Was machst du eigentlich den ganzen Tag?

Tribut an den 5. eines Monats von Frau Bruellen.

Irgendwann vor sechs aus dem Bett erhoben, geduscht. Dann runter in die Küche und Brotzeit für alle 4 gemacht. Zeit gehabt noch in die Zeitung zu lesen.

Um 7 Richtung Schule aufgebrochen, weil ich noch einen Schulstempel brauchte für ein Formular. Eigentlich war heute Schulleitertagung angesagt. Gespräche in der Schule geführt. Ins Büro gesetzt, ohne Kaffee, weil die Maschine demontiert und gesäubert – aber eben nicht wieder montiert worden war. Nun ja, kurz vor dem Abflug war dann eine Tasse möglich, aber ich hatte zu wenig Zeit, sie auszutrinken.

Richtung Schwandorf gefahren, wo die Sitzung stattfinden sollte. Und nun, der Rest ist schnell zusammengefasst: Sitzen, hören, aufstehen, Kaffee trinken, Brezen essen, sitzen, hören, mehr Kaffee trinken, hören, aufstehen, Mittag essen, sitzen, Kaffee trinken, Gebäck essen, mehr Kaffee, sitzen, auftstehen, gehen. Schwerpunktthema im Austausch aber 1:1 Ausstattung der Schulen, manche haben es schon nahezu, andere nicht mal nahe. Kontroverse Diskussionen. Merke selbst, Schulleiter einer 1:1 Schule in 7-9, dass noch viel Arbeit vor uns liegt, dass mit den Geräten in der Schule dann erst die Arbeit anfängt. Im Auto später lasse ich mir meine eigene digitale Entwicklung durch den Kopf gehen, vom ersten Computer mit 23 und dem ersten iPhone, iPad und so weiter.

Gleichzeitig: Emails beantwortet, geschrieben, Access Datenbank zu Unterrichtsbesuchen aufgesetzt mit einem Formular, Unterrichtsbesuche eingetragen, Nextcloud Instanz aufgeräumt, mehr Emails, Kalender in Ordnung gebracht, weil der mir schon Ärger eingebracht hatte am Wochenende.

Danach rüber gefahren zum Globus Einkaufsparadies in Schwandorf. Erst vor wenigen Wochen entdeckt, sehr gut bestückt mit allem. Heute gekauft: Bagels, Brezen, Tortellini, eine Logitech-Tastatur-Kombi. Raus, beim Globus noch vollgetankt, denn übermorgen geht es zum Netzwerktreffen nach Prag.

Heimgefahren, ziemlich viele Kinder im Haus, sehr viel mehr als normal. Versucht zu arbeiten, was ich tagsüber nicht geschafft habe – zwecklos. Überflüssige Kinder der Nachbarschaft rausgeworfen. Abendliche Brotzeit. Werde noch das Kochbuch zur Hand nehmen, was heute auf meine Bestellung hin kam: Ach, das ist vegan?

Gleich schlafen die Kinder dann. Und ich fürchte ich dann auch. Oder doch noch am Elternbrief schrauben?

Arbeitszeiten in der Schule erfassen?

Aber ja.

Arbeitszeiten messen und entsprechend entlohnen bei allem Personal, welches nicht verbeamtet ist: SekretärInnen, HausmeisterInnen, Reinigungspersonal, SozialpädagogInnen – und mehr.

Warum: Zeitmessung muss hier Willkür eindämmen.

Aber hmmm

Die Forderung nach Messung der Arbeitszeit für LehrerInnen scheint ja mehrere Ziele zu haben:

  • Überlastung zu verhindern
  • gleiche Verteilung der Arbeit zu erreichen

Ich stimme vielen zu, die sagen, dass man zwar Zeit, aber Belastung nicht wirklich messen kann. Jede erfahrene Lehrkraft sollte Techniken entwickelt haben, die sie stressige Phasen in einem normalen Alltag gut bewältigen lassen können. Dazu gehören sicherlich die Fähigkeit zu improvisieren, die Reduzierung des Anspruchs auf Perfektion oder das Bereithalten von Stundenvorbereitungen, die flexibel in unterschiedlichen Klassen oder sogar Jahrgangsstufen angewendet werden können.

Dies zu erlernen, dauert ein bisschen und man muss anfangs vielleicht mehr Zeit hineinstecken, aber kann später davon zehren. Daneben gibt es auch andere „Hilfsmittel“, die ich aber als Schulleiter niemals offen propagieren würde, denn – wer weiß, wer hier wieder mitliest! Ich will ja keinen Ärger, erstmal.

Aber nein

Der Umgang mit Belastung und die Fähigkeit für sich Methoden der Entlastung in einem stressigen Alltag zu finden, sind bei unterschiedlichen Menschen eben auch unterschiedlich ausgeprägt. Das ist eine Binsenweisheit, aber dabei gibt es eben auch keine Lösung. Und, soweit mag ich mich aus dem Fenster lehnen, auch unter LehrerInnen ist die Fähigkeit weit verbreitet, aus einfachen Tätigkeiten lebensverkürzende Maßnahmen zu generieren, z.B. Korrekturen.

Oder doch?

Aber: Das Hamburger Modell, das ich nur flüchtig kenne, finde ich dennoch reizvoll, also der Versuch, die Aufgabenbereiche der LehrerIn in unterschiedliche Kategorien zu sortieren und dann eben unterschiedlich zu gewichten. Der große Vorteil wäre nun mal, dass die Wahrnehmung des Lehrers sich nicht nur in gehaltenen Stunden erschöpft.

Aber ebenso wäre u.a. zu berücksichtigen, dass ein und dieselbe Aufgabe, die man als LehrerIn hat, nehmen wir erneut die Korrektur, auf einer Landschule deutlich entspannter sein kann im Vergleich zu einer Stadtschule mit einem Migrationsanteil von 80%.

Die letzten Jahre mit Corona und den Folgen müssen außerdem bei der Betrachtung mit berücksichtigt werden.

Ich weiß nicht

Mal persönlich – und ich schließe mich hier Arne an: Ähnlich wie er messe ich meine Arbeitszeit aktuell mit der Software, die er erwähnt.

Die ersten Erkenntnisse:

Ich schaffe die 40 Stunden Woche während der Schulzeit recht „entspannt.“ Aber in den Ferien eben nicht.

Momentan zähle ich das noch zu Messfehlern, weil ich am Wochenende und in den Ferien grundsätzlich vergesse meine Arbeitszeit zu messen. In der Schule habe ich die App so eingestellt, dass sie automatisch anfängt zu zählen, wenn ich auf den Parkplatz einbiege und aufhört, wenn ich ihn verlasse. Zuhause fällt mir das immer nicht ein die App zu starten.

In der Schule mache ich immer noch keine Pausen. Ich esse am Schreibtisch und arbeite dabei weiter, ich verlasse nicht das Gebäude. Ich habe eine Jacke im Auto, die dort die ganze Woche liegt, weil ich sie nie benutze – ich gehe ja nur von der Haustür zum Auto und vom Auto in die Schule. Das alles ist nicht gesund, natürlich nicht. Eine Zeitmessung müsste eigentlich also auch zur Pause zwingen.

Was ich beim Messen, auch schon an der alten Schule aber vor allem gemerkt habe, war, dass sich Stress und Arbeitszeit in keinem direkten Verhältnis befinden. Kein 8-Stunden-Tag gleicht hier dem anderen. Ebenso war ich überrascht, dass ich gefühlt lange gearbeitet habe, aber auf der Uhr am Ende nicht die Stundenzahl stand, die ich gefühlt hatte – dasselbe berichtet Arne ebenfalls. Ebensowenig wie er glaube ich aber, dass hier über den Monat gerechnet große Überraschungen zutage treten würden, wenn man es flächendeckend zusammenrechnen würde.

Als Beispiel dazu habe ich hier im Blog mal irgendwann über das Korrigieren geschrieben. Dabei habe ich die Erfahrung gemacht, dass wenn ich in den Ferien nach Anzahl der Arbeiten korrigiere (5 pro Tag), wirklich den „ganzen Tag“ brauche.

Viel besser geht es mir und der Uhr aber, wenn ich nach Zeit korrigiere (z.B. nach dem Pomodoro-Prinzip): Ich gebe mir als Zeit 2 oder 2,5 Stunden und sage mir: Es wird so viel korrigiert, wie in diesem Zeitraum geht – und es wird nur korrigiert. Das Ergebnis ist, dass ich in diesen 2 Stunden dann 5 Schulaufgaben korrigiert habe und danach auf dem Golfplatz gehe.

Ich empfehle jedem den ehrlichen Selbstversuch der eigenen Zeitmessung und dies dann kritisch zu reflektieren.

Als Schluss

Ich habe jetzt nach 6 Jahren Schulleiter in Nürnberg die Schule und die Schulleitung gewechselt. Die aktuelle Schule liegt in einer Stadt mit 6224 EinwohnerInnen. Die Unterschiede können nicht größer sein.

Ich arbeite von den Stunden her so viel wie in Nürnberg, aber ich habe jetzt beim Blättern im Tagebuch eine Stelle gefunden, in das ich im zweiten Jahr als Schulleiter den Satz notierte: „Nach dem heutigen Tag glaube ich Dr. H. (meinem Hausarzt), dass dieser Stress wirklich zu so etwas wie Herzinfarkt führen kann.“

PS

Mehr Golf spielen.

Besprechungsprotokoll des Treffens am Wannsee vom 20.01.1942

„Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD gab sodann einen kurzen Rückblick über den bisher geführten Kampf gegen diese Gegner. Die wesentlichen Momente bilden

a) die Zurückdrängung der Juden aus den einzelnen Lebensgebieten des deutschen Volkes,

b) die Zurückdrängung der Juden aus dem Lebensraum des deutschen Volkes.

Im Vollzug dieser Bestrebungen wurde als einzige vorläufige Lösungsmöglichkeit die Beschleunigung der Auswanderung der Juden aus dem Reichsgebiet verstärkt und planmäßig in Angriff genommen.

Auf Anordnung des Reichsmarshalls wurde im Januar 1933 eine Reichszentrale für jüdische Auswanderung errichtet, mit deren Leitung der Chef der Sicherheitspolizei und des SD betraut wurde. Sie hatte insbesondere die Aufgabe

a) alle Maßnahmen zur Vorbereitung einer verstärkten Auswanderung der Juden zu treffen,

b) den Auswanderungsstrom zu lenken,

c) die Durchführung der Auswanderung im Einzelfall zu beschleunigen.

/…/

Das Aufgabenziel war, auf legale Weise den deutschen Lebensraum von Juden zu säubern.

/…/

Anstelle der Auswanderung ist nunmehr als weitere Lösungsmöglichkeit nach entsprechender vorheriger Genehmigung durch den Führer die Evakuierung der Juden nach dem Osten getreten.

/…/

Im Zuge dieser Endlösung der europäischen Judenfrage kommen rund 11 Millionen Juden in Betracht, /…/

Unter entsprechender Leitung sollen nun im Zuge der Endlösung die Juden in geeigneter Weise im Osten zum Arbeitseinsatz kommen. In großen Arbeitskolonnen, unter Trennung der Geschlechter, werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche Verminderung ausfallen wird.

Der allfällig endlich verbleibende Restbestand wird, da es sich bei diesem zweifellos um den widerstandsfähigen Teil handelt, entsprechend behandelt werden müssen /…/“

Aus dem Besprechungsprotokoll der Wannseekonferenz 1942

Quelle nachzulesen: https://www.ghwk.de/de/konferenz/protokoll-und-dokumente


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Sie kommen nicht als Freunde.