Ich habs getan…und mach jetzt mal ne Fortbildung

Neulich, auf der Konrektorenfortbildung, habe ich mir schon gedacht, dass MAN einfach mal ne Fortbildung machen sollte – einfach so – sich trauen – und darüber fortbilden, was man so den ganzen Nachmittag im Internet erlebt. Mal ganz kurz gesagt.

Also habe ich an jemandem geschrieben, gefragt, wie man so was macht. Der hat mir dann zwei Formulare zurückgeschickt, davon habe ich eins ausgefüllt und zurückgeschickt, nun warte ich auf Antwort.

Warum ich?

Vor allem, weil ich mich immer darüber beschwere, dass die Fortbildungen, die ich selbst besuche, so langweilig seien und so unergiebig – ergo setze ich mich jetzt mal ganz hart unter Druck. Ja. Mach ich.

Und bevor ich jetzt mit meinem Ego so zurückrudere, hier meine Gliederung von Inhalten, die thematisiert werden könnten und veröffentliche sie hier.

Übersicht

Klingt viel, soll aber sozusagen das Maximum darstellen. Schafft man nicht an einem Tag. Aber ich würde gern beide Seiten ansprechen: Die Lehrerseite UND die Schülerseite. Beim Thema „Digitale Medien“ gehen mir die Lehrer immer ein wenig unter. Nachdem ich aber die interessierten Kollegen auf der Fortbildung der Zweiten Konrektoren gesehen habe, meine ich, dass man hier doch mal anknüpfen kann.

Nachdem ich nun meinen Mund so weit aufgetan habe, werde ich mich damit beschäftigen müssen, das alles auch noch an den Mann und die Frau zu bringen. Also kündige ich das hier mal an – damit ich das jetzt durchziehe.

Was mache ich eigentlich mit meinem iPad?

Ich bereite grad das Thema „digitale Schultasche für Lehrer“ auf, um a) interessierten Kollegen Einblicke zu bieten und b) eventuell eine Fortbildung zum Thema im nächsten Jahr anzubieten. Ein erster Schritt war für mich mal aufzuzeigen, was ich mit meinem iPad alles so mache.

Ist einiges zusammengekommen.

Geschichte – schnell gemacht 1: Erzählen

Zwischen Weihnachten und Neujahr gibt es in meiner Familie ein Gericht, welches nahezu heilig ist: Mohnpielen. Seit ich denken kann, machte meine Mutter es – und ich fürchtete die Zubereitung. Diese war verbunden mit Arbeit, auch für mich. Dafür musste nämlich Mohn gemahlen werden, in einer Handmühle, aber eigentlich musste man sagen, dass der Mohn gequetscht wird darin. Entsprechend anstrengend war das immer. In meiner Erinnerung stand ich Stunden in der Küche an dieser Mühle. In manchen Jahren noch bei meiner Tante im Keller, wo sie ihre an einen alten Tisch montiert hatte.

Meine Mutter macht es nicht mehr, weil es dort, wo sie mittlerweile wohnt, keiner sonst mag und sie nicht mehr die Kraft hat, diese Mühle zu bedienen. Ich, der ich eigentlich wenig traditionell und familiär bin (ich besuche niemanden an Weihnachten) , habe aber vor einigen Jahren angefangen, dieses Gericht für mich und meine Frau – manchmal auch für Freunde – herzustellen. Dazu benutzte ich bisher Fertigmohn aus dem Supermarkt. Dieses Jahr aber bat ich meine Mutter um die Mohnmühle – und als das Paket kam, beschlich mich wieder das Gefühl meiner Kindheit. Letztlich bemerkte ich aber, dass es wohl vor allem eine Frage des unterschiedlichen Zeitgefühls war. Im Jahr 2011, im Alter von 42, brauchte ich etwa 1,5 Stunden, mit kleinen Pausen, um 500 Gr Mohn zu mahlen. Nach meinem Empfinden war das eine gute Zeit. In meiner Jugend wohl empfand ich das als Ewigkeit.

Das Rezept ist ziemlich simpel, es gibt natürlich, wenn man im Internet sucht, viele verschiedene Varianten. Unser Familienrezept sieht so aus:

  • zehn Brötchen vom Vortag (müssen/sollten trocken sein)
  • 1,5 Liter Milch mindestens
  • 300-500 Gr. gemahlener Mohn
  • geriebene Zitronenschale
  • Grieß
  • Zucker
  • meine Ergänzung in diesem Jahr: echte Vanille (von der Nachbarin aus Ägypten mitgebracht) und gehackte Mandeln

Die Brötchen werden in dünne Scheiben geschnitten, etwas weniger als fingerdick. Mohn und etwa ein halber Liter Milch werden zum Kochen gebracht. Hinzu kommen geriebene Zitronenschale und Zucker – je nach Belieben, ich mache eher weniger hinein, weil ich den Mohngeschmack mag, mehr als Zucker. Abschließend kommt Grieß hinein, damit das Ganze etwas fester wird. Parallel dazu wird ein Liter Milch heiß gemacht, Vanille hineingegeben und Zucker. Nun kommt in eine oder mehrere Schüsseln jeweils: eine Schicht Brötchen, Milch (die Brötchen müssen das aufsaugen), Mohnmasse. Bis alles voll ist. Dann lässt man es am besten eine Nacht stehen, in der Regel auf dem Balkon. Gegessen wird’s nur zwischen Heiligabend und Neujahr.

„Mohnpielen“ ist ein Begriff, der wohl aus dem Schlesischen stammt. Meine Eltern stammen beiderseits aus Niederschlesien, genauer der Grafschaft Glatz (Kłodzki). Mein Vater war Jahrgang 1935, meine Mutter 1940.

Gefallen im Zweiten Weltkrieg sind mein Großvater väterlicherseits (verschollen in Russland) und der mittlere der älteren Brüder meiner Mutter (schon zu Beginn, beim Überfall auf die Niederlande). Irgendwo wird bei den ganzen Kriegserzählungen immer ein Verwandter erwähnt, der bei der Waffen-SS war und sich nach der Kapitulation das Leben genommen hat. Väterlicherseits war der älteste Bruder in der HJ. Die beiden älteren Brüder meiner Mutter waren Soldaten und gerieten in amerikanische und französische Kriegsgefangenschaft. Der älteste kam dadurch, wenn ich mich recht erinnere, nach Algerien oder Marokko. Der Rest der Familie flüchtete vor dem Herannahen der Roten Armee 1945 in Richtung Westen, zunächst zu Fuß, dann mit dem Zug. Ein Ergebnis war jedenfalls, dass die gesamte Familie über ganz Deutschland verstreut wurde: Hamburg, Dannenberg (Niedersachsen), Hildesheim, Bonn, Köln, Stuttgart, Töging, Bautzen. Jeder ging dahin, wo er Freunde hatte oder wo ihm Arbeit versprochen wurde: die beiden Älteren trafen in Gefangenschaft Bauern, die ihnen für die Zeit danach Arbeit anboten. So arbeiteten sie erst als Knechte, später dann aber als Lehrer – so wie ihr Vater, mein Großvater – und dessen Vater und Großvater.

Gemessen an einem Menschenleben ist der Abstand zwischen meiner Geburt und dem Zweiten Weltkrieg minimal, das waren wenig mehr als 20 Jahre. So wie meine Familie waren viele Familien betroffen – so oder so. Dies zeigt sich nicht nur in den Hunderten von Geschichten, die ich mir angehört habe – was wiederum wohl dazu führte, dass ich selbst Geschichte studierte.

In den letzten Jahren kamen einige Studien und Bücher heraus, die sich um die Folgen des Krieges in der zweiten Generation drehten. So z.B. „Wir Kinder der Kriegskinder“ von Anne-Ev Ustorf. Die Lektüre machte mir diesen geringen Abstand noch einmal klar, bzw. verschaffte mir einen anderen Zugang zu den ganzen mir berichteten Erlebnissen, von Krieg, Flucht, Ankommen in einem „fremden Land.“

Mein ältester noch lebender Onkel wurde 1924 in einem Dorf mit dem Namen Kaltwasser geboren, südlich von Breslau, in Laufweite zur tschechoslowakischen Grenze. Damals schien es üblich, dass die Lehrer vor der Festanstellung über die Dörfer tingelten – so auch mein Großvater – sodass jeder der älteren Söhne in einem anderen Dorf geboren wurde. Jeweils übrigens im entsprechenden Schulhaus, weil der Lehrer dort eben auch wohnte. Anfang der 90er machte er sich auf die Suche nach eben diesem Dorf und seinem Geburtshaus. Er fand es als Ruine, das Dorf selbst war ausgestorben. Ein paar Jahre später fuhr er wieder dorthin – zu seiner Überraschung fand er das Haus frisch renoviert, aber verschlossen. Er hinterließ einen Zettel und beim nächsten Besuch traf er den neuen Besitzer, einen jungen Mann mit seiner Frau und einem Kind. Dieser hatte das Haus als Ruine gekauft und renoviert es seitdem. Er stammte aus einem Dorf in der Nähe und wollte sich nach einem unsteten Leben dort niederlassen. Das Haus besitzt weder fließendes Wasser noch Strom. Geheizt wird über einen Ofen in der Küche, der gleichzeitig das Wasser, was direkt aus einer Quelle hinter dem Haus entnommen wird, anfeuert.

Im Sommer 2010 fuhren meine Frau und ich nach Zimne Wody (so der heutige Name von Kaltwasser), um ihn zu besuchen. Die Straße endete und der Pfad dahinter führte zum Schulhaus. Und in den folgenden Tagen hörten wir uns die Geschichten eines anderen Lebens an – eines Anfang der 80er staatenlosen Polen, der als Extremsportler zwischen den USA (als Ironman), Island (mit Rad und Skiern), Spanien und Schweden und Regensburg hin und her fuhr (das meiste mit dem Fahrrad). Er renoviert das Haus seit 18 Jahren und sammelt alle Zeugnisse des Ortes. Mein Onkel möchte sich dort begraben lassen.

Zu Beginn des Schuljahres habe ich eine Stunde in meiner 6. Klasse gehalten, bei der das Zeugnis meines Großvaters von 1916 im Mittelpunkt stand – als schriftliche Quelle. Dabei habe ich ein wenig von meiner Familie erzählt – irgendwie zum ersten Mal.

Kreatives Schreiben im DU 3 – Liebesbriefe / Möbelliebe

Es gelten auch und besonders für diese Varianten alle Hinweise, die ich bezüglich des Schutzes einzelner Schüler in Klassen schon mal angesprochen habe.

Auch diese Variante ist mal aus zwei anderen entstanden, deren Bezeichnung ich nicht mehr kenne. Ich gehe diese Form zügig durch, antworte anfangs nicht auf Fragen, jedenfalls nicht solange sie nicht schreiben. Wichtig, wie bei anderen Varianten ist für mich, dass sie nicht zu viel nachdenken, sondern einfach schreiben – manchmal versuche ich ihnen die Technik des automatischen Schreibens nahezubringen.

Also: ich betrete das Klassenzimmer (gestern wars mal wieder soweit: eine Klasse, die ich nicht kannte, musste vertreten werden) und teile Schreibpapier aus. Einzige Aufgabe für Schüler ist es, genau das zu tun, was ich sage.

1. Schritt: Sucht euch einen unbelebten Gegenstand im Klassenzimmer aus, den ihr interessant findet. Beschreibt ihn 5 Minuten lang schriftlich, und zwar möglichst genau, ohne ihn zu bezeichnen.

2. Schritt: Strich drunter setzen von einer Blattseite zur anderen. Ihr kennt diesen Gegenstand nun ganz genau. Versetzt euch nun in ihn hinein, betrachtet die Welt mit seinen Augen. Welche Sorgen hat er? Welche Träume? (usw….Hinweise geben je nach Einsatzfreude der Schüler). Schreibt 5 Minuten lang aus der Ich-Perspektive.

3. Schritt: Strich drunter setzen von einer Blattseite zur anderen. Es passiert nun etwas Wunderbares: euer Gegenstand verliebt sich in einen anderen Gegenstand. Er ist so beseelt von diesem, dass er einen Liebesbrief schreibt. Formuliert diesen. (Weitere Hinweise je nach Verständnis der Schüler:) Schreibt davon, wann es passiert ist und warum. Preist die Vorzüge des anderen Gegenstandes und was ihr besonders liebt. Berichtet von euren Träumen und Hoffnungen und warum ihr so gut zueinander passt.

Die Schreibzeiten sind nur so ungefähr. Wenn die Schüler erstmal angefangen habe, lasse ich sie schreiben. Es ist nur überschaubarer, wenn man sagt „5 Minuten“ als keine Zeitangabe zu setzen. Wenn es läuft, lasse ich es laufen. Der dritte Schritt braucht natürlich als Zeitangabe mindestens zehn Minuten.

Die Ergebnisse werden wieder eingesammelt und ich lese sie vor. Ohne Namen und so weiter.

Und freue mich jedes Mal über ein belebtes und verliebtes Klassenzimmer.

Ich führe das manchmal weiter, in dem ich die Briefe dann wieder austeile – natürlich an andere Schüler – und sie auffordere, eine Antwort zu schreiben.

Didaktischer Sinn des Ganzen? Nunja, Schreibkompetenz? Ich denke, wenn schon kompetent sein, dann doch wohl im Schreiben von Liebesbriefen. Dass man da nicht einfach reinkommt und sagt: „So, nun schreibt mal einen Liebesbrief…“ – ist ja klar.

Überhaupt: Perspektivenwechsel, so bizarr er auch sein mag, ist immer ein probates Mittel, um Schreiben in der Schule zu ermöglichen. Im Ergebnis wird schon viel und genug vom Einzelschüler drin stecken (Identitätsfindung), ohne dass es ihm im ersten Moment bewusst ist.

Und: Empathie. Man sollte sich schon mal in einen Stuhl versetzte haben, auf dem den ganzen Tag ein Hintern herumrückt und -drückt.

Schließlich: Spaß am Schreiben, Spaß, Spaß, Spaß!

Hier ausnahmsweise mal Proben dieser Briefe. Diese Ergebnisse sind alt, stammen meiner Erinnerung nach aus meinen ersten Jahren, 2002 oder so, ich denke, es war eine 10. Klasse.

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Meine erste echte Unterrichtsstunde

fand, jedenfalls der Erinnerung nach, im Dezember 1995 statt, im C-Praktikum an der Jakob-Stoll-Realschule in Würzburg.

Echt, weil sie wirklich geplant war und nicht nur Spielerei. So richtig mit allem.

Thema: Die Innenpolitik Bismarcks.

Und so sah das aus – ich habe nämlich heute diese Blätter im Ordner gefunden.

 

Gefunden habe ich sie, weil ich die dazugehörigen Folien suchte: Bismarck-Karikaturen. Außerdem hatte ich ein Arbeitsblatt dazu. Das geht seit Jahren. Ich habe zwei Ausführungen aus dem Jahr 1995. Sie bestehen aus drei Seiten Verlauf, einem Tafelbild, dem Arbeitsblatt und einem Deckblatt.

Tja.

Letzte Woche sahen meine Aufzeichnungen zu dieser Stunde so aus, 16 Jahre später (in Evernote):

Wie nennt man sowas? Profi? Ignorant?