Viel geredet wurde ja in letzter Zeit über Offene Bildungsmedien. Gleichzeitig habe ich mich gefragt, welche meiner Arbeitsblätter eigentlich so gestaltet sind, dass sie einer Urheberrechtsprüfung standhalten könnten. Und ich habe sogar einige gefunden. (Theoretisches zur Diskussion eher unten unter Fazit – Nicht-Deutschlehrer überspringen einfach)
Eigentlich ist es ja ganz einfach. Ich nehme als Beispiel meine „Dichter als Staatsfeinde“-Sequenz. Auf der einen Seite habe ich Georg Büchner und seinen Hessischen Landboten schon besprochen. Die Schüler erarbeiten Woyzeck. Die Texte sind gemeinfrei, d.h. über spiegel-gutenberg legal zu bekommen. Ein Porträt Büchners gibt es ebenfalls bei Wikimedia, ebenso wie den Steckbrief.
Leite ich weiter über zu Heinrich Heine, ohne Frage. Gehe den Wikipedia-Artikel durch, finde ausreichend Material. Habe aber z.B. ein eigenes Foto von seinem Grab in Paris (Deutschlehrer eben).
Übrigens: Wolf Biermann erzählte mal auf einem Konzert die Anekdote, dass die Nazis, nachdem sie Paris erobert hatten, den Namen Heines von seinem Grab gemeißelt hätten. In den Nächten danach hätte die Resistance diesen aber immer wieder hingepinselt. Passend dazu erwähne ich den Umstand, dass das Gedicht über die Loreley im 3. Reich den Zusatz trug: Verfasser unbekannt. (Hinweis im Abschnitt Vertonungen)
Zielrichtung ist klar: Heine als Übergang von Romantik zum Vormärz/Neues Deutschland, als Kritiker politischer Zustände, als jemand, der um seine Wirkung und seine Bedeutung weiß.
Seltsamerweise ist der letzte Punkt etwas, was mir auch erst nach dem Studium klar geworden ist und ich heute durchaus versuche zu vermitteln: dass natürlich Dichter nicht in Epochenmerkmalen denken und arbeiten (das wusste ich schon früher), dass sie aber in der Regel ihre Bedeutung über sich und ihre Zeit hinaus durchaus einschätzen können. Heine jedenfalls konnte das.
Einstieg
Entsprechend die Textauswahl. Mir fällt ein Gedicht ein, welches ich während der Vorbereitung auf das Erste Staatsexamen mal auswendig gelernt habe – zur Entspannung – im Heinejahr 1997.
Mein Herz, mein Herz ist traurig (Wikisources)
Der Einstieg in die Stunde funktioniert, wenn man die letzten beiden Strophen zunächst vorenthält. Dann kommt man schnell auf die vielen romantischen Motive (die ja ins Groteske übersteigert werden, wenn man die Mädchen anschaut, die über die Wiese springen) – und letztlich auf den Kontrast der beiden letzten Strophen. Hier wird nicht nur das „Totschießen“ thematisiert, sondern auch der Umstand, was denn der Soldat da eigentlich in diesem Bild zu suchen hat. Kann ja nur ein ungeliebter Preuße sein.
Vertiefung
Und da wir schon bei den Preußen sind, nehmen wir gleich ein weiteres Heine-Gedicht aus den späteren Jahren.
Der Wechselbalg (Wikisources)
Es gibt m.E. wenig andere Gedichte, die derart direkt bloßstellen und angreifen. Die Leichtigkeit von Heine-Gedichten scheint hier nicht ganz sichtbar.
Mit Friedrich Wilhelm IV. thematisiere ich gleichzeitig seine Mittelalterbegeisterung und den wiederaufgenommen Dombau zu Köln. Gewinnbringend hier aber natürlich, wenn man die einzelnen Worte, die Heine hier verwendet, bestimmen lässt und dann die Zielfiguren identifizieren kann. (Schnelle Handy-Recherche?) Spätestens jetzt muss man nicht mehr fragen, warum Heine den Haftbefehl bekam – nach dem Wintermärchen im Dezember desselben Jahres.
Abschluss
Alle drei Materialien kann man locker auf ein Blatt gruppieren. Links „Mein Herz“, darunter „Der Wechselbalg“. Rechts dann das Foto, darunter habe ich noch ein weiteres Zitat gesetzt, welches ein ziemlich deutliches Aufflackern des Heineschen Geistes zeigt.
Wünsche: bescheidene Hütte… (Wikiquotes)
„Friedliche Gesinnung. Wünsche: bescheidene Hütte, Strohdach, aber gutes Bett, gutes Essen, Milch und Butter, sehr frisch, vor dem Fenster Blumen, vor der Türe einige schöne Bäume, und wenn der liebe Gott mich ganz glücklich machen will, läßt er mir die Freude erleben, daß an diesen Bäumen etwa sechs bis sieben meiner Feinde aufgehängt werden – Mit gerührtem Herzen werde ich ihnen vor ihrem Tode alle Unbill verzeihen, die sie mir im Leben zugefügt – ja, man muß seinen Feinden verzeihen, aber nicht früher, als bis sie gehenkt worden. – Versöhnlichkeit, Liebe, Barmherzigkeit.“
Abschließend Arbeitsaufträge.
Fazit
Ich wollte eigentlich ein Arbeitsblatt erstellen und quasi den Gedankengang dabei erläutern – und das Ganze dann bezogen auf OER. Ich merke aber auch wieder, dass Arbeitsblätter es allein nicht machen, denn wie ich merkte, besteht in meinem Kopf immer eine Verbindung zwischen den einzelnen Materialien – die aber das bloße AB nicht enthält.
Sicher kann ich mich darauf berufen, dass jeder, der sich so etwas lädt, ja das Fach auch studiert hat, aber das ist nicht immer so einfach. Ich bin ein Heine-Fan, kann Gedichte von ihm auswendig hersagen, bringe ihn im Unterricht gern ein. Er ist mein innerer literarischer Haus-Gott und deswegen lese ich alle Zitate. Dafür stehe ich bei Goethe nicht so gut da, besser wieder bei Schiller, schlechter bei Brentano, besser bei…usw.
Also brauche ich hier Material, was mich selbst neugierig macht und herausfordert, mehr herauszufinden.
Und dann kommen die Fragen über das Format, die Bereitstellung.
Wobei ich bei den letzten beiden Fragen immer zwei Dateien anbieten würde: PDF und irgendwas anderes zum Verarbeiten. Das PDF ist notwendig, um die ursprüngliche Gestaltung zu zeigen – und damit eben auch die Idee des Ganzen – der Rest enthält das Material.
Ähnlich läuft das bei Digitale Schule Bayern. Zu denen habe ich jetzt Kontakt aufgenommen, um dort einige meiner ABs einzuspeisen und quasi eine Realschul-Note hinzuzufügen. Ich habe bemerkt, dass ein Blogformat nicht so gut geeignet ist, solches Material bereitzustellen. Besser dann wohl, von hier aus dorthin zu verlinken in Zukunft.
PS: Ein Jahr später, sehe ich gerade, sah das Grab wieder wie neu aus.
PPS: Habe ich jetzt auch alle Medien hier richtig verlinkt und nachgewiesen? Ich bleibe da ja bis zum Schluss unsicher.