Michael Holzach
Beim digitalen Überfliegen der Tages- und Wochenzeitungen auf den Hinweis eines Zeit-Artikels über Michael Holzach gestoßen, worauf die Ausgabe gekauft wurde. Gelesen und für toll befunden.
Nach einer kurzen Recherche gesehen, dass es weitere Ausgaben anderer Artikel oder Veröffentlichungen nur noch im Antiquariat gibt. Also bestellt.
20 Cover
Herr Rau wies auf eine Aufgabe bei Mastodon hin, der ich nicht widerstehen konnte: Cover von 20 Büchern, die einen beeindruckt, beeinflusst nachhaltig bewegt haben. Keine Erklärungen.
Ich gehe vor wie er: Alle Cover auf einmal. Aber ich erläutere nichts. Ich erinnere die Lebensumstände, in denen ich einzelne gelesen habe (zwei lese ich grad noch, brauche immer wieder eine Pause), weiß auch, in welchen Geschäften ich andere gekauft habe. Manche Bücher lagen lange bei mir herum, bis ich sie wirklich gelesen habe. Den Titel eines Buches hat mal die ältesten Freundin (1985 kennengelernt, das letzte Mal 2005 live gesehen, aber immer noch in Kontakt) in den 2000er Jahren noch mal erfragt, wo sie schon lange in London wohnte und arbeitete. Wir hatten zwischen 1986 und 1988 verschiedene Kapitel daraus gelesen und uns lange drüber ausgetauscht. Wenn ich im Buch blättere, finde ich noch in einigen Anmerkungen ihre Handschrift.
Nachdem ich den Holzach-Artikel gelesen hatte war es aber klar, wo ich anfangen konnte.
Ich habe mehr Fotos als diese gemacht heute am Bücherregal. Manche Bücher habe ich nicht mehr (bestellte sie grad antiquarisch nach)
Nachtrag
Mir läuft ein literarisches Werk immer mal wieder durch den Kopf, was ich noch nie gelesen habe, was mich aber fasziniert, weil ich mal eine Lesung im Ausschnitt über einen Kopfhörer gehört habe: Ut Mine Festungstid von Fritz Reuter, gehört im Museum.
Geschrieben nach 7 Jahren Festungshaft, wobei er ursprünglich zum Tode verurteilt war. Und wie er dann nach Hause wandert, bemerkt er erst wieviel Zeit vergangen war. Beim ersten Hören habe ich nicht alles verstanden, beim Lesen dann umso mehr:
So! Säben Johr legen achter mi, säben swore Johr, un wenn ick ok up Stun’ns in’n ganzen lustig dorvon vertellt heww, sei legen mi dunn swor as Zentnerstein up’t Hart; in dese Johren was nicks gescheihn, mi vörwarts tau helpen in de Welt, un wat sei mi mäglich nützt hewwen, dat lagg deip unnen in’n Harten begrawen unner Haß un Fluch un Grugel; ick müggt nich doran regen; ‚t was, as süll ick Gräwer upriten un süll minen Spaß mit Dodenknaken bedriwen. – Un wat lagg vör mi? – ’ne Haid mit Sand un Dannenbusch. – Weg‘? – Oh, vele Weg‘ führten dor dörch, äwer gah man einer so’n Weg, hei sall woll mäud‘ warden. – Un wecker was de rechte? – Ick bün rechtsch gahn – nicks as Sand un Dannenbusch; ick bün linksch gahn – datsülwige. – Wo ick henkamm – keine Utsicht! Ok de Minschen wiren anners worden. – Männigein hett mi ’ne fründliche Hand henreckt; äwer in’n ganzen stimmte ick nich mihr mit ehr tausam. Mi was tau Maud‘, as wir ick en Bom, de kröppt wir, un üm mi rümmer stunnen de annern un gräunten un bläuhten un nemen mi Licht un Luft weg.
Dat Kröppen hadd ick mi woll noch gefallen laten, denn ick fäuhlte in mi noch ’ne düchtige Lust taum Driwen un Utslagen; äwer in de Tid wiren mi ok de Wörteln afsneden. – Min oll Vader was nah Däms henkamen und hadd mi besöcht; hei was desülwige olle gaude Vader von vördem; äwer in de säben Johr wiren mit mine Hoffnungen ok sine verdrögt; hei hadd sick gewennt, mi so antauseihn, as ick mi sülwst ansach – as en Unglück; hei hadd sick för de Taukunft en annern Tausnitt makt, un ick stunn nich mihr vöran in sin Rekenexempel. Wi wiren uns frömd worden; de Schuld lagg mihr an mi as an em; de Hauptschuld äwer lagg dor, wo mine säben Johr legen.
Ach, wat wiren dat för Gedanken! – Wat was ick? Wat wüßt ick? Wat kunn ick? – Nicks. – Wat hadd ick mit de Welt tau dauhn? – Rein gor nicks. – De Welt was ehren ollen scheiwen Gang ruhig wider gahn, ahn dat ick ehr fehlt hadd; üm ehrentwillen kunn ick noch ümmer furt sitten un – as ick so unner den Dannenbusch satt – för minentwegen ok. – Äwer du büst fri! du kannst gahn, wohen du willst! De Welt steiht di apen! – Ja, äwer wecker Weg is de rechte? – »Schüten, kumm her!« un ick bunn minen lütten Hund von de Lin los, »allong! Vöran!« Ick spelte en beten Blin’nkauh mit de Welt. – De Taufall un de Instinkt, dat wiren de beiden einzigsten Haken, de ick in ehre kalen Wän’n inslagen kunn. Up de Festungen hadden sei mi knecht’t; äwer sei hadden mi en Kled gewen, dat was dat füerfarben Kled von en grimmigen Haß; nu hadden sei mi dat uttagen, un ick stunn nu dor: fri, äwer ok splitterfadennakt, un so süll ick rinne in de Welt.
Der Solschenizyn begleitet mich in dieser Ausgabe seit meiner Kindheit, gelesen habe ich ihn noch nie. Über die ersten 80 Seiten bin ich nie hinausgekommen, weil sie so ganz anders waren als erwartet und so gut.
William Least Heat Moon erst spät gelesen, der Pirsig war ganz knapp nicht in meiner Liste, aber ich zehre noch heute davon, auch vom Cioran.
Den Solychenizn habe ich so mit ein paar anderen Büchern von meinem Großvater 1985 geerbt, aber erst im Studium in den 90ern gelesen, aber auch nie ganz. Für mich war er in Bezug auf den Geschichtsunterricht spannend, weil er ein diktatorisches System von innen zeigte sozusagen – wie es seine eigenen Leute eben auch frisst. Die einzelnen Aspekte habe ich immer wieder entdeckt, so z.B. beim Besuch des ehemaligen Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen inklusive der Lebensgeschichten derjenigen, die uns durchgeführt haben.
Blue Highways hat mir vor zwei oder drei Jahren Arne Paulsen (https://reine-leere.de) geschenkt, als ich ihn in Niedersachsen auf der Durchreise besucht habe – und der erinnerte ja schon stark an Pirsig.
Was mich überrascht, dass du Cioran kennst – ich kann mich nicht mal ansatzweise daran erinnern, wann ich den mal nachhause getragen habe. Da war ich grad um die 20. Weiß nicht mehr, wie ich darauf kam.