Ich habe diese Woche gelesen, dass Christina Wulff (die natürlich Bettina heißt, ich Dummerle) die erste tätowierte First-Lady im Schloss Bellevue sei. Abgesehen davon, dass dieser Satz schon ein schönes Thema für Medien- und Politikkritik sein könnte, fragte ich mich, warum man da so sicher sei.
Jedenfalls fragte ich mich weiter, ob ich als der erste tätowierte Konrektor in die Geschichte eingehen möchte. Wobei ich mir da noch nicht mal so sicher bin. Mir war die Beförderung jedenfalls damals der Gang ins Studio wert gewesen.
Letzte Woche bestellte ich ein wenig Kleidung im Internet und fragte logischerweise meine Frau um ihre Meinung. Als Antwort bekam ich: „Oh, das wäre ja eigentlich schön, wenn du mal aus der Kapuzenpulliphase kämst.“ Nicht ohne zu beteuern, dass ich darin auch gut aussähe, etc.
Vor nicht allzulanger Zeit hatte ich mal einen Praktikanten. In unserer Abschlussbesprechung lobte ich ihn ausführlich für seinen guten Umgang mit SchülerInnen und ermutigte ihn weiter zu machen. In einem Anfall von Erleichterung erzählte er, dass froh sei, dies zu hören, weil er ein wenig mit seiner Mutter im Clinch läge. Diese nämlich würde an seinem Äußeren dauernd rumnörgeln und meinen, dass er so (=Kapuzenpulli, Jeans, Turnschuhe, Rucksack, raspelkurze Haare) niemals ein guter Lehrer werden würde. Und überhaupt – er hätte ihr ja erst neulich nachgegeben und seine Dreadlocks abgeschnitten, vor dem Praktikum – dass er dann mit mir an einen Betreuungslehrer geraten ist, der selber welche trägt, habe ihn erst ein wenig fertig gemacht – dann aber eigentlich erleichtert.
Markus, wo immer du grad bist: ich hab jetzt keine Dreads mehr. Aber ich hoffe, du bist Lehrer geworden und wollte dir sagen: man kann sogar in kurzen Hosen und mit Kapuzenpulli und tätowiert Konrektor werden.
Sogar Gerade in Bayern!
Mutig – und richtig!
Aber ich muss sagen, dass ich (und auch viele andere) als Referendar nicht diesen Mut haben, so aufzutreten, wie sie eben „sind“. Führt in meiner Beobachtung dann leider zu so einer Art Konformität (Hemd, Pulli, Jeans, Halbschuhe).
Hm, naja, mutig. Ich war schon verbeamtet, als ich mir die Dreads habe machen lassen. Das wollte ich schon ewig mal 😉 und mit 36 wurde es mal Zeit.
Ich erzähle aber gern die Geschichte von meinem Seminarrektor, der ungefähr Jahrgang 1935 oder so war, sicher CSU, konservativ, bayerischer Beamter bis in die Knochen. Als ich ins Ref ging hatte ich ungefähr so einen Pferdeschwanz wie Hagen Rether, war aber nicht so gut gekleidet :D, eher casual – als ich ihn sah, ahnte ich Übles. Einer der Seminarlehrer erzählte mir am Ende der Ausbildung, dass der Rektor sicher nicht von meinen Haaren begeistert war, dass er aber so 100%ig in seinem Beamtentum war, dass er sich das a) nicht anmerken und b) sicher nicht in die Beurteilung meiner Leistung einfließen ließ. Damals kam mir zum ersten Mal in den Sinn, dass „konservativ“ und „Beamter“ nicht unbedingt etwas Schimpfbares sein muss.
Aber ich sag auch immer, dass es mir meine Haare nicht wert gewesen wären, Probleme bei der Anstellung zu bekommen.
Und: die Verbeamtung später hat nicht nur Nachteile – man kann sie auch für seine Zwecke nutzen…
PS: Leicht wird es mir an meiner aktuellen Schule gemacht, weil mein Chef ab und zu im Jogging-Anzug durch die Schule läuft – naja, er ist Sportlehrer 😉 und leider viel, viel fitter als ich.
PPS: Aber ein bisschen mehr Mut dürft ihr Reffis schon haben ;).
>Damals kam mir zum ersten Mal in den Sinn, dass “konservativ” und “Beamter” nicht unbedingt etwas Schimpfbares sein muss.
Gefällt mir. Professionalität, Toleranz oder gar Akzeptanz gibt’s in den unterschiedlichsten Ecken, und nicht immer da, wo man sie am lautesten herausschreit.
Eng damit zusammen hängt bei mir auch der Wandel meines „Bayernbildes“: Die Lederhose an sich war für mich lange Zeit ein seltsames Kleidungsstück, wie jedem Nordlicht. Aber diese dann in Verbindung mit z.B. Oskar Maria Graf zu sehen oder meinetwegen auch Hans Söllner – das war dann schon was anderes.
=) Gerne gelesen.
Ach, ja – die Klamottenfrage, bei Lehrern ein weites Feld an Abstrusitäten – männlich wie weiblich.
Eigentlich ist es egal was Lehrer tragen. Nur sollte ein Lehrer zu besonderen Gelegenheiten nicht schlechter angezogen sein als der Rest der Anwesenden.
Stimmt, mir ist das beim Umhersurfen in Lehrerforen aufgefallen. Es gibt immer drei Themen: Lehrerklamotten, Lehrertasche und …äh, das Dritte habe ich vergessen. Fand ich immer seltsam. Aber ich gebe noch eine Regel dazu: ein Lehrer sollte mehr als eine Sorte Pullover haben.
Hm, mir fällt ein, dass ich manchmal den Eindruck habe, dass sich Lehrer immer älter kleiden als sie sind. Aber das ist nur so ein Gefühl.
Habe gerade so eine Assoziation von Peter Gauweiler – Janker und Hut mit Gamsbart ;o)
Diese Horrorträume habe auch manchmal 😀