Lernen #bloggerfuerfluechtlinge

Damals

Es war etwa 1977/78, vierte Klasse oder so. Die Klassenzimmertür ging auf und unsere Lehrerin brachte einen neuen Schüler mit. Dimitrios. Am Abend vorher aus Griechenland gekommen, heute schon in der Schule. Fand ich damals krass. Da neben mir ein Platz frei war, schlug ich vor, dass er dort sitzen könnte, ich würde ihm helfen. Das tat ich auch.

In unserer Klasse saßen Portugiesen, Italiener, Spanier. Die Schule war katholisch. Der Stadtteil ein alter Hamburger Arbeiterstadtteil, das heißt es gab auch jede Menge Lipinskis, Wisniewskis, Schimanskis. Schlesier, Ost- und Westpreußen, Sudeten. Ich kann mich kaum erinnern, dass es anders als normal war. Türken gab es auch schon. Ich erinnere mich, dass man das Viertel um den Bahnhof herum, das „Türkenviertel“ nannte.

Dimitrios war ein riesiger Kerl, ich eher der kleine Streber. Das rechnete sich später einmal, als ich im Freibad irgendwie Stress mit komischen anderen Kindern bekam. Dimitrios sah das von fern und kam mal vorbei. Da er alle Kinder deutlich überragte, war das Problem schnell gelöst.

Heute

Schon im Juli musste ich für meinen Chef einen offiziellen Termin wahrnehmen, im Rathaus. Treffen des Unterstützkreises Flüchtlingshilfe. Der Bürgermeister wollte informieren über die Außenstelle Zirndorf in unserem (Schul-)Ort, eine Erstaufnahmestelle in einem ehemaligen Altersheim. 100 Menschen sollten kommen in einem ersten Anlauf.

Anwesend war auch eine Dame, die schon an anderer Stelle organisatorische Unterstützung gab an Arbeitskreise, die sich um Flüchtlinge vor Ort kümmern wollten. Entsprechend kam es an jenem Tag zu einer schnellen Begründung von drei Arbeitskreisen: Deutschlernen/Dolmetscher, Freizeitgestaltung, Betreuung (z.B. Ämter oder Arztbesuche). Ich schrieb mich beim Deutschlernen ein, was so eigentlich nicht geplant war. Aber schon nach zwei Wochen stand ein erster Kurs, in dem sich 14 Menschen zusammengefunden hatten, die nun mehrfach in der Woche den Flüchtlingen, die wollten, erste Grundlagen der deutschen Sprache vermittelten. Seit 6 Wochen läuft es.

Mein Part dabei ist einmal die Woche 90 Minuten mit drei anderen Unterstützern die Stunden (immer ein Paket von 90 Minuten) zu halten. Außerdem pflege ich ein Forum im Internet über eine eigene Domain, über das wir uns organisieren und kommunizieren – z.B. über das, was wir gemacht haben, über Anzahl der Lerner oder den Wechsel im „Altersheim“. Mit einer Schulorganisation im Rücken versuche ich noch andere Dinge zu organisieren – versuche vor allem, mich nicht allzusehr vorzudrängen. Lehrer sind ja manchmal so.

Erkenntnisse

Der Unterstützerkreis, an dem ich beteiligt bin, besteht aus Personen im Alter von 18 bis (sicherlich) 60 Jahren, vielleicht älter (man möge verzeihen, falls ich übertreibe). Dieser Personenkreis hat sich innerhalb von zwei Wochen in das Forum eingetragen und nutzt es seitdem aktiv. Ich versuche parallel Materialien über Google Drive bereitzustellen, auch das wird angesprochen. Emails werden in der Regel innerhalb von Stunden beantwortet.

Wenn ich das vergleiche mit dem, was im engeren Schulbereich unter Kollegen läuft, bin ich baff erstaunt. Einfach so.

Ich erlebe hautnah das mit, was man gern als bürgerliches Engagement bezeichnet und bin ebenso erstaunt, wie gut und schnell und selbstverständlich das läuft.

Und ich treffe jede Woche einen Haufen Menschen, mit denen ich mich oft nur schwer verständigen kann. Bei denen ich verzichten muss auf langatmige Vorträge und differenzierte Ausführungen. Bei denen alles einfach laufen muss. Und einfacher läuft.

Ich gehöre nicht zu denen, die schnell und einfach Kontakt finden oder die sich leicht tun im Zusammenkommen mit fremden Menschen – und so gehe ich oft mit ein wenig Bauchgrimmen und Lampenfieber zu meinen Deutschstunden.

Und doch: Ich lache viel mit Menschen aus dem Irak, aus Syrien, Dschibuti, Äthiopien, Afghanistan, Albanien, der Ukraine und Weißrussland. Versuche mir ihre Namen zu merken, auch wenn sie nur drei Wochen da sind. Schnappe ein paar Worte in mir fremden Sprachen auf. Und es geht uns allen, hoffe ich, ein bisschen gut dabei.

choch – der Pfirsich. Geschrieben xox, wie ich grad ergoogelt habe. Und sef – der Apfel. Oder eher: sêv .

Das war kurdisch.

Sentimentalitäten

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Das Foto benutze ich neuerdings für die Infoabende a) an den Grundschulen bezüglich des Übertritts an die Realschule und b) letzte Woche zum ersten Mal für die Infoveranstaltung bezüglich der Wahlpflichtfächergruppen in den 7. Klassen – Die Kinder wählen am Ende der 6. Klasse einen Zweig für die 7.-10. Klasse. Es gibt den mathematisch-naturwissenschaftlich-technischen Zweig, den kaufmännischen und den dritten Zweig, der aus Französisch oder einem anderen Fach bestehen kann, in unserem Fall Sozialwesen – kann aber auch Werken sein, Haushalt und Ernährung oder Sport.

Diese Wahl ist immer mit viel Aufregung versehen, weil die Eltern unsicher sind, ob man in dem Alter schon sagen kann, was das Kind mal beruflich machen soll. Und meine Aufgabe ist es dann abzuwiegeln und u.a. zu erwähnen, dass man die Entscheidung trifft auf der Basis der aktuellen Interessen des Kindes und dass das keine Entscheidung fürs Leben ist.

Dazu benutze ich dieses Foto. Es zeigt Schüler meiner letzten Klasse, die ich als Klassleitung führte, vier Jahre lang. Es ist einige Jahre alt, Weimarfahrt, aufgenommen im Park an der Ilm, gerade hält einer ein Referat.

Alles Schüler des mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweigs. Ich kenne von einigen die weitere Laufbahn:

  • technischer Journalist
  • Mechatroniker
  • Bankkauffrau und /-mann
  • Vermögensberater
  • Erzieher und Erzieherin
  • Irgendwas Technisches bei Siemens (2x)
  • einer davon nebenbei Rettungssanitäter
  • Diplomsportlehrerin
  • Foto-Model
  • Steinmetz – mittlerweile Meister
  • Sportjournalistin, mittlerweile selbständig mit einer Medienagentur
  • Industriekaufmann
  • Student der Mathematik

Ich denke oft an sie, auch an den, dessen Vater mich ein paar Jahre nach dessen Abschluss anrief, und mir nicht ganz ohne Stolz mitteilte, dass sein Sohn an jenem Tag das Abitur bestanden hatte. Wir hatten vormals viele Gespräche geführt, um über den wackligen Abschluss an der Realschule zu beraten. Mit dem Vater bin ich zur Feier des Tages daraufhin auf den Golfplatz gegangen und wir haben eine schöne Runde gedreht.

Ich bin nicht ganz frei von Stolz oder so, wenn ich das so durchdenke. Nicht, dass ich meine, dass ihr Erfolg irgendwas mit meinem Unterricht zu gehabt hätte (na gut, außer den JournalistInnen vielleicht)(Ach Quatsch), aber irgendwie entdecke ich Sentimentalitäten. Und Gelassenheit, weil ja doch was aus ihnen wird, auch wenn sie keine Hausaufgaben gemacht haben.

Wenn Sie genau das Bild oben genau betrachten, sehen Sie sogar einen, der sich in dieser Zeit auf den Posten eines Zweiten Realschulkonrektors beworben hat. Er fällt Ihnen sicher ins Auge. Ein Jahr später wurde er es dann auch. Das Jahr in dem die Klasse ihren Abschluss machte.

PS: Weil ich grad alte Fotos durchschaute.

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3 Tage Schulleitung – Fortbildung zur Kommunikation für Führungskräfte

Wie schon angedeutet, habe ich mich in die Module zur Fortbildung für Führungskräfte eingereiht, um mich fit zu machen für meine alltäglichen Aufgaben.

Im dreitägigen Kurs zur Kommunikation traf ich neulich auf alte Bekannte, wie z.B. Schulz von Thun (Miteinander reden 1-3), Paul Watzlawick („Man kann nicht nicht kommunizieren), Ruth Cohn (Themenzentrierte Interaktion) und einen Namen, den ich eigentlich mit esoterischer Klangschalentherapie in Verbindung brachte: Vera Kaltwasser (Persönlichkeit und Präsenz).

Ich gebe offen zu, dass ich viele innere Widerstände überwinden musste, um mich auf so etwas, inklusive Rollenspiele, Achtsamkeitsübungen und Gruppenarbeit, einzulassen. Aber zu einem Teil habe ich es dennoch geschafft. Witzig ist aber anders.

Was habe ich gelernt?

Dass man bei vielen Punkten gern sagt „Ja, ja, das weiß ich“ – aber doch meilenweit davon entfernt ist, es auch wirklich im Alltag umzusetzen, geschweige denn überhaupt zu reflektieren.

Watzlawick

Dies beginnt bei dem bekannten Watzlawick-Satz: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Alles nickt, ich auch, kennt man ja, ist ja klar, die fünf Axiome. Und dennoch laufe ich im Alltag herum und denke mir beim Gegenüber oft: „Na, du siehst doch ganz anders aus, als du mir durch das, was du sagst, mitteilen möchtest.“ Denke ich und mache mir aber keine Gedanken darüber, was ich gerade signalisiere – durch mein Auftreten, meine Haltung, meinen Blick, meine Ansagen usw. Der Blick geht halt gern nach außen, seltener nach innen.

Schulz von Thun

Dann die Geschichte der vier Seiten einer Nachricht (Schulz von Thun): Sache, Beziehung, Appell, Selbstoffenbarung. Der Gedanke ist der, dass jede Nachricht, die man gibt, diese vier Seiten haben kann – bzw. dass er Empfänger diese Nachricht mit derartigen vier Ohren hört. Das genial einfache Beispiel, was Thun bringt, ist das vom Ehepaar, welches im Auto sitzt, die Frau fährt, und der Mann sieht vor sich die grüne Ampel. Er sagt: „Die Ampel ist grün.“ Die Frau antwortet ungehalten: „Fährst du oder fahre ich?“

In der Theorie hat die Frau aus der Nachricht Kritik herausgehört, sie hat vielleicht einen Appell gehört: „Fahre langsamer/schneller, weil….“ Oder sie hat die Selbstoffenbarung des Mannes gehört: „Ich kann besser Auto fahren als du.“ Oder die Beziehungsseite: „Ich darf ich kritisieren, weil ich besser bin.“ Dabei wird der Mann dann beleidigt antworten: „Aber ich habe doch nur gesagt, dass die Ampel grün ist.“ (Sachinformation) Und dann geht der Streit los.

Rollenspiele

Ich will es kurz machen. Das Rollenspiel beginnt, ich denke noch so bei mir „Alles easy, nur ein Spiel.“ Und dann – absolut kein Spiel mehr. Trotz etwa 20 ZuschauerInnen, trotz Rollenkarte, trotz Beobachtung im Kreis. Ernst. Und noch viel schlimmer: Kriegszustand.

Das Setting war einfach und alltäglich: Ein Lehrer aus dem Kollegium zeigte sich ungehalten über die vielen Aktionen und Projekte, die so an der Schule stattfinden. Er fühlt sich überlastet und macht seinem Unmut Luft – der Chef, ich, höre das und bitte ihn zum Gespräch. Ich möchte etwas über seine Belastungssituation erfahren und Einsicht dafür wecken, dass solche Projekte wertvoll sind – sagt meine Rollenkarte.  10 Minuten Zeit, das Gespräch vorzubereiten. Eine Aufgabe, so hieß es, sei es, das eigene Ziel des Gesprächs durchzubringen.

Im Rollenspiel dauerte es ca. 15 Sekunden und ich stand dermaßen unter Stress in diesem fingierten Gespräch, dass ich unterschwellig aggressiv wurde (oder wurde ich aggressiv, weil ich unter Stress stand?). Alphamännchen. Ich wollte gewinnen. Ich war der Chef. Der andere sollte gehorchen.

Das Gespräch im Rollenspiel fing an gegen die Wand zu laufen, bis ich irgendwann merkte, dass was falsch lief und dann dem Ganzen noch eine Wendung geben konnte. Es lief dann dorthin, wo es hin sollte. Und in der zweiten Hälfte war es denn dann auch gelungen.

Dennoch hat es mich irritiert, was ich da an mir beobachten konnte. Mir schwirrt seitdem wieder ein Zitat von Max Frisch durch den Kopf, dieses „Schreiben heißt sich selber lesen“. In diesem Zusammenhang schreibt er davon, dass er als Schriftsteller oftmals durch das Schreiben oder das Erzählen überrascht wird von sich selbst. Dass man sich für einen fröhlichen Gesellen hält und dann beim Schreiben merkt, dass man eigentlich ein Griesgram ist.

Und so denke ich natürlich, ha ha, keine Hierarchie, der erste Diener der Schule, das bin ich. Kollegial, teamfähig, rücksichtsvoll – logisch. Chefgehabe? Ich doch nicht. Und entspannt bin ich allemal. Klaro.

Ja, vonwegen.

Und nun?

Wenn ich sagen würde, ich habe daraus gelernt, dann wäre das eine Lüge. Am ersten Tag nach der Fortbildung ging ich in eine Klasse und dasselbe Spiel wiederholte sich mit einem renitenten Schüler.

Ich halte mich für einen entspannten und ruhigen Kerl – was ich sicherlich auch in vielerlei Hinsicht bin. Aber es gibt offenbar auch Momente, in denen ich in mir auf die Ebenen von Isengart blicke.

Und nun??

Vorher dachte ich, dass mein lockeres Mundwerk mein Problem ist, jetzt muss ich mich offenbar mit anderen Aspekten auseinandersetzen.

Mein Bezugspunkt dabei ist, und das ist ein anderes Ergebnis dieser Fortbildung, der Stress, den ich selbst für mich und in mir erlebe. Ich habe angefangen, ja, Vera Kaltwassers Buch „Persönlichkeit und Präsenz“ zu lesen und dabei einiges über Stress erfahren. Und ja, auch die Sache, dass Stress dann entsteht, wenn man sich einer Situation oder einer Aufgabe nicht gewachsen fühlt.

Klingt plausibel, aber auch unangenehm, wenn ich selbst meine Stressmomente realisiere.

Eine Erkenntnis dabei wurde während der Fortbildung wiederholt erwähnt, und zwar dass Stress die Fähigkeit zur Empathie verringert, und damit wohl,  so der Gedanke, auch die Fähigkeit zu einer konstruktiven und herrschaftsfreien Kommunikation. Ebenfalls wurden oft die „Spiegelneuronen“ erwähnt, aber das musste ich selbst noch einmal nachlesen. Da geht es um Vorbildsein in Verhalten und Reden und dass man dies in Bezug auf eine Führungskraft auf einer unterbewussten Ebene nachahmt – im Guten wie im Schlechten.

Was ich also gelernt erfahren habe, ist, dass diese Sache mit der Kommunikation nicht losgelöst von der (Standort-)Bestimmung der (eigenen / Führungs-)Persönlichkeit anzugehen ist.

Und deswegen hasse ich Rollenspiele. Sie sind nie Spiel.

Diskussionen, die ich nicht führe

Mit Nazis reden

Bei den ersten Berichten über PEGIDA und Konsorten kam recht schnell die Forderung auf, man möge doch bitte mit den Menschen reden und sie nicht einfach abstempeln und stigmatisieren. In den Tagen habe ich dann mal „Mit Nazis reden“ bei Google eingegeben und fand überraschend einen kleinen Text von Wiglaf Droste, den man von ihm gesprochen auch bei youtube findet.

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https://www.youtube.com/watch?v=nupzSsJ43m8&spfreload=10

Den Text, hier mit zwei weiteren Absätzen, findet man auf nadir.org.

Und ja, ich weiß, wer oder was Nazis sind. Aber in diesen Tagen darf ja jeder mal stolz auf seine Satire sein. Aus Gründen.

Nichtraucher sind ja die schlimmsten

Mehr als einmal habe ich erlebt, seitdem ich nicht mehr rauche, dass man mich, meist vor irgendeiner Tür stehend, fragte, ob ich denn nicht mehr rauchen würde. Wenn ich dann verneinte und nicht ganz unstolz erwähnte, dass es schon seit x Jahren so sei, bekam ich oft eine seltsame Reaktion: „Ja, ja, die Nichtraucher, die mal geraucht haben, sind ja die Schlimmsten. (Bla, bla, dann weiter Sätze mit Variationen der Aussage.)

Dies geschieht in der Regel, ohne dass ich weiter etwas gesagt hätte oder auch nur Anstalten mache, mich abschätzig über Süchtige zu äußeren.

Ich bin eigentlich sehr höflich. In der Regel öffne ich das Fenster meines Büros erst, wenn diejenigen, die grad draußen eine geraucht haben, es wieder verlassen haben. Ich glaube, ich habe auch erst einmal einem Kollegen gesagt, er solle bitte etwas zurücktreten, weil er grad eine geraucht hatte.

Da man von mir erwartet, dass ich „schlimm“ bin, verhalte ich mich mittlerweile aber auch schon mal gern absichtlich so.

Aus Gründen.

Vegetarier sind Heuchler

Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit Vegetarismus und Veganismus. Und ich unternehme immer wieder Versuche, meine Ernährung umzustellen. Und ja, Versuche bleiben eben Versuche, weil es Versuche sind – ich habe, wie Sie sich erinnern, mehr als 8 Jahre gebraucht, um das Rauchen sein zu lassen.

Bei mir ist es eine Mischung aus Ablehnen der industriellen Tierhaltung, gesundheitlicher Befürchtung und Trotz. Ja, Sie fragen zu Recht: Aber Sie sind doch im Fischerverein. Ja, das bin ich.

Heute habe ich ein Gespräch mitbekommen, von dessen Inhalt ich bisher immer nur im Internet gelesen habe. Darin ging es um Fleischersatzprodukte, also vegetarische Wurst, ob als Aufschnitt oder „Leber“wurst. Und ob man quasi als Vegetarier so etwas essen darf oder nicht. Und dass das ja widersprüchlich sei.

Ich habe mir abends zum Steinpilz-Risotto zwei Soja Big Steaks gebraten. Aus Gründen.

Ach, und dumme Fragen

Fällt mir ein: Es gibt nicht nur manche Diskussionen, die ich nicht führe (nur, wenn man mich sehr reizt). Auch, finde ich, gibt es dumme Fragen. Manchmal kräht mir ein fröhliches Stimmchen entgegen:“Frau/Herr XY hat aber gesagt, es gibt keine dummen Fragen.“

„Du erkennst eine doofe Frage daran, dass du darauf eine doofe Antwort bekommst“, sage ich dann.

5 Minuten Schulleitung – Fortbildungen

Nachdem ich mich vier Jahre gewehrt habe, an Führungsfortbildungen teilzunehmen, orientiere ich mich grad um. Die Gründe dafür waren unterschiedlich. Zum einen vermutete ich in solchen Veranstaltungen stromlinienförmigere Beamte als mich – vielleicht wollte ich das auch nur glauben und mich stilisieren – zum anderen dachte ich mir frech: Höher hinaus will ich eh nicht und bis hier bin ich ohne Führungsfortbildung gekommen – so what?!?

Dass ich nun anders denke, liegt eventuell daran, dass ich mir einfach eingestehen muss, dass ich bestimme Dinge lernen muss in meiner Position und für sie. Da komme ich nicht drumherum. Klingt spießig, ist es auch – who cares?!?

Schulleitung lesen

In den vergangenen Jahren seit 2009 (Bestellung zum Zweiten Konrektor) habe ich mir verschiedene Literatur angeschafft und immer wieder interessante Erkenntnisse gewonnen.

Zum einen zwei Veröffentlichungen des Raabe-Verlags:

  • Stellvertretung werden – Stellvertretung sein
  • Mein Stellvertreter – Das unbekannte Wesen

Beides bezieht sich, wenn ich es recht verstanden habe, auf die professionalisierte Ausbildung von Führungskräften in Niedersachen. Vor allem erstes bietet Raum für eigene Reflexionen und neue Perspektiven. Es nimmt die Widersprüche des Amtes und des Systems in den Blick und bringt mir ein Vokabular, mit dem ich bestimmte Erfahrungen, die ich schon gemacht habe, in Worte und dann eben auch in Gedanken fassen kann. Mir geht es oft so, dass ich über Dinge grüble, ohne sie wirklich packen zu können und erst wenn ich ein Wort oder eine Phrase dafür gefunden habe, kann ich das vorher  Unbekannte irgendwie am Schopf packen und einordnen.

Beispiele dafür

  • „Nesthocker und Nestflüchtlinge“ – Im Buch passt wohl der Begriff Nesthocker am besten auf mich, also diejenigen, die in der eigene Schule, wo sie schon Kollegen waren, aufsteigen. In Abgrenzung zum Nestflüchter werden hier Vor- und Nachteile des jeweiligen Modells beschrieben.
  • „Alleinsein in Führungspositionen“ – Benutze ich in meinem Denken ohne Bezug zum Inhalt des Buches. Für mich steht das für die Situation, in denen ich Entscheidungen treffe, die nicht nur mich und meinen Schulalltag betreffen, sondern eben das ganze Kollegium mit oder sogar die gesamte Schule. Hier geht es um Erwartungsdruck von sich und anderen.
  • Ambiguitätstoleranz – Mein neues Lieblingswort. Beschreibt  in dem Buch die Toleranz gegenüber den Widersprüchen und Dilemmata des Amtes bzw. des Systems. Die Fähigkeit, diese nicht an sich herankommen zu lassen und – so deute ich es auch – ohne grundlegende Zweifel am Gesamstystem aufkommen zu lassen.

Zum anderen aus dem Carl Link und Luchterhand Verlag

  • Neu in der Schulleitung von Helmut Lungershausen; Eigentlich eine Handreichung für Schulleiter, aber nicht ganz uninteressant.
  • Praxiswissen Schulleitung aus dem Luchterhand Verlag; Eine Reihe,die alle Bereiche der Schulleitung abdeckt, von der Kommunikation über Führungshandeln über Zeitmanagement, Schulentwicklung bis hin zu Networking, Selbsteinschätzung und Rechtsfragen.

Schulleitung lernen

In Bayern ist seit 2006 per KMS ein System von Fortbildungen vorgeschrieben für den Fall, dass man in die /der Schulleitung aufsteigen möchte. In einem Portfolio soll der Besuch bestimmter Module eines Curriculums nachgewiesen werden, wenn man sich auf Führungspositionen bewirbt. Gültig sei es ab 2008 gewesen, die erste Vorlage soll ab 2009 vorgeschrieben worden sein. Ich habe nicht einmal 2012 einen Nachweis vorweisen können. Vielleicht bin ich einfach so gut. Keine Ahnung.

Die Module der Fortbildungen sind vorgeschrieben und festgelegt.

module

 

Und wie gesagt: Ich fange jetzt an, die Dinger abzuarbeiten. Erster Teil: Kommunikation. Ist wichtig, klingt auch bekannt aus dem entfernten Studium. Und viel kommt bekannt vor, aber es besteht doch ein Unterschied zwischen „bekannt“ und „erleben und erdulden und positiv anwenden“.

Interessanterweise läuft dieses Modul zur Hälfte aus einem Online-Seminar über drei Wochen (ab dem 1.12.). Hier werden Skripte abgearbeitet und über Moodle mit den anderen 18 Teilnehmern diese Skripte diskutiert. Dazu kommt Ende Januar ein Präsenz-Seminar in Dillingen über drei Tage, in denen alle Teilnehmer zusammenkommen und … nun … keine Ahnung, wahrscheinlich das Ganze noch einmal vertiefen.

Die vorbereitenden Module A1 und A2 werde ich wohl auslassen. Stattdessen interessieren mich  Dinge wie „Führung“, „Schulverwaltung und Schulorganisation“, „Zeit und Selbstmanagement“.

Coaching

Mein Chef erzählt immer gern von seinen Runden des Kollegialen Coachings. Hier trafen sich neu ernannte Schulleiter anfangs zusammen mit einem professionellen Coach, der den Teilnehmern beibrachte, wie man effektiv und zielorientiert solche Coachingrunden organisiert, bei denen man sich gegenseitig über Erlebnisse, Erfahrungen und Probleme in seinem Alltag als Schulleiter berät. Nach einigen Runden kamen sie dann ohne diesen Coach aus und bis heute finden diese Treffen regelmäßig statt.

So wie er berichtet, ist dies eine wirklich spannende und interessante Geschichte.

Für die unteren Ränge stand so etwas auch seit einigen Jahren im Raum und dieses Jahr scheint es ernst zu werden. Erste Einladungen habe ich bekommen – und abgelehnt. Dies hat zwei einfache Gründe: Ich konnte mir die Teilnehmer nicht aussuchen, ebensowenig hatte ich ein Mitspracherecht beim Coach.

Kommunikation

Wollen Sie mal wissen, warum Kommunikation meine erste Fortbildung ist? Dann stellen Sie sich mal folgende Szene vor.

Lehrerzimmer, Musiklehrer geht herum und teilt die Notenblätter aus, die für die Probe des Lehrer-Weihnachtssingens gedacht sind, die am selben Nachmittag stattfindet. Der Musiklehrer bittet, dass möglichst viele kommen. Eine neue Kollegin meint, sie könne nicht, weil sie noch Nacharbeiter am Nachmittag habe (=Schüler, die zur „Strafe“ nachsitzen müssen). Im Gehen äußerte ich spontan in die Runde: „Nehmen sie diese doch mit zum Singen. Das ist dann wohl Strafe genug, wenn die zuhören müssen.“

Ehrlich – Wollen Sie an einer Schule arbeiten mit einem derartig kommunikativen Konrektor?

Wer glaubt da nicht, dass ich noch viel lernen muss?