Woche 1
Im Prinzip durchgehend mit Magenschmerzen verbracht, die aber schon eine Woche vorher angefangen haben. Ursache war das, was ich mir gewünscht hatte. Neue Schule, neue Kollegen, neue Schüler, neue Stadt, neues Alles. Sowas strapaziert mich. Aber es war in dem Rahmen, in dem ich es erwartet habe.
Verstärkt wurde das aber eben durch das Gefühl in der ersten Woche, nutzlos zu sein. Ich hatte keine Ahnung wie der Laden funktioniert, kannte keine Abläufe, keine Wege – musst sogar nach dem Klo fragen, nach der Kaffeemaschine, wie das Telefon funktioniert, der Kopierer (mordsmäßiges Teil, was heftet, locht und faltet). Dazu keine Aufgaben außer Unterricht. Was hätte ich auch machen sollen? Ich saß halt in meinem Büro.
Woche 2
Ich kann schon allein gehen. Finde die Klassenzimmer auf Anhieb. Kenne schon etwa 25% der Namen. Langsam kommen meine Aufgaben. Langsam weiß ich was.
Erste Abendtermine.
Der Rhythmus am Morgen wird ergänzt durch folgende Gedankenreihen:
- zwanzig vor Sieben die Gartentür schließen
- spätestens 6:55 auf der A6 sein
- vor 7:00 auf der A73
- dann linke Spur, spätestens am Ende des Betonteilers zur A6
- rechte Spur dann nach der Abfahrt in Richtung Würzburg
Woche 3
Und schon werfen die Abschlussprüfungen ihre Schatten voraus, d.h. einer meiner Arbeitsbereiche wird akut. Und damit beginnt alles: Organisation, Gespräche – Gespräche, Gespräche. Weitere Abendtermine.
Schule
Nur noch mal dazu: Eine junge, wachsende Schule. Derzeit über 600 Schüler, final sollen es über 900 werden. Derzeit in einem Übergangsgebäude mit allen Nachteilen (Stellen Sie sich eine Schule in einem Industriegebiet vor, mit Blick auf die Autobahn-Tangente, aber grundsätzlich sehr weiter Blick, im vierten Stock). In 1,5 Jahren der Umzug in den Neubau.
Insgesamt über 40 verschiedene Nationalitäten unter den Schülern. Ich unterrichte 4 von meinen 5 möglichen Fächern in 7 Klassen. Das ist etwas anstrengend, vor allem das Namenlernen. Und ich meine nicht nur die vielen ungewohnten Namen, sondern einfach in der Menge. Wenn man 10 Jahre an einer Schule ist, kennt man viele Schüler, auch wenn man sie nicht im Unterricht hat – vor allem als Teil der Schulleitung. So aber muss man wirklich bei Null anfangen.
Und dazu ein kompaktes, junges Kollegium, bei dem ich mich freundlich aufgenommen fühle.
Der letzte Satz ist etwas kurz, ganz absichtlich. Denn mein
Ruhm
eilt mir voraus.
Schon beim ersten Gang ins Lehrerzimmer wurde ich mit Handschlag begrüßt und gleich danach mit einem „Und übrigens, ich lese Ihren Blog“. Erst letzte Woche steckte eine andere Kollegin ihren Kopf in mein Büro und outete sich ebenfalls in dieser Hisicht. Ich kam in meiner Verdutztheit wenigstens dazu zu fragen, woher sie weiß, dass ich es bin und wie sie auf den Blog kam. Ihre Antwort war: „Ein andere Lehrer hat mir davon in der U-Bahn erzählt. Und dann habe ich gleich den einen Beitrag gelesen und als sie in der Konferenz erwähnten, dass….usw.“ (Liebe Kollegin: Ich habe Ihnen gesagt, dass Sie hier nicht vorkommen. Entschuldigen Sie, jetzt eben doch. Ich brauche diese Geschichte grad als Überleitung.)
Was ich sagen will: Ich komme gut zurecht, diesen Aspekt meines Bloggens jedoch muss ich erstmal einsortieren. Klar ist das dumm. Ich schreibe seit 2010, irgendwann müssen ja mal Kollegen auftauchen – und es gibt sie ja schon. Bisher kannte ich sie halt. Jetzt zum ersten Mal aber ist den Menschen, denen ich begegne, mein Blog vor mir selbst begegnet. Das ist ein seltsames Gefühl.
Schluss
Ich bin da, wo ich hinwollte. Es hat sich bisher alles erfüllt, was ich mir erhofft hatte. Ich merke, dass ich den Schritt nicht bereue. Und ich glaube, ich werde es auch nicht auf die nächsten Jahre. Ich merke große Unterschiede zwischen den Schulen, aber Schüler sind Schüler und ich bin weiter neugierig auf sie. Und ich bin gespannt auf die weitere Entwicklung. Es ist viel Arbeit, u.a. weil sich in der Schulleitung die anfallenden Aufgaben anders verteilen. Der Kern der Leitung besteht nun aus nur zweien – an der alten Schule waren wir drei. Die erweiterte Leitung kommt allerdings hinzu und besteht aus zwei Kollegen, ohne die es nicht ginge, die fit sind.
Die Aufgaben sind ansonsten, grob betrachtet, auch grob verteilt: Chef=Personal/Gebäude, Konni=Schüler/Prüfungen/Aufnahme. Heißt hier dann aber auch, im Unterschied zu vorher, auf Dauer vollumfänglich in eigener Verantwortung.
Habe ich erwähnt, dass ich älter bin als mein Chef?
(Sorry Chef, das musste jetzt doch noch sein.)
Wie gesagt.