislos waren.

Mein Höhepunkt dann aber, dass eine Kollegin zwei SchülerInnen meiner ersten Klasse als Klassleitung aus meinem ersten Schuljahr 1999/2000 zum Schulfest eingeladen hat und die beiden plötzlich vor meinem Büro stehen. Ich bin doch deutlich gerührt, wir reden eine Stunde miteinander, tauschen Nummern und ich nehme mir vor in den Sommerferien mit meiner neuen Familie einen Gegenbesuch zu machen. Gerade aktuell in dieser Phase des Umbruchs war dieser Besuch sehr aufregend.

Kurz vor Ende kommt ein Kollege auf mich zu. Es sprudelt aus ihm heraus, wir reden. Irgendwann macht er eine Pause und ich bitte ihn, dass er mir doch auch seine Familie vorstellen kann, die hinter ihm steht. Also lerne ich seine Frau und seine Mutter kennen und den Junior, den er an der Hand hält.

Abends platt nach Hause. Die beiden Mitbewohner sind im Auto auf dem Rücksitz in 10 Minuten eingeschlafen. Und dann einfach schlafen.

Manchmal ist so viel so leicht.

2023.06.16 – Vorstellung

Mit dem Wecker wach geworden, 5:35 Uhr. Entspannter Morgen.

Home-Office. Gehe die Arbeitszeugnisse der angestellten Lehrkräfte an, daneben gibt es ja auch noch Beurteilungen (Periodisch, Einjahres, Zwischen) oder wie ein Schulleiterkollege vor ein paar Jahren am Telefon meinte: „Wir beurteilen uns doch zu Tode.“

Fahrt an die neue Schule – Vorstellung. Bin aufgeregt, erste Gespräche, betrete gefühlt „offizieller“ das neue Schulhaus. Nach kurzem Vorlauf mit meiner Vorgängerin dann ins Lehrerzimmer. Vorgestellt vor den anwesenden LehrerInnen, man lacht offen und höflich über meine eingestreuten Witze, begrüßt vom vom Personalrat. Es fühlte sich gut an, passend.

Trotzdem weiß ich, was alles jetzt dann neu auf mich zukommt und werde es mir jetzt wohl erst so richtig bewusst. Unter dem Strich aber weiter zuversichtlich.

Ich fahre heim, über Land, es regnet kurz und stark, dann kommt die Sonne raus und es erscheint ein unbeschreiblich intensives Licht über der Landschaft. Nehme es als gutes Zeichen.

Am Nachmittag bin ich nachdenklich und still.

Am Abend noch auf das Patrozinium des Dorfes, in dem ich jetzt lebe. Wir verpassen leider den Gottesdienst, aber zum Fest danach sind wir überpünktlich. Jemand weist mich darauf hin, dass das jetzt wirklich die echten Oberpfälzer Bratwürste sind. Es gibt Kiachl, Honig von einem Anwohner, Käse und Bratwurst, Semmeln, Bier, am Ende fragte uns jemand, ob wir nicht den restlichen Ketchup in einem Glas mit heimnehmen wollen, wär doch schade drum – die Kinder würde das doch so gern essen. Wir sagen ja.

Wir sitzen bis zur Dunkelheit und endlich Regen kommt.

Kirche des Ortes

Oberpfälzer Spezialitäten

2023.06.15 – ausgebremste Sentimentalität

5:20, neuer Rekord. Wir fahren zusammen heute, also später dran, trotz erhöhter Hektik. Autobahn läuft. Durchbreche die 210.000km auf dem Tacho.

Spannend dieser Tage auch:

Erhöhte Zugriffszahlen seit Montag auf die Seite „Schulleitung“ unserer Schulhomepage – Was will man sehen? Den neuen Schulleiter oder die Schule, wo die Stelle ausgeschrieben ist?

Zugriffszahlen dieses Blogs steigen. Besonders: Die Seit „ich daheim“ mit Vorstellung meiner selbst: 210 Zugriffe in den letzten 365 Tagen, 108 davon am Montag und Dienstag.

Viel stille Arbeit heute, es gibt noch jede Menge Sachen zu erledigen vor meinem Abgang, vor allem noch Beurteilungen und Arbeitszeugnisse. Das nimmt kein Ende. Und da zählt Aufräumen noch nicht rein. Wo war noch mal die Flasche Schnaps? Hinter welchem Ordner? Ich glaube Praktikum oder Öffentlichkeitsarbeit?

Ich kann mich noch erinnern, an einem der ersten Coronatage, als wir die erste Evakuierung von mehr als einer Schulklasse wegen Infektionen organisieren mussten. Einzeln wurden die SchülerInnen abgeholt an der Schultür. Geführt von einem Schulleitungsmitglied oder einer Lehrkraft. Daneben telefonierte das Sekretariat alle Eltern ab. Danach sammelten wir uns in meinem Büro und der Stellvertreter stellte eine Flasche Schnaps auf meinen Tisch und wir haben dann alle getrunken. Man sollte Alkohol nicht glorifizieren, aber das haben wir dann in größeren Abständen immer wieder gemacht. Die Flasche in meinem Schrank, wo auch immer, stammt noch von meiner Amtseinführung.

Daneben immer wieder Gespräche, leider auch unangenehme. Die mich etwas ratlos und sprachlos zurücklassen, weil ich mich in Menschen auch irren kann oder sie überschätze. Und dann. Ja dann weiß ich halt auch nicht mehr.

Gut dabei: Ich kann mich insofern kontrollieren, dass ich danach nicht noch den ganzen Nachmittag das Gespräch nachspiele und fortführe.

Heute früher gegangen. Auch das war schön.

Nachmittags genug Zeit gehabt, um endlich und zum ersten Mal ein Parmigiana di Melanzane zuzubereiten aus der einen Aubergine, die im Kühlschrank lag.

Und es war gut. Mit hartgekochtem Ei und Mozzarella.

Das Gemüsebeet in der Morgensonne

Der Kompost in der Nähe, unfertig

2023.06.14 – Stille, erste Sentimentalität

Kurz nach 5 Uhr. CPAP 7:45h. Zur Schule gefahren, ohne Musik oder Hörbuch, in der Stille. Zurück ebenfalls.

Im Auto auf der Hinfahrt über drei Dinge nachgedacht

  • Was sage ich am Freitag, wenn ich mich bei den KollegInnen an der neuen Schule kurz vorstelle? Was bespreche ich danach mit dem Schulleitungsteam?
  • Wie strukturiere ich den langen Text, den ich schon seit Monaten schreiben will, Arbeitstitel: Das Haus meiner Tante
  • Wie werden die zwei Disziplinarausschüsse laufen, die am Nachmittag stattfinden?

Heute schon etwas gelassener. Mein Totschlagargument bei einer (wohlgesonnenen) Kollegin im Austausch: Naja, das regeln Sie dann wohl besser mit meinem Nachfolger. Wir lachen beide.

An anderer Stelle im Disziplinarausschuss meinen Stellvertreter laut darauf hingewiesen: NOCH bin ich der Chef! Auch hier gelacht (wie sonst auch immer viel bei Besprechungen in diesem Ausschuss, wenn wir unter uns sind).

Auf der Rückfahrt hauptsächlich drüber nachgedacht, ob ich die Schule geprägt habe. Und das meine ich erstmal völlig wertneutral. Inwiefern das „meine“ Schule ist (ich finde diese Formulierung mit „mein“ immer so schräg). Und ja, mir sind sicher ein paar Dinge eingefallen, wo bestimmte Eigenarten und Grundzüge von mir in die Struktur der Schule übergegangen sind. Denke ich.

Vermutlich meine Abneigung gegenüber Bürokratismus – entspannend in der Schule, von anderen Stellen aber eher mit Grausen gesehen. Mein Hang zu komischem Humor – bei SchülerInnen höchst umstritten. Meine Fehlertoleranz bei anderen (leider nichtig Bezug auf mich selbst). Mein Hang öffentlich eher kurz zu reden. Kurze Besprechungen und Konferenzen. Und nicht zu viele. Irgendwie irgendwas dazwischen. Manches finde ich gut, manches hätte ich gern geändert.

Was ich bemerke in diesen Tagen: Wenn ich mit KollegInnen spreche, erkenne und sehe ich immer mehr als nur eine LehrerIn. Durch die doch nicht wenigen Gespräche in den Jahren, die über Alltag und Schule hinausgegangen sind, durch die gemeinsamen erlebten Herausforderungen sehe ich jetzt immer mehr. Ähnlich wie bei SchülerInnen, die man über Jahre begleitet, sehe ich auch LehrerInnen wachsen. Sehe, wie sie stärker werden. Und manchmal entspannter als am Anfang. Ich weiß um ihre Kinder und ihre Eltern, ihre Partner. Kenne die Lasten, die sie von Zeit zu Zeit mit sich herumtragen. Manchmal werde ich um Rat gebeten, manchmal redet man nur, oft frage ich nach. Manchmal tauschen wir gute Adressen von Lokalen aus.

Meine Schule ist sehr stark gewachsen in meinen Jahren als Schulleiter. Dadurch haben wir viele neuen LehrerInnen bekommen, die frisch aus der Ausbildung kamen. Und mir ist mal aufgefallen, dass ich für nicht wenige der erste Chef bin. Und kurz habe ich das als schwerwiegende Verantwortung gesehen und es dann einfach hingenommen. Sie werden noch viele andere sehen.

Und doch, ganz sentimental, wünschte ich, dass sie etwas mitnehmen von mir und in ein paar Jahren denken: Oh, das hat der Kuban auch immer gesagt. Oder sich einfach an einen blöden Spruch von mir erinnern.