#wasmachteigentlichderchef 2021-09-27

U-Bahn. Nun die erste volle Woche, in der ich das Auto nicht benutzt habe. Eine Woche lang: U-Bahn, Fahrrad, E-Scooter, VAG-Rad (600 Freiminuten für Abo-Monatskarte), zu Fuß. Seitdem ich wieder in der Stadt wohne, steht das E-Bike im Keller. Für eine Fahrt zur Schule lohnt es nicht (13 Minuten mit dem analogen Bike). Ich vermisse manchmal die zwei Stunden E-Bike am Tag.


Heute erledigt:

  • zwei Unterrichtsbesuche
  • ein Kollegengespräch
  • mehrere Telefonate, vor allem Personalangelegenheiten
  • Anträge rausgeschrieben und rausgeschickt
  • Gespräch Hausmeister (über das Wochenende, weil das Schulhaus eins von fünf Nürnberger Briefwahlzentren war)
  • Gespräch HVE vor Ort
  • Schreibtisch angefangen von links nach rechts aufzuräumen, vor allem die beiden Mini-Schnaps-Flaschen, die man mir vor den Sommerferien mal geschenkt hat, nachdem man mein Gesicht sehen musste
  • Bewerbergespräch am Telefon
  • Treffen KIT-Team wurde abgesagt/verschoben
  • weitere Unterrichtsbesuche für die Woche terminiert
  • ASV Doku angefasst für Abgabe US
  • Elternbrief Masernschutzabfrage überarbeitet und rausgeschickt
  • mehrere Orga-Gespräche innerhalb der Schulleitung

7:36 an den Schreibtisch im Büro gesetzt. 17:45 aufgestanden und gegangen. Keine nennenswerte Pause. Drei große Becher Kaffee mit Milch. Eine große Handvoll Gummischlangen von Haribo. Drei Stücke Bananen-Schokokuchen (Wo kam der eigentlich her?). Ich war müde, weil ich am Abend vorher selbst Wahlhelfer an einer anderen Schule war, die als Briefwahlzentrum eingerichtet worden war.

In der Zeit ab 16 Uhr habe ich Ruhe im Büro, weil da auch die Sekretärin gegangen ist. In den 1,5h danach schaffe ich mittlerweile meinen Papierkram, der tagsüber liegengeblieben ist.

Ich mache das nicht jeden Tag.


Heute dann nach der Arbeit direkt zum Essen gegangen.

Wollen Sie mal sehen?

Danach war’s wieder gut.


Aber auf die Reue bei dem Entschluss Schulleiter zu werden komme ich bald noch mal zurück.

Lebenszeichen – Kaleidoskop

Versuche reinzufinden.


Mitte August fuhr ich mit Arne zu einem Burgergrill irgendwo in Niedersachsen. Und dabei fragte er mich im Auto, ob ich es bereut hätte, mich damals als Schulleiter zu bewerben. Ich kann mich nicht erinnern, wie lange ich für eine Antwort brauchte, gefühlt war es – er mag mich korrigieren – nicht lang. Jedenfalls beantwortete ich die Frage mit einem „Ja“.

Seitdem, also seit gut einem Monat, versuche ich das in Worte zu fassen und schaffe es nicht. Als ob es eine Erklärung braucht, um einigermaßen aufrecht weiterzumachen.


Heute habe ich abends um halb sechs ein paar Faxe aus dem Sekretariat versendet und mich danach kurz ins Büro gesetzt, um zu überlegen, was ich jetzt noch erledigen kann. Es war sowieso ein Tag, an dem nach jedem Telefongespräch vor jedem Telefongespräch war. Da merkte ich, dass mir die Ohren rauschten, mein Tinnitus frohen Aufstand feierte. Ich packte und ging.


Und tat das einzig Richtige: Braten essen, Bier trinken. Hastig.


Ich fahre seit drei Tagen ohne vorderes Nummernschild durch die Gegend. Dachte erst, das darf man nicht. Aber der Polizist, der meinen Wildunfall aufnahm, meinte, das ginge schon – aber ich glaube, er ging davon aus, dass es nicht dauerhaft sei. Meine Alfa-Front sieht ohne Nummernschild viel besser aus. Die Fellreste neben dem Scudetto trüben aber den Eindruck etwas.


Was mich am meisten bereuen lässt? Dass ich mir 5-7 Stunden an einem Arbeitstag (und darüber hinaus) nicht mehr selbst gehöre. Nicht mal meine Gedanken gehören mir. Dass ich unabhängig vom Zeitpunkt, zu dem ich ins Bett gehe, um 5 wach werde. Und dass mir dann als erstes etwas Schulisches in den Kopf kommt.


Und ich wusste, dass der erste Urlaub seit Jahren eher schlecht für mich ist. Weil ich da eben plötzlich wieder eigene Gedanken habe.

Und weil ich auf einem klapprigen E-Scooter nachts um halb 12 vom Charlottenburger Schloss aufbreche und einmal quer bis zum Alexanderplatz rollern kann, durch den Tiergarten, an der Siegessäule vorbei bis zum Brandenburger Tor und Unter den Linden entlang bis zum Alexanderplatz.

Das sollten Sie mal machen.

Und dann drücken Sie halt jemandem das Smartphone in die Hand und lassen sich mit einem feisten Lachen fotografieren.


Es gibt Schlimmeres , sowieso immer, und ich habe viel vor, Braten und Bier, Berlin, die See und den Hafen in Hamburg. Immer wieder. Morgen werde ich 52.

2021-09-10 #wasmachteigentlichderchef

Auto, weil es regnen soll.

Dennoch: Ohne Autos sieht der Parkplatz in der untergehenden Sonne toll aus (vor ein paar Tagen).


Bauarbeiten in der Schule weitgehend abgeschlossen. Paar Umkleidekabinen brauchen noch Regips-Platten-Anstriche.

Im Laufe des Vormittags rinnt in der Lehrerküche Wasser von der Decke und tropft auf die Kaffeemaschine. Ein Lehrer bringt die Maschine in Sicherheit und stellt einen Topf drunter.

Ich zucke mit den Schultern und melde es der HVE.


Anfang der Woche hinter dieser Tür gearbeitet.

…und wie die Sekretärin versucht, Kontakt zu mir aufzunehmen, wenn ich mein Telefon nicht abnehme.


Die Spiele mögen beginnen.

15 Jahre Schulleiter – öffentlich reden

Anlass: Zeugnisübergabe an AbschlussschülerInnen

Ort: Turnhalle der Schule

Zeit: Mitten am Tag

Vorbereitungszeit: eine Woche, erste und einzige Version aufgeschrieben 16 Stunden vorher

Hintergrund: Wollte eigentlich die vom letzten Jahr nehmen, die ich im Drucker vergessen und völlig schräg improvisiert habe. Wäre keinem aufgefallen. Aber meine Ehre stand mir im Weg. Also arbeitete ich den Gedanken neu aus.

Beim ersten Durchgang (Hygienekonzept erlaubte uns zwei Durchgänge) hatte ich das Skript zwar dabei, aber auf dem Stuhl vergessen als ich auf die Bühne ging. Es ist zum Erbrechen. Also improvisierte ich. Diesmal jedoch inhaltsgleicher. Im zweiten Durchgang ließ ich Sophie Passmann weg. Das ging auch und die version war besser.


Manuskript

Liebe SchülerInnen,

Ich freue mich: Ihr bekommt heute Abschlusszeugnisse, die euch eine Reife attestieren, eine sogenannte „mittlere“, aber eine Reife. Und dies kann euch keiner mehr nehmen.

Liebe SchülerInnen,

Es tut mir leid: Ihr seid noch nicht am Ziel. Dies ist nur ein Durchgangsstadium, welches ihr gebührend feiern dürft und sollt. Und ihr erinnert euch später daran, 100pro, aber ob ihr wollt oder nicht: Es geht noch weiter.

Ich habe in meinem Leben oft den Satz auf Hochzeiten gehört, dies sei „der schönste Tag meines Lebens“. Und ich habe immer still in mich hineingewundert, dass es ziemlich komisch sein muss, wenn ich mit Mitte 20 oder früher schon den schönsten Tag in meinem Leben hatte. Was passiert dann noch im Rest meines Lebens?

Und das Leben? Ja, das Leben! Das ist so groß, dass es Platz hat für eine Unmenge an Partys, an Lachen und Glück – ebenso wie alles andere. Und letztlich kommt es doch immer so anders.

Ich bin alt, ich darf eine Geschichte aus meinem Leben erzählen. Wie ich es geschafft habe, dass ich im August ins Paradies fahre.

Und die Geschichte dazu geht so. Ich habe 1989 Abitur gemacht in der Nähe von Köln. Und ich habe ein richtig schlechtes Abitur gemacht mit einem Schnitt jenseits von 3,0 und nur weil eine Englischlehrerin Mitleid mit mir hatte – Danke!!! Es gab nur noch einen, der hieß auch Thomas, der hatte ein noch schlechteres Abitur. Mit dem bin ich in eine WG gezogen zum Studieren. Heute ist er Rechtsanwalt in Köln und ich, naja, ich bin halt ich. Schulleiter in Bayern. YOLO.

Es gab eine Schülerin bei uns, die ein sehr gutes Abitur gemacht hat. Damals mit einem Schnitt von besser als 1,0. Das geht, ja, wenn man besonders gut ist. Selbstredend hatte ich mit ihr an der Schule nichts zu tun. Andere Liga, ganz eindeutig. Ich stand ständig in der Raucherecke oder schwänzte mal die Schule. Sie war woanders. Es gab absolut keine Berührungspunkte.

Mehr als 30 Jahre später findet ein Abitur-Jubiläumstreffen statt und wir kommen ins Gespräch. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Berlin und ist Kirchenmusikerin. Wir tauschten unsere Lebensgeschichten aus und nach so langer Zeit hatten wir uns plötzlich was zu sagen.

Und nachdem ich ihr von meinen Erfahrungen und Erlebnissen als Schulleiter erzählt habe, erzählt sie mir von ihrem Paradies, in welches sie sich regelmäßig mit der Familie zurückzieht – einem Camper auf der Insel Rügen. Und sie sagt zu mir: Komm nach Berlin, wenn die Sommerferien hier vorbei sind und ich gebe dir den Schlüssel. Und dann verbringst du einige Zeit im Paradies.

Wer kann so ein Angebot ablehnen?

Was ich euch sagen will: Hier und heute ist nichts zuende, nicht in eurem Leben nicht mit den Menschen, die euch umgeben. Hier fängt’s erst richtig an. Und vielleicht ist nicht alles möglich, aber doch mehr als ihr euch jetzt vorstellen könnt. Freut euch drauf.

Und am Ende lasse ich die große Philosophin Sophie Passmann dazu sprechen:

https://www.instagram.com/p/CCqBieBip5a

Max Porter. Lanny. Kein&Aber 2019

Heute mal etwas ausprobiert. Nach dem Heimkommen mit dem angefangen, was ich mir immer für später vornehme: Lesen – in diesem Fall den Roman zu Ende gelesen. Normalerweise nehme ich mir vor im Bett zu lesen, vor dem Schlafengehen, aber meist läuft es nur auf Schlafen hinaus.


Lanny ist ein Roman, als Thriller gekennzeichnet, der ein bisschen die Lesegewohnheiten durcheinander bringt. Und darin seinen größten Reiz hat.

Eindrucksvoll.

Perlentaucher.

Süddeutsche.


Ein Kollege beichtete mir neulich, dass er schon vor Wochen aufgehört hätte in meinem Blog zu lesen, weil die Einträge zu deprimierend waren. Und wahrscheinlich hat er recht.

Meine Müdigkeit hat wieder Ecken von mir erreicht, wo nicht mal Licht hinkommt.


Aufgaben und Termine, die ich mir aufgeschrieben habe:

  • Beurteilungen (Vorbereitung)
  • „Schüler“ nachfragen
  • Vorbereitung Gespräch Beratungslehrer Grundschule
  • Vorbereitung Bewerbergespräch
  • Terminierte Aufgaben
    • 08.20-09.05: Unterrichtsbesuch 1 . Stunde
    • 09:10 – 09.30 Besprechung Unterrichtsbesuch letzte Woche
    • (Vorbereitung andere Gespräche)
    • Telefonat KM
    • 10.55 – 11.15 Besprechung Unterrichtsbesuch letzte Woche
    • 12.30 Gespräch Grundschulberatungslehrer
    • 13.45 – 14.15 Gespräch neu gewählter Personalrat
    • 14.15 – 14.45 Bewerbergespräch

Was dazu kam:

  • Absprache Polizeistreife wegen neuem Vandalismus (die vierte Anzeige in 8 Tagen)
  • Drei Telefonate mit KM, statt einem
  • Einem Telefonat Schulaufsicht, eigentlich am Tag selbst auf 11.30 gelegt, dann aber erst 12 Uhr möglich
  • Absprachen wegen Abschlussprüfung morgen, weil Infektionen in zwei Familien von AbschlussschülerInnen (Orga machen die Konrektoren)
  • Gespräch über iPads und Probleme mit Wlan
  • Fünf (!!) KMSe gesichtet
  • Bewerberin kam eine halbe Stunde zu früh

Folgen:

  • keins meiner Gespräche konnte ich wirklich vorbereiten, was ich gern mache, damit ich mir nicht wie ein stotternder Idiot vorkomme, der ständig den Faden verliert
  • ich brauchte bei jedem Gespräch die ersten Minuten, um mich zu sammeln, weil ich noch im vorangegangenen steckte
  • zwei Kaffee waren die einzige Flüssigkeitszufuhr zwischen 8 und 15 Uhr
  • Müdigkeit
  • keine der nicht-terminierten Aufgaben habe ich auch nur angefasst

Ja, ziemlich deprimierend. Aber gut, das meiste kann ich ja beeinflussen.


Der Montag war schon genauso gewesen. Als ob deprimierend nicht manchmal auch schöne Folgen hat.

So endete der Montag.