Essay – Heimat – 10. Klasse

Aufgabe: Schreibe ein Essay zum Thema „Heimat“.

Erläuterung: Was um Gottes Willen ist ein Essay?

Wikipedia sagt: „Ein Essay…ist eine geistreiche Abhandlung, in der wissenschaftliche, kulturelle oder gesellschaftliche Phänomene betrachtet werden. Im Mittelpunkt steht die persönliche Auseinandersetzung des Autors mit seinem jeweiligen Thema. Die Kriterien wissenschaftlicher Methodik können dabei vernachlässigt werden; der Schreiber hat also relativ große Freiheiten.“

Also: Ein Essay ist geistreich, d.h. es ist klug verfasst – manchmal auch unterhaltsam, nicht etwa mit komischen Späßen oder billigen Witzen versehen. In ihm werden gesellschaftliche Phänomene behandelt, d.h. aktuelle wichtige Themen. Unser Thema ist „Heimat“ – ein Thema, was angesichts der vielen verschiedenen Nationalitäten in der Klasse ja ganz schön aktuell ist. Ganz wichtig dabei ist aber, dass der Autor (DU!) sich persönlich damit auseinandersetzt. Er steht im Mittelpunkt. Richtig gut finde ich die Formulierung, dass er dabei große Freiheit hat. D.h. es ist nicht vorgegeben, in welcher Form er sein Essay abgibt.

Kleine Hilfen:

(nicht zu verwechseln mit Fragen, auf die man einfach zwei Sätze zur Antwort aufschreibt)

Frage dich als erstes, was der Begriff „Heimat“ für dich bedeutet. Wofür steht er? Was verstehst du darunter? Zweitens bestimme für dich, wo deine Heimat liegt. Drittens entscheide dich für ein Objekt, wie ich es im Unterricht gesagt habe, fotografiere es, beschreibe es und erkläre, warum er für dich etwas mit Heimat zu tun hat.

Letzter Tipp: Ich würde mindestens eine Seite Text erwarten, getippt, in der Größe wie hier.

Ganz letzte Sache. So würde der Anfang des Essays bei mir aussehen und sich lesen:

„Heimat ist ein seltsamer Begriff, der in meinem Leben einerseits keine Rolle spielt. Es geht dabei ja darum, dass man sich irgendwo dazugehörig fühlt –und das tue ich nicht, weder zu einem Land/einer Nation noch zu einer Idee. Meine Familie stammt aus Schlesien und wurde nach dem Krieg über ganz Deutschland verteilt, von Hamburg bis Stuttgart, von Köln bis Töging. So etwas wie ein Elternhaus gibt es nicht, gab es nie – jedenfalls nicht hier. Ich selbst bin in meinem Leben mehr als zehn Mal umgezogen und Abschiede waren nie schwer, Brücken abzubrechen auch nicht. Ich habe mal gelesen, dass das typisch für Kriegsenkel ist. Wie kann ich da wissen, was Heimat ist? Trotz alledem aber weiß ich, dass es bestimmte Gegenden gibt, die in mir ein wenig das Gefühl von „nach Hause kommen“ geben. Und diese Gegenden haben immer was mit Wasser zu tun, liegen also im Bereich der Nordsee, der nördlichen Elbe. Wenn ich also einmal im Jahr, wenn es klappt, nach 6 Stunden Autofahrt in Hamburg ankomme, die Menschen reden höre, das Wasser rieche, dann mag das etwas sein, was dem Gefühl Heimat recht nahekommt.“

Letzter Abgabetermin ist der 13.5.2016 um 13.15 Uhr in meinem Büro. Es gibt keine Zeitverlängerung. Du kannst es mir handschriftlich, ausgedruckt oder in jeder anderen beliebigen Form abgeben. Wenn du weitere Fragen hast, frage deine Mitschüler und diskutiere mit ihnen. Wenn du keine Antworten auf deine Fragen bekommst, ist das kein Grund nichts abzugeben.

Bewertet werden Inhalt (klug, unterhaltsam, ehrlich, tiefgründig), Form (Originalität – du kennst viele Textformen: Reportagen, Berichte, Romane, Gedichte, Briefe usw. , Sauberkeit – Handschrift kann auch sauber sein) und die erkennbare Mühe und Anstrengung in der Auseinandersetzung mit dem Thema.

Deutsche Leitkultur, Gedichte, Staatsanwaltschaft

Ohne dass ich es vertieft verfolgt hätte oder spezielle Sympathien hege, aber ich fühlte mich erinnert.

XVI

Der Wechselbalg

Ein Kind mit großem Kürbiskopf,
Hellblondem Schnurrbart, greisem Zopf,
Mit spinnig langen, doch starken Ärmchen,
Mit Riesenmagen, doch kurzen Gedärmchen –
Ein Wechselbalg, den ein Korporal,
Anstatt des Säuglings, den er stahl,
Heimlich gelegt in unsre Wiege –
Die Mißgeburt, die mit der Lüge,
Mit seinem geliebten Windspiel vielleicht,
Der alte Sodomiter gezeugt –
Nicht brauch ich das Ungetüm zu nennen –
Ihr sollt es ersäufen oder verbrennen!

 

Vom deutschesten aller Dichter: Heine.

Deutsche Leitkultur im Reinsten. Ein Gedicht, das zwei Majestäten auf einmal beleidigt. In diesem Fall Friedrich Wilhelm IV. von Preußen und seinen Vater Friedrich II. (ja, der angeblich Große). Der eine wird als Missgeburt beschrieben, der andere als Sodomist. Zum Abschluss noch der Aufruf zu Mord und Totschlag.

Ich bin nicht sicher, was hier mehr deutsche Leitkultur ist: Das Gedicht – oder die Tatsache, dass Heine zu diesem Zeitpunkt schon seit Jahren nicht mehr in Deutschland lebte und ein preußischer Haftbefehl auf seinen Namen existierte, so dass er bei der nächsten Einreise verhaftet werden sollte. Seine Werke waren verboten, nicht nur die schon existierenden, sondern auch die noch nicht geschriebenen.

Lernen #bloggerfuerfluechtlinge

Damals

Es war etwa 1977/78, vierte Klasse oder so. Die Klassenzimmertür ging auf und unsere Lehrerin brachte einen neuen Schüler mit. Dimitrios. Am Abend vorher aus Griechenland gekommen, heute schon in der Schule. Fand ich damals krass. Da neben mir ein Platz frei war, schlug ich vor, dass er dort sitzen könnte, ich würde ihm helfen. Das tat ich auch.

In unserer Klasse saßen Portugiesen, Italiener, Spanier. Die Schule war katholisch. Der Stadtteil ein alter Hamburger Arbeiterstadtteil, das heißt es gab auch jede Menge Lipinskis, Wisniewskis, Schimanskis. Schlesier, Ost- und Westpreußen, Sudeten. Ich kann mich kaum erinnern, dass es anders als normal war. Türken gab es auch schon. Ich erinnere mich, dass man das Viertel um den Bahnhof herum, das „Türkenviertel“ nannte.

Dimitrios war ein riesiger Kerl, ich eher der kleine Streber. Das rechnete sich später einmal, als ich im Freibad irgendwie Stress mit komischen anderen Kindern bekam. Dimitrios sah das von fern und kam mal vorbei. Da er alle Kinder deutlich überragte, war das Problem schnell gelöst.

Heute

Schon im Juli musste ich für meinen Chef einen offiziellen Termin wahrnehmen, im Rathaus. Treffen des Unterstützkreises Flüchtlingshilfe. Der Bürgermeister wollte informieren über die Außenstelle Zirndorf in unserem (Schul-)Ort, eine Erstaufnahmestelle in einem ehemaligen Altersheim. 100 Menschen sollten kommen in einem ersten Anlauf.

Anwesend war auch eine Dame, die schon an anderer Stelle organisatorische Unterstützung gab an Arbeitskreise, die sich um Flüchtlinge vor Ort kümmern wollten. Entsprechend kam es an jenem Tag zu einer schnellen Begründung von drei Arbeitskreisen: Deutschlernen/Dolmetscher, Freizeitgestaltung, Betreuung (z.B. Ämter oder Arztbesuche). Ich schrieb mich beim Deutschlernen ein, was so eigentlich nicht geplant war. Aber schon nach zwei Wochen stand ein erster Kurs, in dem sich 14 Menschen zusammengefunden hatten, die nun mehrfach in der Woche den Flüchtlingen, die wollten, erste Grundlagen der deutschen Sprache vermittelten. Seit 6 Wochen läuft es.

Mein Part dabei ist einmal die Woche 90 Minuten mit drei anderen Unterstützern die Stunden (immer ein Paket von 90 Minuten) zu halten. Außerdem pflege ich ein Forum im Internet über eine eigene Domain, über das wir uns organisieren und kommunizieren – z.B. über das, was wir gemacht haben, über Anzahl der Lerner oder den Wechsel im „Altersheim“. Mit einer Schulorganisation im Rücken versuche ich noch andere Dinge zu organisieren – versuche vor allem, mich nicht allzusehr vorzudrängen. Lehrer sind ja manchmal so.

Erkenntnisse

Der Unterstützerkreis, an dem ich beteiligt bin, besteht aus Personen im Alter von 18 bis (sicherlich) 60 Jahren, vielleicht älter (man möge verzeihen, falls ich übertreibe). Dieser Personenkreis hat sich innerhalb von zwei Wochen in das Forum eingetragen und nutzt es seitdem aktiv. Ich versuche parallel Materialien über Google Drive bereitzustellen, auch das wird angesprochen. Emails werden in der Regel innerhalb von Stunden beantwortet.

Wenn ich das vergleiche mit dem, was im engeren Schulbereich unter Kollegen läuft, bin ich baff erstaunt. Einfach so.

Ich erlebe hautnah das mit, was man gern als bürgerliches Engagement bezeichnet und bin ebenso erstaunt, wie gut und schnell und selbstverständlich das läuft.

Und ich treffe jede Woche einen Haufen Menschen, mit denen ich mich oft nur schwer verständigen kann. Bei denen ich verzichten muss auf langatmige Vorträge und differenzierte Ausführungen. Bei denen alles einfach laufen muss. Und einfacher läuft.

Ich gehöre nicht zu denen, die schnell und einfach Kontakt finden oder die sich leicht tun im Zusammenkommen mit fremden Menschen – und so gehe ich oft mit ein wenig Bauchgrimmen und Lampenfieber zu meinen Deutschstunden.

Und doch: Ich lache viel mit Menschen aus dem Irak, aus Syrien, Dschibuti, Äthiopien, Afghanistan, Albanien, der Ukraine und Weißrussland. Versuche mir ihre Namen zu merken, auch wenn sie nur drei Wochen da sind. Schnappe ein paar Worte in mir fremden Sprachen auf. Und es geht uns allen, hoffe ich, ein bisschen gut dabei.

choch – der Pfirsich. Geschrieben xox, wie ich grad ergoogelt habe. Und sef – der Apfel. Oder eher: sêv .

Das war kurdisch.

Gelesen: Green. Johnson. Myracle. Tage wie diese.

Nach der Lektüre von „Das also ist mein Leben“ geriet ein weiteres Jugendbuch in meine Hände und da ich die letzten Tage schon mal mit dem Abspannen anfing, legte ich mich dauerhaft auf die Couch und las „Tage wie diese“, ein Roman, der eigentlich aus drei Kurzromane verschiedener Autoren besteht. Alle drei spielen in demselben Ort, es gibt sich überschneidende Handlungen und Charaktere, aber es wird jeweils aus einer anderen Perspektive erzählt.

Kurzweilig und an Weihnachten spielend. Stelle es mir interessant vor, in dieser Art mal ein Schreib-/Filmprojekt in einer Klasse durchzuführen.

Facebook und die literarische Charakterisierung

Stundeneinstiege sind noch nie meine Stärke gewesen. Oft gehts mir so: Die Stunde steht einigermaßen und dann denke ich tagelang über einen Einstieg nach. Der wird dann krampfig. Oder noch besser: Es fällt mir erst nach der Stunde was ein. Jedenfalls ist das für mich immer Pareto: Die 80/20 Regel  (80% des Arbeitserfolgs in 20% der Zeit), die eben darauf hinausläuft für 20% (=Einstieg) noch mal 80% Zeit draufzulegen. Ich würde gern 80/20 arbeiten…klappt selten, aber das erwähnte ich schon.

Letzte Woche aber für mich ein kleines Highlight erlebt. 5 Minuten vor der Stunde zum Thema „Eine literarische Figur charakterisieren“ die Idee gehabt, mit einem Facebook-Profil einzusteigen, welches ich schnell aus dem Internet geholt habe.

Also die Frage zu Beginn: Wenn ihr ein neues Profil von jemandem betrachtet – was schaut ihr euch in welcher Reihenfolge an? Warum?

In zumindestens zwei Klassen dieselben Antworten:

  1. Profilbilder: Um zu sehen, wie derjenige aussieht und sich zu vergewissern, dass er/sie auf der ist, den man adden wollte, bzw. der/die ist, die er/sie vorgibt zu sein.
  2. Infoseite: Um die wesentlichen Daten über denjenigen/diejenige zu erfahren.
  3. Postings: Um herauszufinden, was derjenige/diejenige mag an Musik, Filmen, Büchern etc., wo er Bemerkungen oder Likes hinterlässt
  4. Freunde / Postings von Freunden: Denn: Sag mir, wer dein Freund bist und ich sag dir, wer du bist (Zitat aus dem Unterricht).

Und schon die vier wesentlichen Aspekte der literarischen Charakterisierung:

  • Aussehen, Erscheinungsbild, Auftreten
  • Wesentliche Informationen wie Alter, Beziehungsstatus, Ausbildung
  • Einstellungen, Vorlieben und Äußerungen über sich selbst
  • Äußerungen von anderen Figuren über die Figur, bzw. Beziehungen zu anderen Figuren, soziales Umfeld

Dabei überraschend im Unterricht, dass sich automatisch auch ergab, dass dem, der dieses Profil angelegt hat, nicht immer zu trauen ist, denn er stellt sich natürlich in einer bestimmten Absicht so dar.

Und schon waren wir beim Problem des Ich-Erzählers und der Erzählperspektive. Denn bei allen Antworten schwang mit, dass man die Profile anderer Leute in Facebook immer schon mit dem Hintergedanken liest, dass der Urheber geschönt hat oder sich eben in einem bestimmten Licht darstellen möchte. Und so produziert und rezipiert man mit dem Facebookprofil eben auch eine (künstliche-literarische?) Figur.

Also: Wem trauen wir wirklich beim Erzählen?

Teachsam – Literarische Charakteristik

Fachdidaktik Einecke – Literarische Charakteristik