2023.06.14 – Stille, erste Sentimentalität

Kurz nach 5 Uhr. CPAP 7:45h. Zur Schule gefahren, ohne Musik oder Hörbuch, in der Stille. Zurück ebenfalls.

Im Auto auf der Hinfahrt über drei Dinge nachgedacht

  • Was sage ich am Freitag, wenn ich mich bei den KollegInnen an der neuen Schule kurz vorstelle? Was bespreche ich danach mit dem Schulleitungsteam?
  • Wie strukturiere ich den langen Text, den ich schon seit Monaten schreiben will, Arbeitstitel: Das Haus meiner Tante
  • Wie werden die zwei Disziplinarausschüsse laufen, die am Nachmittag stattfinden?

Heute schon etwas gelassener. Mein Totschlagargument bei einer (wohlgesonnenen) Kollegin im Austausch: Naja, das regeln Sie dann wohl besser mit meinem Nachfolger. Wir lachen beide.

An anderer Stelle im Disziplinarausschuss meinen Stellvertreter laut darauf hingewiesen: NOCH bin ich der Chef! Auch hier gelacht (wie sonst auch immer viel bei Besprechungen in diesem Ausschuss, wenn wir unter uns sind).

Auf der Rückfahrt hauptsächlich drüber nachgedacht, ob ich die Schule geprägt habe. Und das meine ich erstmal völlig wertneutral. Inwiefern das „meine“ Schule ist (ich finde diese Formulierung mit „mein“ immer so schräg). Und ja, mir sind sicher ein paar Dinge eingefallen, wo bestimmte Eigenarten und Grundzüge von mir in die Struktur der Schule übergegangen sind. Denke ich.

Vermutlich meine Abneigung gegenüber Bürokratismus – entspannend in der Schule, von anderen Stellen aber eher mit Grausen gesehen. Mein Hang zu komischem Humor – bei SchülerInnen höchst umstritten. Meine Fehlertoleranz bei anderen (leider nichtig Bezug auf mich selbst). Mein Hang öffentlich eher kurz zu reden. Kurze Besprechungen und Konferenzen. Und nicht zu viele. Irgendwie irgendwas dazwischen. Manches finde ich gut, manches hätte ich gern geändert.

Was ich bemerke in diesen Tagen: Wenn ich mit KollegInnen spreche, erkenne und sehe ich immer mehr als nur eine LehrerIn. Durch die doch nicht wenigen Gespräche in den Jahren, die über Alltag und Schule hinausgegangen sind, durch die gemeinsamen erlebten Herausforderungen sehe ich jetzt immer mehr. Ähnlich wie bei SchülerInnen, die man über Jahre begleitet, sehe ich auch LehrerInnen wachsen. Sehe, wie sie stärker werden. Und manchmal entspannter als am Anfang. Ich weiß um ihre Kinder und ihre Eltern, ihre Partner. Kenne die Lasten, die sie von Zeit zu Zeit mit sich herumtragen. Manchmal werde ich um Rat gebeten, manchmal redet man nur, oft frage ich nach. Manchmal tauschen wir gute Adressen von Lokalen aus.

Meine Schule ist sehr stark gewachsen in meinen Jahren als Schulleiter. Dadurch haben wir viele neuen LehrerInnen bekommen, die frisch aus der Ausbildung kamen. Und mir ist mal aufgefallen, dass ich für nicht wenige der erste Chef bin. Und kurz habe ich das als schwerwiegende Verantwortung gesehen und es dann einfach hingenommen. Sie werden noch viele andere sehen.

Und doch, ganz sentimental, wünschte ich, dass sie etwas mitnehmen von mir und in ein paar Jahren denken: Oh, das hat der Kuban auch immer gesagt. Oder sich einfach an einen blöden Spruch von mir erinnern.

2023.06.12 – Ich gehe

Geschlafen bis zum Wecker (5.40). Typischer Montagmorgen mit zwei unausgeschlafenen MitbewohnerInnen im jungen Alter.

In die Schule gefahren und den KollegInnen im Briefing mitgeteilt, dass ich auf eigenen Wunsch als Schulleiter an eine andere Realschule versetzt werde. Zur gleichen Zeit wurde einem anderen Kollegium mitgeteilt, dass ich komme im August. Eine Stunde später kam die Neu-Ausschreibung meiner Stelle.

Ich habe heute morgen ein Lehrerzimmer verlassen, dass sehr still war.

Nicht der beste Tag.

Öffentlich reden: DELF-Ehrung

Anlass: Ehrung für besonders erfolgreiche Arbeit unserer Schule bei der DELF-Prüfung

Ort: Mehrzweckraum, mit 10 Erwachsenen, der Dame vom Französischen Institut in Deutschland (Sprachattaché), dem Ministerialbeautragten, Französischlehrkräften, Schulleitungsmitgliedern und SchülerInnen mehrerer Französischklassen.

Dauer: Unter 5 Minuten.

Vorbereitungszeit: eine Woche, ein paar Gedanken vorab gehabt, persönlich, dann Heine, abschließend unsere Schule. Das trug. Eine Stunde vor der Veranstaltung die Fassung getippt und ausgedruckt, nicht gespeichert. Ausdruck weggeworfen. Dies ist die ungenaue Rekonstruktion.

Sehr geehrte…(Namen)

Reden des Schulleiters an der Johann-Pachelbel-Realschule sind traditionell sehr kurz.

Die Johann-Pachelbel-Realschule wurde vor mehr als 10 Jahren gegründet und es war der Grundgedanke, dass sie unter dem Aspekt der Musik SchülerInnen zusammenbringen sollte, ungeachtet woher sie kommen, ob sozialer Stand, Religion oder Nation. Dem Gedanken fühlen wir uns bis heute verpflichtet.

Es ist bezeichnend daher, dass wir am Ende der Rothenburger Straße unser Schulhaus stehen haben und am Anfang der Straße, auf dem Rochus-Friedhof in Gostenhof, das Grab von Johann Pachelbel liegt.

Auf unsere Schule gehen derzeit SchülerInnen, deren Familien Wurzeln haben in 41 Nationen. 70% haben das, was man allgemein einen Migrationshintergrund nennt.

150 von ihnen aus den Klassen 5-10 lernen Französisch. Und sie erweitern damit nicht nur den schulischen Horizont, sondern auch ihren Blick auf die Welt, andere Kulturen und Menschen. Und letztlich führt der Weg zu anderen Ländern, Kulturen und Menschen über die Sprache.

Dass wir SchülerInnen auf diesem Weg so erfolgreich begleiten, macht mich persönlich stolz ist aber vor allem ein Verdienst der beteiligten Lehrkräfte.

(Ich kann mich nicht mehr an den Schluss erinnern)

80

2023.03.23

CPAP 7:45h. Traumlos bis zum Wecker.

70km allein mit Kurt Wallander (Mörder ohne Gesicht) im Auto. Donnerstag, recht leere Autobahn, die Abfahrt an der Schule wird grad saniert, nur geringfügig länger gebraucht.

Heute langer Tag, Frühjahrskonzert am Abend, Schulhaus in Aufruhr seit Tagen. Unterricht zwei Stunden und einen Unterrichtsbesuch geplant. Ansonsten das Thema „Handlungshilfen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz für staatliche Schulen in Bayern“ auf den Tisch gelegt. Wird schon Zeit sein zwischendrin.

Rundgang durch den neuen Kiez.

Oliver Burkeman. 4000 Wochen.

Nachdenkliche Ideen.

  • Den Gedanken aufgeben, dass man mit der noch so optimierten Lösung es irgendwann mal schafft, alle Aufgaben, die einen betreffen, wirklich abzuarbeiten
  • Entsprechend auch die Idee aufgeben, dass man alles im Griff hat oder jemals haben wird
  • Und ganz wichtig: Das alles betrachten im Hinblick auf die Pläne, die man aufschiebt, „bis man alles mal geschafft hat“
  • Und vor allem aber im Hinblick auf die begrenzte Lebenszeit, die einem zur Verfügung steht.

Am Ende 10 Anregungen, wie man diese Ideen umsetzt.

Piper Verlag mit Leseprobe.