Ich glaube, ich erwähnte es mal. Die Ansage meiner Psychologie-Seminar-Lehrerin am Ende des Referendariats (1999): Sie brauchen nach Ende des Refs 5 Jahre, um anzukommen. Ich erinnere mich nicht mehr exakt an die Worte. Dem Sinn nach benötigt man 5 Jahre, um wirklich einen Stand als LehrerIn zu haben. Ausreichend Erfahrung gesammelt und gelernt zu haben.
Wir haben das damals ein wenig belächelt, aber ich muss sagen, es war so. Die ersten Jahre waren unsicher, unruhig und erst mit der Zeit entwickelt man sich zum Charakter als LehrerIn und hat irgendwann einen Ruf, mit dem man arbeiten kann. Man weiß halt Bescheid. Ich habe in den 5 Jahren zwei Mal die Schule gewechselt, da hat es ein bisschen länger gedauert.
Als ich Schulleiter wurde, fiel mir das wieder ein und ich hatte mir bewusst vorgenommen, mir diese 5 Jahre zu geben. Dagegen spricht auch nicht, dass ich nach 1,5 Jahren meine Kündigung als Schulleiter formulierte und abgab (ich zog sie ein paar Monate später wieder zurück). Und doch habe ich gekämpft darum, den Kopf über Wasser zu halten.
Jetzt habe ich fast sieben Jahre hinter mir, habe gerade die zweite Schulleitung übernommen und in der vergangenen Wochen entdeckt, dass ich innerlich den wichtigen Punkt erreicht habe:
- ich kann besser gerechtfertigte Kritik und ungerechtfertigtes Gejammer unterscheiden und zwischen Einzelmeinungen und strukturellen Unebenheiten
- ich wache nur noch einmal im Monat früh auf und grüble über eine nebensächliche Begegnung oder abseitiges Gespräch nach
- ich übe erfolgreich Gedankenstopp-Techniken und Affirmationen
Meine beste kam mir neulich, als ich mich durch eine Person (ich weiß nicht mehr genau, wer das war) in meiner Rolle als Chef angegriffen fühlte – was sicher nicht beabsichtigt war. Ich blieb äußerlich gelassen, aber schrieb danach grün in mein Notizbuch:
Ich habe den ganzen Scheiß hier nicht geschenkt bekommen.
Damit bekomme ich bestimmte Tage jetzt immer gut hin.