Das neue Schuljahr hat begonnen, nicht ganz astrein, etwas holprig, aber es läuft. Erste Notiz an mich: Nicht immer nur die Fehler sehen.
Kaum hat es begonnen, fahre ich (morgen) nach Dillingen, und zwar zur ersten Kurs-Woche für neu ernannte Schulleiter an Realschulen in Bayern. Es folgen noch eine Woche im Januar und eine in den Osterferien. Einmal querbeet durch die Arbeitsbereiche des Schulleiters auf der Basis eines Gesamtkonzepts. Von morgens 9 Uhr bis abends um 20 Uhr. Unterbrochen von Mahlzeiten und wenn Sie Dillingen kennen: Nein, ich gehe nicht am Abend in den Akademiekeller. Weil ich zu den Menschen gehöre, die ihre sozialen Fähigkeiten als Akku betrachten, dessen Kapazität irgendwann einfach erschöpft ist und nur durch Ruhe und Kontemplation wieder aufgeladen werden kann. Zweite Notiz an mich: Denk an dich.
Beim Vorablesen einiger Unterlagen merke ich, dass es irgendwie doch ernst wird. Ernster noch als im vergangenen Halbjahr, wo ich mich immer rausreden konnte damit, dass ich ja nur die Vertretung bin. Dritte Notiz an mich: Lass dich endlich drauf ein, Chef. Der 5. Klässler, der auf dem Gang neulich hinter mir her lief und laut rief: „Hallo, Herr Direktor“ hat es ja auch kapiert.
Eine deutliche Veränderung aber ist der reduzierte Unterricht, der sich aktuell auf zwei Sozialkundeklassen beschränkt, also vier Stunden. Neulich kam mir der Gedanke, dass sich das auf Dauer nicht ändern wird. Dass ich auf Jahre hinaus wahrscheinlich mindestens eins meiner drei Fächer nicht mehr unterrichten werde. Ob das schade ist? Ob mir der Unterricht fehlt? Nicht wirklich muss ich sagen. Aus mehreren Gründen. Zum einen natürlich, dass ich so viel anders zu tun habe, dass daneben nicht wirklich noch ein großer Stundensatz Unterricht bewältigt werden kann – und das meine ich zeitlich und inhaltlich. Zum anderen übernehme ich aber jetzt natürlich auch die Beurteilung der KollegInnen, was Unterrichtsbesuche mit einschließt. Und vor allem auf die Unterrichtsbesuche freue ich mich, denn wann hat man sonst die Gelegenheit so viele ganz verschiedenen LehrerInnen in ihrem Unterricht zu sehen?
Was ansteht und mir quer hängt, ist die Amtsantrittsfeier. Es gibt Personengruppen, die mich sanft aber bestimmt dazu brachten, von meiner Antihaltung (ich kenne da noch einen Kollegen, der dieselbe Haltung hat) abzurücken. Man erklärte mir (und ihm), dass diese Feier durchaus wichtig sei, um sich, den KollegInnen und der Öffentlichkeit drumherum zu zeigen, dass man jetzt der Chef ist. Unsere Ablehnung, so klärte man mich auf, da wären wir ja nicht die einzigen, sei normal bei Konrektoren, die schon vor der Ernennung zum Schulleiter die Schule führen mussten, weil der Chef aus unterschiedlichsten Gründen nicht mehr aktiv war. Und dennoch: Die Vorstellung, dass Leute vor anderen Leuten über mich reden und das noch in meiner Anwesenheit, erzeugt in mir Unwohlsein.
Unterm Strich aber versuche ich grad nebenbei mein Leben neben dem Job zu stärken, denn zugegebenermaßen ist dies deutlich zu kurz gekommen. Selbst in den Ferien habe ich das Gefühl gehabt, dass es grad mal dazu reichte, Schlaf nachzuholen. Dies umso wichtiger, da dieser Blog zu einem Schulleiter-Blog verkommt.
Die E-Bike-Geschichte hat sich etwas festgesetzt. Die würde ich gern weiter verfolgen, vor allem, weil mir seit einiger Zeit das Autofahren auf den Senkel geht. Rund um und in Nürnberg werden grad Autobahn- und Straßenbauprojekte durchgezogen, die den Verkehr auf allen meinen möglichen Strecken nahezu täglich schwer machen. Neulich, ich saß im Auto und versucht zur Schule zu kommen, meldete der Vertretungsplanmacher über Threema, dass er jetzt aufgebe, den Plan weiter zu machen, weil immer mehr Lehrer sich meldeten, die irgendwoe stecken geblieben waren, er würde jetzt einfach nach Gehör durchs Haus gehen und die lehrerlosen Klassen einsammeln.
Im Oktober, nach Dillingen, steige ich für vier Wochen auf den ÖPNV um, um den anzutesten und wenn der Winter rum ist, könnte das Fahrrad eine Lösung sein – wie ich hoffe, für mehrere Probleme, nicht nur den Verkehr.
Ist das jetzt noch Nischen-Bloggen oder schon Tagebuch, Herr Rau?
Ich bin letzte Woche 49 geworden.
Dann nachträglich die besten Geburtstagswünsche!
H. war im Laufe seines Lehrerlebens ein Dutzend mal in Dillingen (Selbsterfahrungsgruppe, Beratungslehrer, Schulleiter) und war nie im Akademiekeller. Mit einer Freundin oder einem Freund in das Wirtshaus der Akademie gegenüber (gibts nicht mehr als Dillinger Wirtshaus, servierte damals herrliche Kutteln) oder an die Donau oder in eine Dillinger Kneipe. Was ihm angekreidet wurde, ihm aber egal war.
Wie unterschiedlich Schulleitungen verschiedener Schularten bis heute behandelt werden: H. musste 17 Stunden unterrichten, was er oft angenehmer empfand als die Telefonate und Verhandlungen mit vorgesetzten Stellen. Die Schule war zwar kleiner, aber es gab auch keinerlei andere Funktionsstellen.
Danke.
Ich glaube gegenüber gibt es immer noch ein Lokal, kann mich aber nicht erinnern, ob es ein Pizza-Lieferdienst oder eine Tapas-Sache war/ist. Bei den letzten Malen war ich in der Traube, habe bayerische Hausmannskost verspeist, üppig, mit Bier und danach grundsätzlich schlecht geschlafen. Das Essen war aber gut. Vielleicht sollte ich meine Kreise vergrößern. Beim letzten Mal bin ich in der Mittagspause einfach 30 Minuten in eine Richtung gegangen und habe geguckt, einen schönen Friedhof entdeckt. Vielleicht nehme ich diese Woche mal die andere Richtung.
Ein Internet-Kollege hat sich grad schon über Twitter gemeldet, dass er auch dort sei – so habe ich nun schon eine Verabredung zum Kaffee.
Das mit der unterschiedlichen Behandlung hatten wir schon mal, ja, und ich stelle es immer wieder fest. Auch im Hinblick auf das Gymnasium. Und ja, Unterricht ist oftmals berechenbarer als alles andere und erlebnisreicher. 17 Stunden sind heftig, in der Tat und bei aller Liebe.
E-Bike kann ich sehr empfehlen. Mein Schulweg dauert damit nicht länger und ist v.a. berechenbarer geworden. Sehr angenehm. Ich mag mein Bosch-Haibike 🙂
Mit einer Bestellung aber nicht zu lange warten: im Frühjahr wollen wieder alle eins, es wird immer noch jedes Jahr knapp.
Ok, Danke. Meinst du kurz vor Weihnachten – das war mein Plan – wäre es noch ok?
Tagebuch, denke ich, und recht so – so oder so. 🙂
Nun ist die Woche ja schon rum, aber zwei kommen nach. Ich empfehle zum Seele baumeln lassen in Dillingen den Irish Pub. Musik, Klientel und Bier waren auf jeden Fall nach meinem Geschmack, erheblich mehr als in besagtem Keller. Abgesehen davon kann man durchaus auch als SL einer mittelgroßen Realschule 10 Stunden Unterricht halten 😉
LG und lass dich nicht unterkriegen!
Tobias
Im Irish Pub war ich vor vielen Jahren mal. Vor den Zeiten des Rauchverbots. Ich hatte drei Monate aufgehört und Dillingen war sehr langweilig. Und ich ging ins Pub – und fing das Rauchen wieder an. Seither meide ich diese Location, auch wenn es sicher 15 Jahre her ist. Vielleicht sollte ich im Januar das Risiko noch mal eingehen.
Wie hast du unterm Strich die Fortbildungen für neu ernannte SL empfunden?
Und nein – 10 Stunden sind für beide Seiten nicht gut („Herr Kuban, Sie sind schon wieder zu spät.“ *Augenrollen* – wenn man rechtzeitig losgeht aber an jeder Ecke in ein Gespräch verwickelt wird)