Fahrrad fahren – von Köln nach Oldenburg I

Meine erste längere Radtour machte ich 1983, als ich noch in Hamburg zur Schule ging. Unser Klassenlehrer riskierte es, mit uns 50 km von Lüneburg nach Hitzacker in die Jugendherberge zu radeln. Anfahrt mit dem Zug, dann mit fast 30 8. Klässlern (wilde Klasse) an der Elbe entlang (nicht direkt, wie ich in Erinnerung habe…aber es muss in der Nähe gewesen sein). Erst als ich selbst Lehrer geworden war, habe ich diese Klassenfahrt wirklich hoch einschätzen können – ich kenne kaum Klassenlehrer, die so etwas unternehmen würden.

Mein damaliger bester Freund B., der damals auch bei der Radtour in meiner Klasse dabei war, besuchte mich später dann im Bergischen und wir machten ca. 1986 erneut eine Radtour, in Erinnerung an damals.

Damals gab es noch kein GPSTracking bei den Bildern. Aber ich meine das wäre irgendwo hinter Siegen in Richtung Westen.

Schieben mussten wir damals oft.

Diese Radtour war ungeplant (es sollte Richtung Gummersbach/Olpe gehen). Sie fand im März statt und wir starteten also im Regen. Und während ich ohne Gänge auf einem Hollandrad fuhr, dass ich noch aus Hamburg mitgebracht hatte, konnte mein Freund wenigstens zwischen drei Gängen wählen. Die Lenkertasche bestand aus einem alten Kinderrucksack, den ich bei meiner Tante irgendwo im Keller gefunden hatte. Darin ein Kassettenrekorder mit Batterien, auf dem vier Tage lang ununterbrochen The Cure und The Smiths lief. Es gab ja damals nichts: kein Walkman, kein Smartphone, kein Spotify – ach. Auch keine Funktionskleidung übrigens, dafür ein Regencape in grün. Am zweiten Tag ging der Regen in Schnee über, der von vorbeifahrenden LKWs gern auf mein gespanntes Cape geschleudert wurde.

Ansonsten: Bier und selbstgedrehte Zigaretten.

Heute:

Riese und Müller, Ortlieb, Jack Wolfskin – um mal den Werbeblock einzuschalten.

Etappe 1 Nürnberg – Köln – Syburg (am Fuße der Hohensyburg)

Die Tour wurde geplant von meinem Freund P., mit dem ich zwischen 16 und 18 mehr zu tun hatte. Wir verbrachten u.a. 1987 zu dritt mit T. ein paar Wochen in einem Vorort von Paris, wo die Eltern ein Haus aus Familienbesitz renovierten. Wir arbeiteten ein wenig mit und hatten die restliche Zeit komplett für uns. Ein unglaublicher Sommer.

Am Morgen mit dem Blick aus dem Fenster um 5 Uhr war ich etwas am Zweifeln.

Danach wechselte er die Schule und wir verloren uns aus den Augen. Er heiratete recht schnell, ich war dann noch eingeladen, aber danach trennten sich unsere Wege vorläufig – für gut 20 Jahre. T. ging danach für ein Jahr in die USA, kam wieder, heiratete dann auch, machte mich zu seinem Trauzeugen. Aber das war es dann auch schon. Unser Trio löste sich auf. Aber wir hatten viele Geschichten. Das merkten wir im letzten Jahr, als wir zum ersten Mal seit 1997 wieder zu dritt unterwegs waren.

Aber als ich auf dem Weg zum Haupbahnhof in Nürnberg folgenden Anblick hatte, war ich zufrieden mich überwunden zu haben.

Als ich ca. 2012 beruflich in Köln zu tun hatte, meldete ich mich über Facebook bei P. und wir schafften ein Treffen. Und es war im ersten Moment wieder eine Vertrautheit da, die man so wohl wirklich nur bei Freunden aus seiner Jugend findet. Danach versuchte ich jährlich zu kommen, was nicht immer klappte, aber reichte für Spaziergänge durchs Belgierviertel in Köln oder das Kwartier Latäng – mit angenehm übertriebenem Alkoholkonsum und Übernachten auf dem Sofa, als wenn man noch mal 18 wäre. Es hatte sich als Tradition genau die Karnevalswoche eingependelt, hier in Bayern eine Ferienwoche und ich machte 24h-Urlaube draus.

In der Bahn selbst war anfangs viel Platz, das änderte sich dann aber. Zu allem Unglück war ich in den falschen Waggon eingestiegen, der aber dieselbe Platznummeriung hatte wie im richtigen Wagen. Das habe ich bis heute nicht verstanden.

Eine erste Fahrradtour unternahmen wir hier von Nürnberg nach Regensburg in zwei Etappen an Pfingsten 2018. Meine erste Tour nach 15 Jahren, desaströs. Aber P. meinte ganz wertneutral, ich sollte es doch mal mit einem E-Bike versuchen. Das tat ich dann.

Über die Mühlheimer Brücke dann nach Nordost. Vor mir mein Freund P.

Und dann kamen wir nach einigem Hin- und Her auf die Tour von Köln nach Oldenburg.

Ein letzter Blick auf den Kölner Dom.
Von Köln aus ging es dann ins Bergische Land, welches seinem Namen alle Ehre macht – und ja, ich weiß, dass der Name nicht von den Bergen kommt, sondern vom Herzogtum derer von Berg (ursprünglich Grafen) – ach, kann man alles in Wikipedia nachlesen..

Ich mag es übrigens total gern, wenn ich Orte, die mir einigermaßen vertraut waren in der Vergangenheit, Jahre und Jahrzehnte später dann mit dem Fashrrad entdecke. Daraus ergeben sich ganz andere Perspektiven. Ich nutze daher u.a. einen Fahrradverleih, der deutschlandweit in den Großstädten Räder anbietet. Aber wenn es geht, nehme ich ab diesem Jahr eben auch mein eigenes mit.

Hagen, Symbolbild.

Aus dem Bergischen kamen wir dann nach Hagen, was eine recht traurig anmutende Stadt ist. Dies Trostlose war bei vielen Städten in der Region zu erkennen. Ich dachte ursprünglich, man hätte viel im Ruhrgebiet erreicht nach dem Wegbrechen der Kohleförderung, aber das hatte wohl noch nicht alle erreicht.

Hagen, Rangierbahnhof.
Idyllisch wurde es dann erst wieder an der Hohensyburg, wo wir den Campingplatz erreichten.
Einzelzimmer, war klar.

In Hohensyburg auf dem Campingplatz trafen wir Manfred, der aus der Pfalz kam und jedes Jahr Radtouren quer durch Deutschland unternimmt: 1000 bis 2000km am Stück, über mehrere Wochen. Ich wollte ihn noch fragen, was seine Frau dazu sagt, aber er wirkte sehr zufrieden. Allerdings auch sehr redselig, was nicht so meine eigene Art ist. Zum Glück war ich mit einem Rheinländer unterwegs, der das Reden übernahm. Ebenfalls allein unterwegs war eine Dame, die gut zehn Jahre älter war als wir und dort auch mit Rad campte. Sie war auf dem Weg nach Bremen, um dann mit dem Zug nach Hamburg zu fahren, wo sie lebte.

Ich bin immer wieder überrascht wieviele Menschen mit dem Fahrrad allein unterwegs sind. Wenngleich ich an Pfingsten ebenfalls allein war und schon weitere Touren plane. Wenngleich zeitgleich mit uns ein von mir geschätzter Kollege aus der Gegend, wo wir übernachteten, ebenfalls auf eine langen Tour unterwegs war.

Überblick, erster Tag. 120km (ich hatte noch die 15km zum Bahnhof Nürnberg)

Etappe 2: Von Hohensyburg nach Lippstadt (endend in Lipporg)

Mein Freund P. übrigens meinte gleich nach dem Losradeln in Köln zu mir, dass er es gewohnt sei, allein zu radeln und wenn man zu zweit sei, ginge das schon auch, jeder in seinem Tempo und seinem Trott, jeder mit sich selbst beschäftigt – und in Gedanken ergänzte ich: jeder mit seinen eigenen Dämonen.

Tag 2 sollte die Ruhrgebietsroute werden.

Spartanisches Frühstück, nachdem es in der Nacht geregnet hatte.
Umso besser dann das zweite Frühstück in Dortmund, wo es beim REWE Mettbrötchen für einen Euro das Stück gab. Ich unterbrach sofort meine vegetarische Diät (die ohnehin eine pescatorische Diät war)
Datteln-Hamm Kanal, Höhe Lippoltshausen
Lippoltshausen
Kurz vor Werne
Und dann kam das Wetter hinter uns.
Und erwischte uns, so dass wir in den Hauptbahnhof von Hamm flüchteten, nass bis auf die Knochen.

Das ursprüngliche Ziel war ein Campingplatz hinter Lippstadt, aber wir waren so entnervt, dass wir deutlich früher in Lipporg ein kleines Hotel mit Gaststätte ansteuerten. Und dort war ich nicht nur wegen des Betts sehr froh, sondern auch, weil wir auch ein sehr starkes Abendessen bekamen.

Wir kamen mit dem Koch ins Gespräch und ich wollte wissen, was denn in Ostwestfalen-Lippe so als regionale Küche gilt. Danach wurde das Gespräch länger und am Ende zog er sich in die Küche zurück und es gab nach einiger Zeit:

  • eine westfälische Hochzeitsuppe (stand schon auf der Karte)
  • ein Braten aus der Schulter, lang und langsam gegart, mit einer Jus und einem frisch zubereiteten Stielmus (wurde für uns zubereitet, also Letzteres)
  • Rosenblüteneis mit Rosenblütengelee auf Vanillejoghurt (Karte)
Rosenblüteneis

Sollten Sie in der Gegend unterwegs sein, kehren Sie ein im Gasthof Willenbrink. Unbedingt.

Strecke am zweiten Tag. 80km.

P. und ich sind auf unterschiedliche Weise ähnlich extreme Charaktere. Und wir haben extreme Wendungen grad hinter uns oder vor uns. Dass wir uns treffen, mag daher kein Zufall sein. Ich bin jedenfalls froh, dass er aktuell da ist.

Wir sehen uns in zwei Wochen wieder. Da findet das 30jährige Abiturtreffen statt.

Dritter und vierter Tag der Tour folgen.

Brain-Dump 2019-05-20-Montag

Gelesen werden.

Auf dem letzten Dienstgespräch der mittelfränkischen Realschuldirektoren sprach mich ein Kollege an: „Ich habe Ihre letzte Veröffentlichung gelesen.“ Ich kam ob dieser Bemerkung ins Grübeln, denn meine letzte Veröffentlichung liegt um die zehn Jahre zurück. Erst nach einer Nachfrage stellte sich heraus, dass er meinen Blog meinte.

Auf der letzten Fortbildungswoche für neu ernannte SchulleiterInnen der Realschule in den Osterferien gab es am letzten Tag einen Schulleiter/Dozenten zum Thema Öffentlichkeitsarbeit, den ich über ein Lehrerforum schon vor einigen Jahren kennengelernt hatte. Er fragte vorab, ob der zum Thema auch meinen Blog vorstellen könnte, weil er schon so lang darin lese und sich immer wieder selbst darin wiederfände. Wir tauschten uns kurz darüber aus, ob Bloggen auch als Öffentlichkeitsarbeit gedeutet werden könnte. Wir glauben, man kann. Öffentlichkeitsarbeit habe ich mir jedenfalls rot im Notizbuch markiert.

Heute saß ich vor meinem Büro mit SchülerInnen auf dem Boden (neuer Teppichboden, musste ich mal testen), um ein Projekt einer Schülerin zu besprechen. Eine andere Schülerin fragte, wann ich denn das nächste Mal was auf meinen Blog schreiben würde.

Dies heute ist für Dich, Katja.

Fahrrad fahren – Stress, immer noch, immer wieder

Ich mache ja gern mal Werbung: Wenn Sie in der Nähe von Igensdorf wohnen und ein Fahrrad suchen…

Ich fahre Rad und nähere mich den 2000 Kilometern. Zwei Touren sind in Vorbereitung, eine für Pfingsten allein in Bayern (Nürnberg-Landshut-München; einen Realschuldirektor besuchen), eine in den Sommerferien mit einem Freund (eventuell Todesstreifen/Deutsch-Deutsche Grenze von der Elbe aus südwärts).

Erster Ausflug mit dem Rad: Hopfenstangen im Hinterland meines Wohndorfes.

Fahrradfahren löst meinen Stress nicht auf, schafft aber einen guten Gegenpol. Dachte ich jedenfalls.

Erster Ausflug: Jüdischer Friedhof in Schnaittach.

Aber ich habe vor einiger Zeit gemerkt, dass ich Rad fahre wie ich arbeite: verbissen und mit Scheuklappen. Morgens rauf aufs Rad und wie auf Schienen in die Arbeit fahren. Nachmittags irgendwann den Rückweg, ohne wirklich stehenzubleiben.

Anfangs war es morgens ganz schön kalt.

Ich habe viel gesehen, aber das rauschte alles an mir vorbei.

Rückfahrt nachts nach Elternbeiratssitzung. Wöhrder See, Nürnberg

Vor einer Woche, montags, stand ich unter Strom wie seit langem nicht mehr. Vor einem Jahr hatte ich das mal. Damals bin ich mit dem Auto auf einen Parkplatz in den Wald, ausgestiegen und 500m durchs Unterholz in den Wald gerannt, bis ich mich wieder beruhigt hatte.

Vor einer Woche dann ähnliche Stimmung. Auf dem Rad. Und ich bin dann irgendwann einfach mal stehengeblieben und habe mich auf eine Bank gesetzt, um runterzukommen.

Bankperspektive, Wald.

Seitdem sage ich mir immer wieder, dass es sich lohnt mal stehenzubleiben.

Mitten im Wald gibt es auf meine Strecke eine steinerne Brücke. Nach meiner Einschätzung ohne die Möglichkeit von Autoverkehr.

Und einfach mal zuzuhören.

Wenn man auf der Brücke mal 30 Sekunden stehenbleibt. Im Hintergrund rauscht die A3. Egal.

Und einfach mal ein Foto zu machen.

Eine Schafherde bei Erlenstegen.

Stress ist eine verdammte Scheiße.

18 Jahre Schulleiter: Coaching Liste

Coaching

Meine Liste von Aufgaben, beim Coaching festgelegt und aufgeschrieben vor zwei Wochen. Unten dann, was daraus geworden ist.

  1. Teller
  2. Büroampel
  3. Jeden Tag eine Scheißaufgabe erledigen.
  4. Rektor des Nachbargymnasiums anrufen und fragen, ob er mich coachen kann.
  5. Grenzen ziehen, Freiräume schaffen.
  6. Mit Dingen beschäftigen, mit denen ich mich schon lang oder immer weniger beschäftigt habe: mehr Golf spielen, wieder mal Angeln gehen, Bass in die Hand nehmen, Internetprojekte, Fotos sortieren
  7. Weniger Multitasking, mehr Fokus auf das, was ich im Augenblick mache
Mein Schreibtisch an dem Vormittag, als ich nach einer Woche auf Fortbildung wieder in der Schule war (eine Woche Post aufarbeiten). In der Regel lege ich meine Stulle oder meine Butterbreze vor der Tastatur ab, alternativ auf einem Aktenordner oder eine Mappe aus Plastik.
  1. Ich benutze jetzt am Schreibtisch immer einen Teller für mein Essen und lege die Butterbreze nicht auf Aktenordnern ab.
  2. Ich habe mir eine Büroampel bestellt, um den Zugang zu meinem Büro neu zu regeln. Kommt morgen.
  3. Ich habe eine DINA4-Seite mit Scheißaufgaben geschrieben, die ich bisher vor mir herschiebe und davon jetzt etwa 75% abgearbeitet, jeden Tag mindestens eine.
  4. Der Rektor des Nachbargymnasiums hat leider auf meine Mail nicht geantwortet. Ich hatte zwei Mal dienstlich mit ihm telefoniert und fand ihn sehr sympathisch. Ich denke, er hat genug zu tun. Aber ich habe mich an eine Direktorin eines anderen Gymnasiums gewandt, die ich schon länger kenne, ja nahezu befreundet bin – und sie fand die Idee ebenso interessant wie ich. Wir haben einen ersten Termin ausgemacht.
  5. Ja. Ich glaube, das ging ein paar Mal.
  6. Mehr Golf – nein – eher weniger, Angeln – nein – kein einziges Mal, Bass – nein, Internetprojekte – nicht wirklich, Fotos – Chaos
  7. Schwierig. Ich merke, dass Dinge leichter von der Hand gehen, wenn ich mich wirklich voll auf sie konzentriere, merke aber im Alltag (gestern), dass ich gern auch davon abweiche und dann ein drei Standardbriefen den ganzen Tag sitze, weil ich mich durch alles Mögliche ablenken lasse, was ich nebenbei erledigen will. Und dann bekomme ich (wirklich nette) Anrufe von der Regierung, dass die drei Briefe wahlweise ein falsches Jahr enthalten, den falschen Paragrafen oder zwei von drei Briefen ohnehin identisch sind, weil ich einen unter zwei Namen abgespeichert habe.
  8. Ich möchte ergänzen, dass es mir auch besser gelingt, den Blick stärker auf die gelungenen Sachen zu richten.

Break #5

Am Wochenende dabei geholfen, ein Haus zum Abriss vorzubereiten. Sie erinnern sich an das Foto in diesem Beitrag? Im Hintergrund sehen sie das Haus. Dieser Blick hier ist der Blick aus dem ersten Stock rechts auf den Hof, wo der Baum lag. Am selben Platz wird später ein neues Haus gebaut. Arbeit bis zur körperlichen Erschöpfung ist immer wieder ein tolles Hausmittel gegen allerlei nicht-körperliche Macken.

Und nein, ich war nicht allein – hatte leider auch nur ein paar Stunden Zeit. Und die großen Hämmer hatten die anderen.