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Lebenszeichen – Kaleidoskop

Versuche reinzufinden.


Mitte August fuhr ich mit Arne zu einem Burgergrill irgendwo in Niedersachsen. Und dabei fragte er mich im Auto, ob ich es bereut hätte, mich damals als Schulleiter zu bewerben. Ich kann mich nicht erinnern, wie lange ich für eine Antwort brauchte, gefühlt war es – er mag mich korrigieren – nicht lang. Jedenfalls beantwortete ich die Frage mit einem „Ja“.

Seitdem, also seit gut einem Monat, versuche ich das in Worte zu fassen und schaffe es nicht. Als ob es eine Erklärung braucht, um einigermaßen aufrecht weiterzumachen.


Heute habe ich abends um halb sechs ein paar Faxe aus dem Sekretariat versendet und mich danach kurz ins Büro gesetzt, um zu überlegen, was ich jetzt noch erledigen kann. Es war sowieso ein Tag, an dem nach jedem Telefongespräch vor jedem Telefongespräch war. Da merkte ich, dass mir die Ohren rauschten, mein Tinnitus frohen Aufstand feierte. Ich packte und ging.


Und tat das einzig Richtige: Braten essen, Bier trinken. Hastig.


Ich fahre seit drei Tagen ohne vorderes Nummernschild durch die Gegend. Dachte erst, das darf man nicht. Aber der Polizist, der meinen Wildunfall aufnahm, meinte, das ginge schon – aber ich glaube, er ging davon aus, dass es nicht dauerhaft sei. Meine Alfa-Front sieht ohne Nummernschild viel besser aus. Die Fellreste neben dem Scudetto trüben aber den Eindruck etwas.


Was mich am meisten bereuen lässt? Dass ich mir 5-7 Stunden an einem Arbeitstag (und darüber hinaus) nicht mehr selbst gehöre. Nicht mal meine Gedanken gehören mir. Dass ich unabhängig vom Zeitpunkt, zu dem ich ins Bett gehe, um 5 wach werde. Und dass mir dann als erstes etwas Schulisches in den Kopf kommt.


Und ich wusste, dass der erste Urlaub seit Jahren eher schlecht für mich ist. Weil ich da eben plötzlich wieder eigene Gedanken habe.

Und weil ich auf einem klapprigen E-Scooter nachts um halb 12 vom Charlottenburger Schloss aufbreche und einmal quer bis zum Alexanderplatz rollern kann, durch den Tiergarten, an der Siegessäule vorbei bis zum Brandenburger Tor und Unter den Linden entlang bis zum Alexanderplatz.

Das sollten Sie mal machen.

Und dann drücken Sie halt jemandem das Smartphone in die Hand und lassen sich mit einem feisten Lachen fotografieren.


Es gibt Schlimmeres , sowieso immer, und ich habe viel vor, Braten und Bier, Berlin, die See und den Hafen in Hamburg. Immer wieder. Morgen werde ich 52.

8 Kommentare

  1. Ja, lieber Thomas, das habe ich mir schon seit längerem gedacht, weil Deine Beiträge, ich sag mal, trauriger von Monat zu Monat klangen.
    Frau Schöffel, Grundschulleiterin im Allgäu (ja, die!) kündigte schon vor vielen Jahren. Andere Kolleg:innen ließen sich zurück in ihren vorherigen Stand setzen.
    Mir hat persönlich eine monatliche Supervision mit Hauptschulkolleg:innen sehr geholfen.
    Ich hoffe, Du findest Deinen Weg.

    • tommdidomm

      Vielen Dank. Und ja, ich höre und lese ja auch viel. Und ja, ich suche. Nach Jahren immer noch.

  2. Micha

    Alles Gute zum Geburtstag!
    Aber vor allem: pass auf dich auf. Du beschreibst mehr als ein Anzeichen von massiver Überlastung.

    Ganz liebe Grüße,
    Micha, der das alles nur zu gut kennt

    • tommdidomm

      Vielen Dank. Ich arbeite dran :D.

  3. Metzmacher

    Feel you! Gerade deshalb: Alles Gute zum Geburtstag! „Gelassenheit“ und „Niemand ist perfekt“ hat mein Schulleiter als Schwerpunkt in diesem Schuljahr ausgerufen.
    In diesem Sinne!

    • tommdidomm

      Danke. 😀 Genau mit diesen beiden Punkten habe ich auch eingeleitet: Was kann ich beeinflussen und was nicht? (Gelassenheit) und: Machen Sie Fehler! (Anti-Perfektionismus)

  4. Lempel

    Ich mache täglich drei Kreuze, dass ich nur eine Wald- und Wiesenlehrerin mit A14 bin. Ich habe aktuell wieder so nette Klassen, mag meine Fächer ausgesprochen gerne und mit dem Rest können sie mich alle mal. Für mehr hätte ich auch keine Kraft und keinen Elan, das muss ich ehrlich eingestehen.

    • tommdidomm

      Mach ein Kreuz für mich mit 😉

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