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15 Jahre Schulleiter – Öffentlich reden

Anlass: Nachruf/Trauerrede auf einen verstorbenen Kollegen 2019
Ort: Katholische Kirche außerhalb von Nürnberg
Vorbereitungszeit: 9 Tage, von der Bitte, die an mich gerichtet wurde, bis zum Tag der Beerdigung; 3 Versionen, die letzte 12h vor Termin in einem Zug aufgeschrieben
Dauer: Weniger als 10 Minuten


Vor 1,5 Jahren das Manuskript nicht veröffentlicht. Im Jahresbericht ist sie allerdings vollständig erschienen. Im Folgenden überwiegend der Teil, der von mir handelt. Gekürzt, verändert.

In letzter Zeit auch zwei Beerdigungen von Schülern besucht, ein ehemaliger und vor wenigen Wochen ein aktueller (wahrscheinlich der Anlass für diesen Post), und mich an einen Gedanken erinnert, den ich seit der Beerdigung meines Vaters 1992 immer wieder habe: Dass man an einem Grab immer ein bisschen weniger den betrauert, der da nun liegt, sondern eher sich selbst, weil man zurückgelassen wird, etwas einsamer als man es vorher ohnehin schon war.


Sehr geehrte Trauergemeinde,

Ich bin kein Freund und kein Verwandter, ich habe den Verstorbenen „Herr _____“ genannt und er sagte „Chef“ zu mir. Und dennoch verbinde ich mit ihm einen Moment, vor dem ich mich ähnlich gefürchtet habe wie vor dem jetzigen. 

Es war im Februar 2018 die Nacht, in der ich als Stellvertretender Schulleiter schlafen ging und als kommissarischer Schulleiter wieder aufwachen sollte. Um kurz nach Mitternacht erreichte mich auf Whatsapp eine Nachricht, an die ein Video angehängt war. Dort konnte ich sehen und hören wie einige KollegInnen ein Lied für mich sangen, das mir Mut machen sollte. Die Runde war sich nicht sicher, ob man mir das schicken sollte – Er tat es. Er hatte die Gruppe dazu angestiftet.

So einer war er: Dem Chef Mut machen wollen, wenn dieser sich fürchtet.

Wenn ich von ihm als Lehrer sprechen soll, muss ich sagen, dass er ein guter Lehrer war. Ich habe mich bei der Vorbereitung auf heute etwas schwergetan den Anwesenden zu erklären, was ein Schulleiter wie ich darunter verstehe. 

Ein guter Lehrer – stellt sich nicht jeder etwas anderes darunter vor?

Aber in dieser Woche hat mir eine Kollegin, die ihn besser kannte, berichtet, dass er mal von sich gesagt habe: „Ich habe zwei wichtige Dinge von meinem Vater geerbt: Streng zu sein, aber auch herzlich.“ 

Nichts fasst einen guten Lehrer besser zusammen und nichts von beidem kann ohne das andere wirklich wirksam sein. /…/

Nur von einem solchen Lehrer lernen Schüler, nur einen solchen schätzen sie als Vorbild, nur einem solchen folgen sie. 

Und nur so einen beweinen sie, wie ich es in den vergangenen Tagen an meiner Schule erlebt habe, als Schüler um ihn weinten.

/…/ (Ich habe mit vielen KollegInnen über ihn gesprochen)

/…/ es war am Ende /…/ immer ein Lächeln bei meinem Gegenüber. Und das Lächeln barg die Erinnerungen an / ihn / und es beinhaltete immer auch die Idee, dass man einen persönlichen Traum, den man hat, nicht auf später verschiebt, sondern ihn jetzt mit beiden Händen anpackt, sich anstrengt und ihn verwirklicht. (wie er es getan hat) 

Und dann ganz einfach das Surfbrett in den Bus schiebt und losfährt.

Ich wünsche uns allen, dass wir diesen Punkt erreichen und dass wir uns nicht erst dann daran erinnern, wie gern wir mit ihm gelacht haben.


3 Kommentare

  1. Streng UND herzlich. Das bringt es gut auf den Punkt: Zumindest meistens, aber nicht immer. Danke fürs Teilhaben lassen und eine gute Woche.

    • tommdidomm

      Danke, dir auch. Und deinen Blog habe ich im Auge ☺️

  2. Welch schöne Abschiedworte.
    „Streng und herzlich“ – so beschrieb ich eine Kollegin, wenn die Schüler*innen nicht zufrieden waren mit der Wahl der Klasse.

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