Deutsch – schnell gemacht 4: Rezension und Rezession

Habe grad den „Bahnwärter Thiel“ in der Mangel. Schnelldurchlauf am Ende des Schuljahres – dennoch finde ich die Novelle nach wie vor ziemlich toll.

Oft wusste ich früher nicht, wie ich am Ende der Besprechung zu einem Ende finden konnte. Ab diesem Jahr habe ich zumindestens eine Idee, die mir ganz gut taugt, und zwar die Arbeit mit Rezensionen aus dem Netz – am einfachsten über Amazon.de.

Angefangen hat das bei der Novelle „Zweier ohne“, die ich in der 10. besprochen habe.  Hier wählte ich als Einstieg – die Schüler hatten die Lektüre schon ganz daheim gelesen – drei verschiedene Rezensionen, deren Inhalt erarbeitet werden sollte. Entschieden hatte ich mich für die Rezensionen zu Zweier ohne mit folgenden Usernamen:

  • Gunnar Endruschat „Bücherwurm“: Eines der schlechtesten Dinge, die je lesen musste
  • Frank Cihak: Beeindruckend
  • TomTom: Eine realitätsnahe Jugendfreundschaft, die fragwürdig wird

Ausgewählt habe ich sie, weil man recht typisch daran die verbreitete Art Rezensionen zu schreiben erkennen kann, bei denen diffuse Vorstellungen und Eigenempfindungen die Bewertung bestimmen.  Aber es lässt sich auch etwas tiefer gehen, denn Cihak und TomTom z.B. nennen beide ähnliche Beobachtungen am Text, gewichten sie aber für ihre Meinung unterschiedlich. Es scheint auch, dass der eine auf den anderen eingegangen ist.

In jedem Fall war es den Schülern nun auch möglich anhand der Rezensionen ihre eigenen Merkmale guter (auch kritischer) Kommentare zu entwickeln und sich eine Meinung zu bilden.

Als Empfehlung gebe ich übrigens mit auf den Weg, dass man sich bei besonders auffälligen Rezensionen mal anschauen sollte, welche Bücher vom selben User noch „behandelt“ werden. Das ist oftmals sehr aufschlussreich.

In einem kleinen Arbeitsheft zum Bahnwärter Thiel aus dem Schroedel Verlag fand ich „meine Idee“ nun wieder. Wieder Amazon. Wieder Rezensionen. Ich habe jetzt drei ausgewählt, die unterschiedlich ausgewogen und vertieft an die Sache herangehen. Aufgabe für die Schüler soll nun sein, selbst eine gelungene Rezension zum Bahnwärter Thiel zu schreiben. Logisch.

Ausgewählt wurden:

  • Julia Tkocz: Einer Waschmaschine zu zuschauen ist interessanter, (1 Stern)
  • D. Filip: Rezension (3 Sterne)
  • Fiona: Rang von Weltliteratur (5 Sterne)

Hier zeigt sich in unterschiedlicher Abstufung, wie an eine Meinungsäußerung herangegangen wird, bzw. auch, was eine vertiefte Auseinandersetzung  mit dem rezensierten Gegenstand bringen kann.

PS: Man sollte diese Sache auf jeden Fall im Unterricht mal machen, um diesen unsäglichen Fehler auszurotten, der immer von einer „Rezession“ spricht.

App-Tipp iMac: FocusMask

FocusMask (Link zum iTunes-Store) ist ein kleines Programm für den Mac, welches mir grad eben recht gute Dienste erwiesen hat. Ich korrigiere grad Abschlussprüfungen und mache das i.d.R. direkt mit laufendem Computer. Da gebe ich dann die Einzelnoten ein, lasse mir Gesamtnoten ausrechnen und schreibe einen ersten Entwurf der Verbalbeurteilung – alles in eine Filemaker-Datei, die ich seit 2003 benutze.

Dass der Mac läuft hat vor allem aber den Nachteil, dass man ständig versucht ist, woanders nachzuschauen, zu surfen, zu spielen etc. Mit FocusMask geht man gegen den kleinen Schweinehund ein wenig vor – arbeiten muss man leider noch allein.

Mit diesem App kann man alles, was um die Anwendung, die man zur Arbeit braucht, herum offen liegt, ausblenden – ich hab den Hintergrund dabei einfach schwarz belegt, man kann aber was durchscheinen lassen (nicht sehr sinnvoll).

Bildmaterial mit Beschreibungen findet man hier.

Ist nur ein kleiner Effekt, aber der Focus liegt eben nun nur noch auf der wichtigen Anwendung und die Versuchung wird geringer.

Deutsch schnell gemacht 3 – Interpretieren, bei Herrn Rau geklaut und erweitert. Oder: Der Haifisch hat immer noch Zähne.

(Bild: Rita Gäbel  / pixelio.de)

Im Blog von Herrn Rau stieß ich auf einen Beitrag, der sich um das Thema „Interpretieren – was ist das?“ drehte. Um seinen Ansatz zu vermitteln, verglich er das Interpretieren eines Gedichts mit der Interpretation von Liedern – am Beispiel von „I’m on fire“ von Bruce Springsteen. Seinem Vorschlag folgend versuchte ich das vor einem Jahr mal mit einer lyrikfernen Klasse, um ihnen ansatzweise eine Ahnung zu geben, dass interpretieren nicht nur heißt, den Inhalt eines Gedichts wiederzugeben oder die Reime zu zählen.

Die Suche nach den verschiedenen Coverversionen von „I’m on fire“ war schon interessant genug und man konnte damals mit den Schülern z.B. auch darüber reden, was schlechte Interpretationen sind, bzw. Deutungen, die am Text vorbeigehen.

In diesem Jahr fiel mir das wieder ein, aber konkret im Zusammenhang mit der Behandlung von Bert Brecht. Hier lag es nahe, mal bei Mr. Youtube nach den verschiedenen Bearbeitungen von „Mackie Messer“ zu suchen, um sie später per iPad – 😉 – im Unterricht zu präsentieren.

Die Bandbreite der entsprechenden Videos kann der geneigte Leser betrachten, wenn er unten auf Read On klickt.

Kurz ein paar Notizen.

Die Erarbeitung der Ausgangsfrage  erfolgte schrittweise

– Mackie Messer als Text ausgeben und in einer ersten Erarbeitung den Inhalt beschreiben lassen

– erste Äußerungen über ein inneres Kino zulassen, in denen dargestellt wird, welche inneren Bilder bei diesem Gedicht auftauchen

– Vgl. der Ergebnisse mit der Fassung von 1929 (Ernst Busch)/ alternativ mit einer reinen Hörfassung, im Plenum, Aspekte dabei

  • Welche Mittel werden zur Darstellung eingesetzt?
  • Welche Wirkung haben diese?
  • Stimmung getroffen?
  • Vgl. mit dem inneren Kino
  • abschließende Bewertung

– im weiteren Verlauf kann der Schüler andere Fassungen selbst finden und entsprechend erarbeiten und seine Ergebnisse präsentieren

– Ziele dabei sind m.E.

  • zu erkennen, dass Interpretieren heißt, vom Text ausgehend das Werk mit Bedeutung aufzuladen
  • zu sehen, dass sich der Dichter „schon was dabei gedacht hat“, aber den letzten Sinn oder die Wirkung seiner Arbeitsergebnisse nur ansatzweise antizipieren oder mitbestimmen kann
  • zu vermuten, dass der Dichter dies auch weiß
  • zu verstehen, dass der Rezipient zwingend zum Werk und seinem Verständnis dazu gehört, und damit auch seine Vorstellungen und seine Leseweise
  • zu merken, dass man eben nicht „bei einem Gedicht interpretieren kann, was man will“, sondern dass u.a. der Text die Grenzen vorgibt und
  • es damit gute und schlechte Interpretationen gibt
  • zu entdecken, dass innerhalb dieser Grenzen aber eine Menge möglich ist, ohne das Werk an sich zu verfälschen
  • zu beschreiben, wie Form und Inhalt zueinander stehen (vgl. auch hier unten Max Raabe „Zuhälterballade“)

Bei meiner Suche bin ich noch auf zwei andere Brecht-Songs gestoßen, die in diesem Zusammenhang lohnenswert schienen:

der Alabama-Song – hier in einer Version von Marilyn Manson (gibts auch von den „Doors“, David Bowie u.a.)

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http://www.youtube.com/watch?v=54xl8u6LUaA

die Zuhälterballade – hier in der Version von Max Raabe

http://www.youtube.com/watch?v=_W18kf6V1PA

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