Dieser Tage U-Bahn. Kalt morgens. Arbeite an einer neuen Routine, die Aufstehen, Frühstück und Losgehen betrifft. Möchte früher an der Schule sein. Möchte Struktur. Ordnung.
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Stelle dieses Format (#wasmachteigentlichderchef) heute mit diesem Posting ein. Stellte fest, dass ich zu sehr nachdenken muss und mich zu sehr beschränke bei dem, was ich schreibe. Außerdem habe ich das Gefühl, dass mein Kollegium hier zu viel liest und sich dann Sorgen um mich macht. Das wäre mir zu viel – dann machen wir uns gegenseitig Sorgen umeinander. Komme nicht weiter.
Was an seine Stelle tritt, weiß ich noch nicht. Vielleicht klaue ich mir „5 Minuten Schulleitung“ zurück.
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Es ist dieser Tage anstrengend. Ich habe zum ersten Mal seit langer Zeit sowas wie Weihnachtsurlaub genommen. Der war toll. Der Umstieg jetzt wieder auf Schule nicht so sehr. Es wird von Tag zu Tag besser, aber die innere Unruhe bleibt, die Magenschmerzen und der beständige Ankämpfen gegen die Niedergeschlagenheit. Ich mache mir keine Sorgen darüber, dass es nicht besser wird. Das wird es. Und Corona geht einem halt auch einfach gehörig auf den Sack.
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Heute mit einem Schulleiterkollegen telefoniert, eigentlich wegen der Terminvereinbarung einer anstehenden Lehrprobe. Da wir uns aus dem Internet kennen (dieser Satz ist einfach göttlich) und entsprechend schon mal miteinander gesprochen haben, konnten wir offen und ehrlich reden. Und in diesem kurzen Gespräch konnte ich/konnten wir mal festmachen, was mir (und wohl auch den KollegInnen so quer liegt): Dass absolut nichts normal ist, wir aber so tun müssen/sollen/dürfen, als wäre es so. Weil außer „Die Schule muss offen bleiben“ nichts weiter passiert. Weil wir in einer Ausnahmesituation jetzt „Schule spielen“. Weil, die Metapher sei erlaubt, über allem ein dünner grauer Schleier liegt.
Am meisten liegt mir dabei der gern genannte Argumentationsstrang quer, in dem es heißt, dass geschlossene Schulen die Kinder vermehrt häuslicher Gewalt aussetzt. Als ob offene Schulen auch nur ansatzweise das Problem von häuslicher Gewalt lösen können.
Als ob es nur um „offen“ und „geschlossen“ ging, aber ich bin es leid mich hier weiter aufzuregen.
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Im Gespräch mit dem Sozialpädagogen zu Beginn der Woche haben wir die kritischen „Schülerfälle“ besprochen, kritisch im Sinne von „sollte eigentlich einen Therapieplatz, einen Platz in der KJP (Kinder-und-Jugend-Psychatrie) bekommen, wandelt am Rande des Zusammenbruchs, ist nicht beschulbar, muss vor sich geschützt werden usf“. Die Liste wird länger. Und wir haben nur einen Sozialpädagogen oder besser: Wir haben wenigstens einen Sozialpädagogen. Und ein tapferes Kollegium, welches nicht nachlässt. Und ich sitze da, lasse mir berichten und eskaliere innerlich.
Und jetzt reden wir noch nicht von SchülerInnen in Quarantäne oder von infizierten Lehrkräften oder einer dünnen Personaldecke. Oder von der Halbjahresgrenze, wo dann doch wieder die Noten stehen müssen oder Entscheidungen über Probezeiten fallen. Und die 10. Klässler werden über die Abschlussprüfungen informiert. Klassenfahrten sollen abgesagt werden. Der Kultusminister hat sich mit Corona infiziert.
Und ich stehe morgen wieder auf und fahre zur Schule.
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Hätten wir gestern nicht die Nachlieferung von Testen endlich bekommen, hätten wir morgen nicht aufmachen können.
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Ich habe heute (Oder gestern? Welcher Tag ist heute?) mit dem Kollegen gesprochen, der mit einer Kollegin unter harten Auflagen Theaterproben macht. Und ich habe mit einem zufriedenen Menschen gesprochen, der nahezu euphorisch berichtet hat. Und ich habe mich mitgefreut.
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Was mich am Schulleiterdasein am meisten mitnimmt: Dieses Auf und Ab an emotionalen Zuständen, bei dem ich das Gefühl habe, dass ich innerlich ausleiere.
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Was aktuell ansteht:
- Mit dem Februar beginnt quasi schon die Unterrichtsplanung für das kommende Schuljahr (Versetzung-, Wiederverwendungsanträge)
- Mit dem Februar bekomme ich meinen Schulleiter-Beurteilungsbesuch vom Ministerialbeauftragten
- Mit dem Februar soll das aktualisierte Beurteilungs-KMS für die KollegInnen kommen
Außerdem:
Mit der Polizei Kontakt aufgenommen, um der Jägergeschichte von Anfang Dezember mal auf die Spur zu kommen (meine Mail an die Stadt dazu blieb bis heute unbeantwortet, der lange Brief an den Oberbürgermeister zum Thema Vandalismus dagegen hat eine Antwort bekommen – wenn man das so nennen will – der Oberbürgermeister hat sich jetzt auch mit Corona infiziert.)
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Sollte dieses Posting bitter klingen, dann stimme ich Ihnen zu.