mal so nebenbei

Ich habe die Idee meiner Fortbildung eingereicht – und bisher noch nichts gehört. Seltsamerweise wurde mir von andere Stelle erklärt, dass mein Vorgehen hier ziemlich ungewöhnlich sei. Ungewöhnlich, dass ein Lehrer von sich aus eine Fortbildung anbieten möchte. Es sei eher so, dass man am Anfang des Jahres von den Schulen aus eine Meldung macht, was an Fortbildungen gewünscht wird und danach dann entsprechend wohl Fachmitarbeiter dazu gebracht werden, solche Fortbildungen anzubieten. Ist wohl auch eine Geldfrage – also es geht um Reisekosten und Zuschüssen zu Fortbildungen. Das alles erklärt einiges. Vielleicht bin ich auch zu ungeduldig.

Ich habe mich gerade zur digilern.de angemeldet. Bis nach München/Ottobrunn dauert es, angesichts des Verkehrs rund um München, genauso lang wie bis nach Köln, wo das nächste Educamp stattfindet – aber terminlich passt es mir besser und ich bin gespannt darauf. Konnte meine MiB-Kollegin gleich mit anstiften. Und sehe somit auch die Hauptstadt mal wieder. Da dies nicht als bewilligte Fortbildung gerechnet wird, gibt’s keine Reisekostenzuschüsse. Ich versuche also einen Platz auf dem Fußboden im Wohnzimmer eines alten Freundes zu finden und kann mir die Spritkosten teilen.

Ich habe heute einen sogenannten shitstorm verfolgt – mein Einstieg lief über Twitter, wo ich einem Herrn folge, der den Twitter-Nick Arschhaarzopf trägt. Trotz dieses Namens hat er einen schönen Überblick über diesen Sturm verfasst – und nun bin ich um drei Begriffe reicher: shitstorm, Stuhlgewitter, Niveaulimbo.

Ich habs getan…und mach jetzt mal ne Fortbildung

Neulich, auf der Konrektorenfortbildung, habe ich mir schon gedacht, dass MAN einfach mal ne Fortbildung machen sollte – einfach so – sich trauen – und darüber fortbilden, was man so den ganzen Nachmittag im Internet erlebt. Mal ganz kurz gesagt.

Also habe ich an jemandem geschrieben, gefragt, wie man so was macht. Der hat mir dann zwei Formulare zurückgeschickt, davon habe ich eins ausgefüllt und zurückgeschickt, nun warte ich auf Antwort.

Warum ich?

Vor allem, weil ich mich immer darüber beschwere, dass die Fortbildungen, die ich selbst besuche, so langweilig seien und so unergiebig – ergo setze ich mich jetzt mal ganz hart unter Druck. Ja. Mach ich.

Und bevor ich jetzt mit meinem Ego so zurückrudere, hier meine Gliederung von Inhalten, die thematisiert werden könnten und veröffentliche sie hier.

Übersicht

Klingt viel, soll aber sozusagen das Maximum darstellen. Schafft man nicht an einem Tag. Aber ich würde gern beide Seiten ansprechen: Die Lehrerseite UND die Schülerseite. Beim Thema „Digitale Medien“ gehen mir die Lehrer immer ein wenig unter. Nachdem ich aber die interessierten Kollegen auf der Fortbildung der Zweiten Konrektoren gesehen habe, meine ich, dass man hier doch mal anknüpfen kann.

Nachdem ich nun meinen Mund so weit aufgetan habe, werde ich mich damit beschäftigen müssen, das alles auch noch an den Mann und die Frau zu bringen. Also kündige ich das hier mal an – damit ich das jetzt durchziehe.

Eigene Schulbücher schreiben?

Im Zuge dieser „Schultrojaner“Geschichte hat sich die Diskussion auf einigen meiner Hoodie-Blogs in Richtung eines spannenden Themas entwickelt – Der Lehrkörper hat mal ein wenig Links zum Trojanerthema zusammengefasst.

Schnell kam man hier aber auf die nicht mehr ganz neue Idee, eigene Schulbücher zu entwerfen. Dies klang erstmal grotesk, aber dann doch gar nicht so doof. Und ich war, wie so oft, überrascht, wie weit solche Ideen schon entwickelt sind.

Die Diskussion im Kleinen: gleich8.de.

Drei Probleme wurden gewälzt, jedenfalls, wenn ich alles richtig verstanden habe

  • Organisation: Wie wird die Arbeit daran organisiert und qualitativ begleitet?
  • Werkzeuge und Präsentation: Mit welchen Werkzeugen kann am einfachsten gearbeitet werden? Wie soll das Buch aussehen?
  • Reichweite: Wie groß soll es werden?

Herr Rau macht sich dazu viele Gedanken, die es allemal wert sind, gelesen zu werden.

In jedem Fall ein faszinierender Gedanke, die Lehrerzusammenarbeit auf eine neue Ebene zu bringen.

Organisation

Materialaustausch in den letzten Jahren fand ich immer sehr anstrengend. Vor allem, weil sich viel anhäufte, ohne dass man wirklich den Durchblick hatte. Wenn ich jemanden fragte, ob er was über Kinder- und Jugendliteratur hat – was mich leider nie besonders interessierte – dann bekam ich meist eine Linksammlung, alternativ einen Stapel Kopien mit Titeln. Gebracht hat mir das nichts – außer die Aussicht auf eigene Recherchearbeit.

Nicht falsch verstehen: ich bin nicht faul. Ich arbeite gern. Aber auf meine Fragen wollte ich nie einen Stapel Papier, sondern Ideen, Erfahrung, Anregung.

Was also die Arbeit an einem solchen Projekt betrifft, würde ich mir wünschen, dass, entgegen einem herkömmlichen Schulbuch, eben persönliche Erfahrung und Einblicke mit in die Arbeit einfließen. Eben nicht nur die Aussage „XY ist ein gutes Jugendbuch“, sondern „XY halte ich für ein gutes Jugendbuch, denn ich habe es unter folgenden Aspekten im Unterricht behandelt und dafür soundsoviel Stunden gebraucht – ich bin nicht dazu gekommen, dies und jenes zu besprechen.“

Dabei geht es nicht nur um Material, Arbeitsblätter, sondern auch grundlegende Artikel zu gängigen Inhalten und Voraussetzungen des Faches. Um Fragenkataloge, wie Herr Rau sie beschreibt, die dieselben Materialien (im Fach Deutsch) aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und für verschiedene Jahrgangsstufen aufbereitet.

Kurz gefasst die eierlegende Wollmilchsau: Bücher, die

  • Grundlagentexte bieten,
  • Umsetzungen im Unterricht beschreiben, vorschlagen oder anregen,
  • Material an die Hand geben können.

Werkzeuge und Präsentation

Zwei Aspekte erscheinen mir wichtig. Da schließe ich mich dem grundlegenden Duktus von Herrn Rau an: Es gibt Material und es gibt Bücher.

Die Werkzeuge zur Erstellung der Bücher muss einfach zu handhaben sein, bzw. schnell erlernbar. Ich bin hier zuversichtlich, dass es so etwas schon gibt – Beispiel weiter unten.

Als zweites, und das habe ich oben schon angedeutet, ist Material m.E. nichts wert, welches unbewertet und unkommentiert herumliegt, bzw. auf das nicht durch eine ordentliche Suchfunktion zugegriffen werden kann.

Beides muss gelöst sein.

Herr Rau verweist auf eine Seite, die mehrere „fertige“ Bücher aus dem amerikanischen Bildungsraum präsentiert. Als Beispiel sei auf eine verwiesen, die sich um das Thema Commonsense Composition dreht (In diesem Zusammenhang scheint das „FlexBook“ als Tool wirklich interessant zu sein). Vor allem, weil ich diese Form zunächst einmal sehr wichtig finde, da sie verschiedene Funktionen erfüllen kann:

  • als Nachschlagewerk für Schüler UND Lehrer
  • als Dokumentation von Schulinhalten nach außen
  • zur Schaffung eines Grundlagenkatalogs
  • Verständigung über grundlegende Fragen des eigenen Faches.

Besonders der letzte Punkt erscheint mir wichtig, in vielerlei Hinsicht. Zum einen kann dies innerhalb einer Schule innerhalb einer Fachschaft zur Sicherheit der einzelnen Lehrkraft beitragen was das Stoffgebiet angeht. Weiterhin kann dadurch eine Vergleichbarkeit der Vermittlung von Inhalten erreicht werden, die die ganzen Teste und Veras etc. nicht erreichen können – Ich rede nicht von Objektivierbarkeit sondern davon, dass man sich unter den Kollegen einig wird, wie Inhalte zu verstehen sind.

Als Beispiel: so doof es klingt, aber wenn man sich in der Deutsch-Fachschaft mal zusammen setzt und darüber redet, was eine Inhaltsangabe umfasst, kommt man zwar auch ähnliche Inhalte, aber irgendwie weichen die einzelnen Ansichten doch auch schon mal voneinander ab. Oder es schleifen sich Ungenauigkeiten ein, weil man es dauernd oder zu wenig unterrichtet. Ein gemeinsames Buch kann hier eine Grundlage schaffen, auf die man im Zweifelsfall zurückgreift.

Der letzte Punkt ist aber auch wichtig, wenn man die verschiedenen Schulformen der verschiedenen Bundesländer betrachtet. Oftmals erkenne ich im Netz, dass ich mich mit Lehrern aus anderen Bundesländern unterhalte und oftmals muss man sich in der Diskussion über Inhalte, Prüfungen und auch rechtliche Fragen erstmal klar werden, was im jeweiligen Bundesland gelehrt oder (schul-) gesetzlich verankert wird. Gemeinsame Grundlagen würden hier auch eine übergreifende Arbeit vereinfachen.

Reichweite

Herr Rau und die anderen bei gleich8.de greifen mit ihren Ideen nach meinem Geschmack ganz schön weit aus. Der deutsche Versuch des Open(Schul)Book ist groß angelegt, dass er sich wohl deshalb schleppend entwickelt, jedenfalls wenn man meine Fächer betrachtet. Woran dies genau liegt, ist mir erstmal Wurst. Ich glaube, es liegt zum Teil daran, dass sich die Mitarbeit an alle richtet und damit – wie wir es aus dem Unterricht kennen – an keinen. Ich muss jedenfalls sagen, dass ich mich daran nur ungern beteiligen würde, obwohl ich mich mit dem Werkzeug auskenne. (Ich weiß grad auch nicht genau, warum. Vielleicht auch, weil mich die Qualität der bisherigen Beiträge in meinem Fachbereich nicht überzeugen).

Viel eher fände ich es aber wichtig und wertvoll, wenn sich innerhalb einer Schule zu Schulbuchteams zusammen fänden. Diese könnten die oben erwähnten Synergien viel einfacher und schneller nutzen und sich bei Problemen schneller verständigen.

Wenn man dann noch Werkzeuge hätte, die diese lokalen Schulbücher in einem größeren Rahmen verbinden könnte.

Ich weiß, das Unausgereifte daran ist, dass dan viele Bücher mit „identischen“ Inhalten entstehen. Aber ich meine, dass man innerhalb einer Schule die Kollegen viel einfacher motivieren kann und man die Zusammenarbeit hier am effektivsten verbessert.

PS

Ich bin übrigens kein grundsätzlicher Gegner von Schulbüchern und Schulbuchverlagen. Habe selbst ein paar Jahre an einem Geschichtsbuch mitgearbeitet und weiß daher um die Mühe, die so etwas macht. In diesem Zusammenhang erinnere ich mich auch an die vielen Diskussionen, die sich um einzelne Abschnitte, Quellenauswahl oder auch nur Bilder drehten. Und wir waren nur zu sechst. Aber im Endeffekt bin ich stolz auf diese Bücher. (Dass ich sie hier nicht nenne oder den Verlag verlinke hat nichts damit zu tun, dass ich mich ihrer schäme – aber es passt auch irgendwie nicht)

Ich benutze Bücher für meine Arbeit und reflektiere sie nicht immer tiefgehend, auch weil ich einen stressigen Beruf habe. So schätze ich Schulbücher, mit denen ich einfach ein Klassenzimmer betreten kann, um zu unterrichten. Ich nenne mich einen Profi, weil ich dieses Material – was die Schüler immer bei sich haben (sollten) – nutze.

Bei meinen Überlegungen hier gehe ich vom herkömmlichen Unterricht aus und blende alle modernen Formen, vor allem technischer Natur, erstmal weg. Bücher wie ich sie mir hier vorstelle, können im Unterricht genutzt werden, wenn die Technik vorhanden ist, für das Heimstudium, für die Vorbereitung und Dokumentation von Unterricht – also für Lehrer UND Schüler UND alle Interessierten.

PPS

Was mich an der Schultrojanergeschichte aber am ehesten nervt, ist, dass die Kultusminister der Länder nicht etwa Verträge mit Verlagen schließen, in denen die Arbeit der Lehrer unterstützt oder vereinfacht wird (z.B. Bereitstellung von Arbeitsstunden von Lehrern zur Erstellung von Schulbüchern wie sie beschrieben wurden), sondern Ihnen nachgeschnüffelt wird. Und das mit dem Argument der „Rechtssicherheit“ (für uns) – für mich hat dieser Begriff in diesem Zusammenhang immer den Touch von „Schutzhaft“.

Außerdem ist dies der längste Artikel, den ich hier je geschrieben habe. Man mag ihn als Steinbruch einiger Ideen nehmen. Etwas unaufgeräumt vielleicht.

Rückblick auf das Schuljahr I – Zeugnis für den Lehrer

Das „Zeugnis für den Lehrer“ gebe ich als Leerformular nicht jedes Jahr aus. Dieses Jahr aber hat es mich interessiert, weil es ein gefühlt schlechtes Jahr war. Ich war an sehr vielen Punkten zu ausgelaugt, um ordentlich zu arbeiten, zu viele offene Baustellen gehabt. Habe unverhältnismäßig viele Fehler gemacht. War, das passt wohl auch in die Reihe, zum ersten Mal seit einigen Jahren wirklich krank gewesen (Kehlkopfentzündung und Stimmbandprobleme durch eine verschleppte Erkältung) – „wirklich krank“ heißt in diesem Zusammenhang, dass ich mich habe krankschreiben lassen. Das war die erste Krankschreibung in meiner bisherigen Dienstzeit von 14 Jahren. Früher habe ich betont, dass ich nie krank bin(was natürlich nicht den Tatsachen entsprach) – mittlerweile bin ich zu alt für solche Prahlerei.

In Umkehrung habe ich aber auch in diesem Jahr meine Schlüsse gezogen und an einigen Stellen die Bremse gezogen. So habe ich die Mitarbeit an einem Geschichtsbuch für die bayerische Realschule vor dem letzten Band 10 aufgegeben. Außerdem meine junge „Karriere“ an der Uni eingestellt, wenn man es so sagen möchte. Schließlich aber auch schulintern einige Dinge „neu geordnet“.

Dennoch blieb ein großes Durcheinander.

In diesem Jahr jedenfalls wollte ich mal wissen mit Hilfe eines Feedback-Bogens, ob meine eigene Unzufriedenheit von den Schülern mitreflektiert wurde oder wird.

Mein Zeugnis für den Lehrer, welches ich in zwei Deutschklassen verteilte, sieht so aus.

Ich präsentiere die Ergebnisse der Klasse, die mich in diesem Jahr zum ersten Mal hatte.

Was ich sehr toll an ihnen finde, ist, dass

  • wir oft raus durften (ich gebe ihnen Arbeitsaufträge und stelle ihnen frei zu arbeiten, wo sie wollen)
  • wir viel frei erarbeiten durften
  • das Internet eine Rolle spielte
  • sie immer für einen Spaß zu haben sind
  • sie ehrlich und direkt sind
  • sie uns nicht nicht nur den vorgegebenen Stoff beibringen, sondern mehr darüber hinaus
  • wir so viel Gruppenarbeit machen durften
  • sie auch auf Freaks eingehen und sie nicht anders behandeln
  • sie Unterricht auch spontan gestalten
  • man sie im Internet auch was fragen kann
  • wir unsere Meinung sagen dürfen
  • man bei ihnen über Sachen lacht, für die man bei anderen Lehrern bestraft wird
  • sie uns sagen, wenn wir gut sind

Auf manche dieser Äußerungen bin ich mächtig stolz und möchte sie quasi 1:1 meinen Referendaren und Praktikanten ins Poesiealbum schreiben. Und ich freue mich, weil ich einfach merke, dass einige meiner Absichten durchkommen. Auf keinen Fall muss ich hier was kommentieren.

Entsprechend dann das andere Gesicht meines Unterrichts und meiner Lehrerpersönlichkeit.

Was ich an ihnen gar nicht mag, ist, dass

  • wir manchmal etwas wenig für die Schulaufgaben gemacht haben
  • sie manchmal echt zu direkt sind
  • sie manchmal lustig sein wollen, was nicht immer so ist
  • sie manchmal Sachen zu kompliziert erklären
  • sie manchmal gar keinen Unterricht vorbereitet haben
  • sie manchmal schlechte Laune haben und an uns auslassen
  • der Unterricht bei ihnen manchmal keinen Zusammenhang hat
  • sie Schüler manchmal nicht ernst nehmen

Da habe ich schon geschluckt. Mehrmals. Denn das ist natürlich nicht das, was man als Lehrer hören will. Und leider muss ich bei allen Punkten nicken. Sicher kann ich manche Sachen miteinander erklären, so z.B. dass ich einen speziellen Humor habe und einige damit nichts anfangen können. Dass jeder Lehrer ja mal schlechte Laune hat. Usw. Usf.

Dennoch treffen mich einige Punkte. Und so lang ich sie auch durchlese, so finde ich keine Rechtfertigung dafür. Und es wäre mir zu leicht, wenn ich sagen würde, dass ich das nun einfach nächstes Jahr alles besser machen werde.

Muss erstmal auf die Reihe bekommen, ihnen zu signalisieren, dass sie mit diesen Anmerkungen durchaus auch ins Schwarze getroffen haben. Und dann schauen, was geht.

Aber ich will erstmal Ferien.

PS: Lese diesen Artikel hier grad Korrektur und sichte den Reader. Fällt mein Blick auf einen Artikel von Martin Kurz, der sich grad schon auf das neue Schuljahr vorbereitet. Ich selbst muss die nächste Woche auch noch arbeiten, obwohl schon Ferien sind, denn die Schulleitung plant natürlich schon das nächste Jahr. Aber ich stimme Martin zu: Schule ohne Schüler hat auch was für sich ;).

 

Öffentlichkeit als Partner – mal was Banales

Vor einiger Zeit musste ich mich der Kritik an meinem Blogverhalten stellen. Dabei ging es vor allem darum, dass

  • ich zu viel von mir selbst in die Öffentlichkeit stellte
  • ich die „falschen Dinge“ bloggte, die mich über böse Mitleser in Teufels Küche bringen könnten
  • ich über Dritte bloggte, wiedererkennbar, auch aus Gesprächen heraus
  • ich Institutionen (nicht schulisch) bloßstellte.

Da Indiskretion nicht zu meinen Charaktereigenschaften zählen sollte, war ich darüber wirklich etwas betroffen. Meine Meinungsäußerungen habe ich heraus genommen, eher aus Verbundenheit als aus Einsicht und meine Grundhaltung wurde hier auch noch nicht widerlegt. Aber die Kritik will ich nicht explizit mit Einzelmenschen in Verbindung bringen, weil sie dort nicht hin gehört.

Über die ersten beiden Aspekte habe ich in der letzten Zeit immer wieder nachgedacht. Dabei ging es mir weniger darum festzustellen, wo mein Fehler lag, sondern vielmehr darum herauszufinden, warum andere hier ein größeres Problem witterten. Eine der Gefahren, die mir ja an die Wand gemalt wurden, war die Geschichte mit der „Post-Privacy“-Debatte. Also die Angst vor einer Gesellschaft, in der es keine Privatsphäre mehr geben würde – als Totalaufgabe der Grundrechte, die wir so hoch gehalten haben / halten / was auch immer. Dies, nicht das Mobben, die Pädophilie und der Rechtsextremismus im Netz, sei die eigentlich Gefahr. Und ich sei hier ein Beispiel dafür, dass es in diese Richtung ginge.

Nachdem ich nun alle meine Artikel gesichtet habe, frage ich mich ernsthaft, wo hier eine Gefahr der ultimativen Selbstentblößung stattgefunden hat. Ich konnte es bis heute nicht so recht entdecken.

Beim weiteren Grübeln bin ich gedanklich auf eine Beobachtung gestoßen, die eben besonders bei Lehrern zu entdecken ist. Hier mag man zwei große Gruppen unterscheiden: diejenigen, die eine sehr große Distanz zum Schüler/der Schule brauchen und diejenigen, die dies nicht benötigen.

Einer der Aspekte, die hier z.B. immer wieder in Lehrerforen diskutiert werden, ist der des richtigen Wohnorts. Die einen wollen möglichst weit weg von der Schule wohnen, weil sie am Nachmittag keine Schüler sehen wollen, bzw. in der Furcht leben, die Schüler könnten alles über das eigene Privatleben herausfinden. Und es gibt die anderen, die diese Furcht nicht kennen.

Es gibt diejenigen, die mittags um 13.00 Uhr möglichst schnell das Schulhaus verlassen, keine außerunterrichtlichen Schulveranstaltungen besuchen, in keiner Unterrichtsstunde Privates besprechen und auch sonst nur schulische Dinge zwischen sich und dem Schüler sehen wollen. Und es gibt die anderen.

Ich meine zu verstehen, warum hier ein Problem gesehen wird. Der Lehrer ist von Anfang an eine öffentliche Person, die in besonderem Maße unter der Beobachtung anderer Leute steht, sei es innerhalb der Schule oder außerhalb. Und wie alle Deutschen grundsätzlich die geeigneten Bundestrainer sind, so sind sie auch alle die besten Lehrer. Dass dieses Ausgesetztsein Unsicherheit hervorrufen kann oder auch Ermüdung, liegt auf der Hand.

Zwischenbemerkung: Man mag mich nicht falsch verstehen – ich sehe hier zuvorderst keine Bewertung: jeder macht seine Arbeit wie sie am besten zu ihm passt. Gute und schlechte Lehrer will ich an anderen Maßstäben bemessen sehen.

Für mich gibt es dieses Problem nicht in der Art. Ich habe ein ausgeprägtes Privatleben mit verschiedenen Hobbys und auch das Zusammenleben mit meiner Frau gestaltet sich spannend genug. Dennoch habe ich keine Probleme damit, wenn Schüler an unserem Grundstück vorbeigehen und stehen bleiben, um ein Schwätzchen zu halten. Dennoch wechsle ich nicht die Straßenseite, wenn mir Eltern begegnen. Ich erzähle im Unterricht auch Dinge über mich, wenn man mich fragt. Und ich habe keine Probleme damit, meine Frau vor Schüleraugen zu küssen, wenn sie mich in der Schule abholt. Die Schule und der Kontakt zu Schülern ersetzt mir nicht mein Leben.

Mein Seminarrektor im Referendariat sagte einige Dinge, an die ich mich immer wieder erinnere. Wichtig war dabei auch seine Anmerkung darüber, wie man als Lehrer in der Öffentlichkeit stehen sollte. Er war der Überzeugung, dass ein Lehrer nicht nur in der Schule aktiv sein sollte, sondern auch außerhalb der Schule, in der Gemeinde, in Vereinen und auch in Leserbriefen in den regionalen Zeitungen. Er sollte präsent sein, um auch gegen das allgemein vorherrschende Bild von Lehrern angehen zu können.

Um den Bogen zu spannen: Nicht anders erscheint mir mein Blog oder der von anderen Lehrern. Es ist die quasi logische Fortführung der Öffentlichkeit, die man als Lehrer ohnehin hat. Es ist das Präsentsein im Netz, in Facebook, Google+, in Foren und an anderen Orten. Jedem bleibt auch hier die Wahl, ob er es anonym macht oder unter Vollnamen – oder auch in einer Mischform, wie ich es hier tue. Aber es ist in meinen Augen die Weiterführung der Öffentlichkeit, die man als Lehrer ohnehin besitzt – auch wenn man sie negiert. Und der Blog ist die Möglichkeit für mich, diese/meine Öffentlichkeit mit zu bestimmen und mit zu gestalten. DAS erscheint mir wichtig.

Und jeder Link, der sich „Kommentar“ nennt ist damit eine Aufforderung. Für andere hier und für mich woanders.