Öffentlichkeit als Partner – mal was Banales

Vor einiger Zeit musste ich mich der Kritik an meinem Blogverhalten stellen. Dabei ging es vor allem darum, dass

  • ich zu viel von mir selbst in die Öffentlichkeit stellte
  • ich die „falschen Dinge“ bloggte, die mich über böse Mitleser in Teufels Küche bringen könnten
  • ich über Dritte bloggte, wiedererkennbar, auch aus Gesprächen heraus
  • ich Institutionen (nicht schulisch) bloßstellte.

Da Indiskretion nicht zu meinen Charaktereigenschaften zählen sollte, war ich darüber wirklich etwas betroffen. Meine Meinungsäußerungen habe ich heraus genommen, eher aus Verbundenheit als aus Einsicht und meine Grundhaltung wurde hier auch noch nicht widerlegt. Aber die Kritik will ich nicht explizit mit Einzelmenschen in Verbindung bringen, weil sie dort nicht hin gehört.

Über die ersten beiden Aspekte habe ich in der letzten Zeit immer wieder nachgedacht. Dabei ging es mir weniger darum festzustellen, wo mein Fehler lag, sondern vielmehr darum herauszufinden, warum andere hier ein größeres Problem witterten. Eine der Gefahren, die mir ja an die Wand gemalt wurden, war die Geschichte mit der „Post-Privacy“-Debatte. Also die Angst vor einer Gesellschaft, in der es keine Privatsphäre mehr geben würde – als Totalaufgabe der Grundrechte, die wir so hoch gehalten haben / halten / was auch immer. Dies, nicht das Mobben, die Pädophilie und der Rechtsextremismus im Netz, sei die eigentlich Gefahr. Und ich sei hier ein Beispiel dafür, dass es in diese Richtung ginge.

Nachdem ich nun alle meine Artikel gesichtet habe, frage ich mich ernsthaft, wo hier eine Gefahr der ultimativen Selbstentblößung stattgefunden hat. Ich konnte es bis heute nicht so recht entdecken.

Beim weiteren Grübeln bin ich gedanklich auf eine Beobachtung gestoßen, die eben besonders bei Lehrern zu entdecken ist. Hier mag man zwei große Gruppen unterscheiden: diejenigen, die eine sehr große Distanz zum Schüler/der Schule brauchen und diejenigen, die dies nicht benötigen.

Einer der Aspekte, die hier z.B. immer wieder in Lehrerforen diskutiert werden, ist der des richtigen Wohnorts. Die einen wollen möglichst weit weg von der Schule wohnen, weil sie am Nachmittag keine Schüler sehen wollen, bzw. in der Furcht leben, die Schüler könnten alles über das eigene Privatleben herausfinden. Und es gibt die anderen, die diese Furcht nicht kennen.

Es gibt diejenigen, die mittags um 13.00 Uhr möglichst schnell das Schulhaus verlassen, keine außerunterrichtlichen Schulveranstaltungen besuchen, in keiner Unterrichtsstunde Privates besprechen und auch sonst nur schulische Dinge zwischen sich und dem Schüler sehen wollen. Und es gibt die anderen.

Ich meine zu verstehen, warum hier ein Problem gesehen wird. Der Lehrer ist von Anfang an eine öffentliche Person, die in besonderem Maße unter der Beobachtung anderer Leute steht, sei es innerhalb der Schule oder außerhalb. Und wie alle Deutschen grundsätzlich die geeigneten Bundestrainer sind, so sind sie auch alle die besten Lehrer. Dass dieses Ausgesetztsein Unsicherheit hervorrufen kann oder auch Ermüdung, liegt auf der Hand.

Zwischenbemerkung: Man mag mich nicht falsch verstehen – ich sehe hier zuvorderst keine Bewertung: jeder macht seine Arbeit wie sie am besten zu ihm passt. Gute und schlechte Lehrer will ich an anderen Maßstäben bemessen sehen.

Für mich gibt es dieses Problem nicht in der Art. Ich habe ein ausgeprägtes Privatleben mit verschiedenen Hobbys und auch das Zusammenleben mit meiner Frau gestaltet sich spannend genug. Dennoch habe ich keine Probleme damit, wenn Schüler an unserem Grundstück vorbeigehen und stehen bleiben, um ein Schwätzchen zu halten. Dennoch wechsle ich nicht die Straßenseite, wenn mir Eltern begegnen. Ich erzähle im Unterricht auch Dinge über mich, wenn man mich fragt. Und ich habe keine Probleme damit, meine Frau vor Schüleraugen zu küssen, wenn sie mich in der Schule abholt. Die Schule und der Kontakt zu Schülern ersetzt mir nicht mein Leben.

Mein Seminarrektor im Referendariat sagte einige Dinge, an die ich mich immer wieder erinnere. Wichtig war dabei auch seine Anmerkung darüber, wie man als Lehrer in der Öffentlichkeit stehen sollte. Er war der Überzeugung, dass ein Lehrer nicht nur in der Schule aktiv sein sollte, sondern auch außerhalb der Schule, in der Gemeinde, in Vereinen und auch in Leserbriefen in den regionalen Zeitungen. Er sollte präsent sein, um auch gegen das allgemein vorherrschende Bild von Lehrern angehen zu können.

Um den Bogen zu spannen: Nicht anders erscheint mir mein Blog oder der von anderen Lehrern. Es ist die quasi logische Fortführung der Öffentlichkeit, die man als Lehrer ohnehin hat. Es ist das Präsentsein im Netz, in Facebook, Google+, in Foren und an anderen Orten. Jedem bleibt auch hier die Wahl, ob er es anonym macht oder unter Vollnamen – oder auch in einer Mischform, wie ich es hier tue. Aber es ist in meinen Augen die Weiterführung der Öffentlichkeit, die man als Lehrer ohnehin besitzt – auch wenn man sie negiert. Und der Blog ist die Möglichkeit für mich, diese/meine Öffentlichkeit mit zu bestimmen und mit zu gestalten. DAS erscheint mir wichtig.

Und jeder Link, der sich „Kommentar“ nennt ist damit eine Aufforderung. Für andere hier und für mich woanders.

Deutsch – leicht gemacht 4: Das Blog, Bloggen und die Blogosphäre

Habe morgen das Glück, dass ich meine 9. Deutschklasse zwei Stunden in Vertretung habe. Glück, weil ich IT vertreten muss, ergo der Computerraum meiner sein wird.

Da ich schon ein wenig mit Wikis experimentiert habe, dachte ich nun morgen etwas zum Thema Bloggen zu machen, jedenfalls in der ersten Stunde. Die zweite soll dazu genutzt werden, erste Infos zu den Literaturreferaten im nächsten Schuljahr zu sammeln. Eventuell versuche ich sie dazu zu bewegen, ihren Fortschritt dann in Blogs zu dokumentieren. Mal sehen. Vielleicht Wiki.

Für morgen aber folgende Aufgaben auf einem Arbeitsblatt: SQ 00 Bloggen

 

1. Herausfinden, was ein Blog ist

Suche folgende Adresse auf:

http://generationenwandernaufdemjakobsweg.blogspot.com/

Es handelt sich bei dieser Seite um ein sogenanntes Blog. Finde auf folgende Fragen kurze Antworten und notiere sie dir.

Worum geht es in diesem Blog?

Wer schreibt dieses Blog?

Wie sind die Beiträge in diesem Blog geordnet?

Wie kann man zu älteren Beiträgen kommen?

Was bedeutet der Link „Kommentare“?

2. Beschreiben, was ein Blog ist

Suche folgende Adressen auf

http://www.cutischmidt.de/

http://www.kpz-nuernberg.de/blog/

http://elefantenklasse.de/startseite/home…./

http://keksdidaktik.de/?p=543

A) Gib je in einem Satz wieder, um welche Themen sich diese Blogs drehen.

B) Versuche eine Definition in einem Satz: Was ist ein Weblog?

3. Überprüfe deine Ergebnisse selbst

http://www.stefanbucher.net/weblogfaq/

 

Ich habe leider wenig echte Schülerblogs gefunden. Lisa Rosa brachte mich zumindestens auf den tollen Jakobs-Wanderweg-Blog. Die anderen, die ich angegeben habe, werden zum Teil nicht weitergeführt.

Eine knappe Übersicht zum Thema Wiki und Weblog im Unterricht fand ich auch noch.

PS: Aus irgendeinem Grund hat die Stunde leider nicht stattgefunden – sah aber auf dem Papier ganz gut aus.

Die Pest in den Ohren

Was muss passieren, wenn man morgens aufwacht und die ersten Zeilen, die einem durch den Kopf sausen, lauten

„Moskau, Moskau, Liebe schmeckt wie Kaviar, Mädchen sind zum Küssen da…“

Mal abgesehen davon, dass ich beim ersten Hören immer verstanden habe „Liebe schmeckt wie Kabeljau…“ – aber nun habe ich den ganzen Tag die Pest in den Ohren gehabt.

Die kurze Version? Ne, ne…so kommt ihr mir nicht davon.

Vor zwei Jahren kam eines Nachts, wie berichtet wurde, die katholische Religionslehrerin auf die Idee, dass die Klassleiter der Abschlussklassen auf der Zeugnisverleihungsfeier zusammen einen Song performen sollten.

Der Klassleiter der 10d war Feuer und Flamme – er ist Musiklehrer. Die Klassleiterin der 10c schnappte die Gitarre – sie war die bewusste Religionslehrerin. Der Klassleiter der 10b steuerte den Song bei, den er schon zu anderer Gelegenheit gesungen hatte. Und der Klassleiter der 10a konnte weder singen noch beherrschte er ein Instrument – das war nämlich ich. Also drückte man mir einen E-Bass in die Hand und malte vier Töne auf Papier auf. Ein Schüler machte das Schlagzeug – fertig war der Lack.

Folgender Song kam zur Aufführung.

httpv://www.youtube.com/watch?v=5bsT1OBJ5mA

Ein Jahr später – die Idee lebte weiter. Ich wurde zu Sting, ohne dass ich Klassleiter war, aber als Zweiter Realschulkonrektor kann man sich schon mal reindrängen.

Sting, Stewart, Adams

Mittlerweile hatte ich mir einen Bass-Lehrer gesucht, der zwar 23 Jahre jünger als ich ist, aber meine Frau bürgte quasi für ihn, nachdem er in Geschichte am Gymnasium gegenüber wohl einen guten Eindruck hinterlassen hatte. Außerdem ist er haartechnisch ein Geistesverwandter.

Dieses Jahr. Ich spiele ab und zu mit dem Musiklehrer im Musikraum ein paar Takte. Unser Favorite:

httpv://www.youtube.com/watch?v=__CgYU8eNoM

Ich spiele immer noch E-Bass. Ich liebe dieses Stück.

Gestern gab es den alljährlichen Musikabend an der Schule – den ich jedes Mal genieße, weil ich einen Teil meiner Schüler dort sehe, wie sie mit viel Spaß und viel Freude und Arbeit etwas Tolles schaffen. Ich könnte mich in nicht unerhebliche Sentimentalität ergehen, wenn es meine Art wäre.

Der Musiklehrer hatte es nicht nur geschafft, mich für ein neues Stück zu gewinnen, sondern auch den Direktor dazu zu bringen, seine Trompete zu entstauben. Und heraus kam – in einer kürzeren Fassung –

httpv://www.youtube.com/watch?v=cqwmDNPegnM

Erstaunlich fand ich bei mir selbst, der ich tagtäglich vor Schülern stehe und meine eigene Performance abliefere, dass das Lampenfieber so derart groß wurde.

Nun gut – kurz. Letzte Woche kam der Musiklehrer mit einem Song für den Lehrerchor mit Lehrerbandbegleitung (! Wir sind schon „Lehrerband“). Mit Hilfe meines Basslehrers konnte ich ihn in wenigen Tagen lernen und auch der Song kam gestern.

Und seitdem habe ich die Pest in den Ohren.

 


PS: Basslehrer.

httpv://www.youtube.com/watch?v=SGkMmt1_Hlg

Deutsch – schnell gemacht 4: Rezension und Rezession

Habe grad den „Bahnwärter Thiel“ in der Mangel. Schnelldurchlauf am Ende des Schuljahres – dennoch finde ich die Novelle nach wie vor ziemlich toll.

Oft wusste ich früher nicht, wie ich am Ende der Besprechung zu einem Ende finden konnte. Ab diesem Jahr habe ich zumindestens eine Idee, die mir ganz gut taugt, und zwar die Arbeit mit Rezensionen aus dem Netz – am einfachsten über Amazon.de.

Angefangen hat das bei der Novelle „Zweier ohne“, die ich in der 10. besprochen habe.  Hier wählte ich als Einstieg – die Schüler hatten die Lektüre schon ganz daheim gelesen – drei verschiedene Rezensionen, deren Inhalt erarbeitet werden sollte. Entschieden hatte ich mich für die Rezensionen zu Zweier ohne mit folgenden Usernamen:

  • Gunnar Endruschat „Bücherwurm“: Eines der schlechtesten Dinge, die je lesen musste
  • Frank Cihak: Beeindruckend
  • TomTom: Eine realitätsnahe Jugendfreundschaft, die fragwürdig wird

Ausgewählt habe ich sie, weil man recht typisch daran die verbreitete Art Rezensionen zu schreiben erkennen kann, bei denen diffuse Vorstellungen und Eigenempfindungen die Bewertung bestimmen.  Aber es lässt sich auch etwas tiefer gehen, denn Cihak und TomTom z.B. nennen beide ähnliche Beobachtungen am Text, gewichten sie aber für ihre Meinung unterschiedlich. Es scheint auch, dass der eine auf den anderen eingegangen ist.

In jedem Fall war es den Schülern nun auch möglich anhand der Rezensionen ihre eigenen Merkmale guter (auch kritischer) Kommentare zu entwickeln und sich eine Meinung zu bilden.

Als Empfehlung gebe ich übrigens mit auf den Weg, dass man sich bei besonders auffälligen Rezensionen mal anschauen sollte, welche Bücher vom selben User noch „behandelt“ werden. Das ist oftmals sehr aufschlussreich.

In einem kleinen Arbeitsheft zum Bahnwärter Thiel aus dem Schroedel Verlag fand ich „meine Idee“ nun wieder. Wieder Amazon. Wieder Rezensionen. Ich habe jetzt drei ausgewählt, die unterschiedlich ausgewogen und vertieft an die Sache herangehen. Aufgabe für die Schüler soll nun sein, selbst eine gelungene Rezension zum Bahnwärter Thiel zu schreiben. Logisch.

Ausgewählt wurden:

  • Julia Tkocz: Einer Waschmaschine zu zuschauen ist interessanter, (1 Stern)
  • D. Filip: Rezension (3 Sterne)
  • Fiona: Rang von Weltliteratur (5 Sterne)

Hier zeigt sich in unterschiedlicher Abstufung, wie an eine Meinungsäußerung herangegangen wird, bzw. auch, was eine vertiefte Auseinandersetzung  mit dem rezensierten Gegenstand bringen kann.

PS: Man sollte diese Sache auf jeden Fall im Unterricht mal machen, um diesen unsäglichen Fehler auszurotten, der immer von einer „Rezession“ spricht.