Sozialkunde 16: #blackfacing und Alltagsrassismus

Nachdem am letzten Wochenende eine Sendung „Wetten dass…“ für Aufsehen gesorgt hat, lese ich mich seit drei Abenden quer durchs Internet und lerne. Parallel dazu bringe ich das, was ich lese, mit in die Sozialkundestunden, um einfach meine Gedanken mit den Schülern auszutauschen.

Zum Glück fand ich recht schnell einen guten Ausgangspunkt für meine Lesereise, und zwar bei A. Stefanowitsch, der nicht nur einen breit angelegten Artikel mit Transkripten aus der Sendung vorstellte, sondern auch genug andere Seiten verlinkt.

Besonders wertvoll/ergiebig für mich waren hier und weiterhin

Ich bin heute und gestern in meine Sozialkundestunden mit einem Auszug aus dem Brief der ISD hineingegangen und der „Liste dummer Sprüche“ von der Website „Deutschland schwarz weiß“. Ich habe einleitend versucht ihnen klar zu machen, dass ich selbst bis vor einigen Tagen kaum etwas zum Thema wusste – natürlich war mir klar, was racial profiling ist, ohne den Begriff zu kennen und auch Rassismus als Tatsache im deutschen Alltag war mir irgendwie bewusst. Aber, ja, aber, ich wähnte mich auf der sicheren Seite – ICH bin ja sicher kein Rassist….

Pustekuchen.  Die Liste dummer Sprüche ließ mich an ein, zwei Stellen selbst ein wenig demütig werden.

Das Gespräch über diese Liste war jedenfalls in jeder Klasse stundenfüllend. Und in jeder Stunde überraschte es mich, dass genau die Verteidigungsstrategien auftauchten, von denen ich auf den beschriebenen Seiten gelesen hatte:

  • „Ich habe einen schwarzen, türkischen, chinesischen Freund – also kann ich nicht rassistisch sein“
  • „Ja, aber Schwarze können doch gut singen.“
  • „Aber Schwarze in Amerika sagen doch zueinander auch N…..“
  • „Aber er (der einzige schwarze Schüler der Klasse) kommt doch von woanders her (aus Nürnberg!).“
  • „Aber das ist doch nicht rassistisch gemeint.“

Sehr schwer wurde aber dann die Diskussion, als mir jemand erklären wollte, dass „in der Region, wo wir leben, eben weiß die dominierende Hautfarbe ist „…und daher eben alle Schwarzen auffallen, sodass man sie fragen darf, woher sie kommen. Willkommen im 21. Jahrhundert.

Einige türkische Schüler haben bestätigt, dass ihnen diese Fragen nicht fremd sind, ebensowenig wie die Ausflüchte.

Man verstehe mich in jedem Fall richtig: Ich glaube nicht, dass meine Schüler Rassisten sind, jedenfalls nicht mehr oder weniger als der Rest der Leser dieses Artikels. Ich habe mich selbst ertappt, wie ich sorglos mit meiner linken, überheblichen, selbstverständlich-nicht-rassistischen Attitüde promeniere. Jedenfalls beruhige ich ich selbst mit einer Aussage, die ich hier schon einmal getroffen habe im Unterricht, nämlich, dass das Problem nicht sei, dass man Vorurteile habe – sondern dass das Problem sei, diese nicht als solche zu erkennen und zu bekämpfen.

Ich habe, unterm Strich, ein paar zornige Schüler zurückgelassen („Mit ihnen kann man nicht diskutieren, sie nehmen jedes Argument auseinander.“), aber gewiss auch nachdenkliche.

Eine Haltung, die ich aber in allen Internet-Kommentaren und auch in Gesprächen mit anderen seit einigen Tagen als sehr befremdlich empfinde, ist diejenige, die erklären möchte, was rassistisch ist und was nicht – aus weißer Sicht. Da kommen dann Menschen an, die irgendwelche Gegenbeispiele konstruieren und damit dann das relativieren, was andere eben als abwertend, verletzend und eben rassistisch empfinden. Dies besonders im Zusammenhang mit der geforderten Bearbeitung von Kinderbüchern, in denen das N-Wort verwendet wird. Dazu hatte ich bisher auch eher die Schulterzuck-Einstellung, aber ich glaube, so leicht kann ich es mir nicht machen.

Dazu ein Schlusswort einer 9jährigen, die den deutschen Medien erklärt, was Rassismus ist.

Sozialkunde – leicht gemacht 16: Bayern 2 Radio-Wissen

Bayern 2 ist ein Radiosender des Bayerischen Rundfunks, dessen Themen breit gestreut sind: Politik, Kultur, Wissen und Musik. Wenn ich quer durch Deutschland fahre – Köln, Hamburg, Berlin und Neerstedt sind regelmäßige Ziele – vermisse ich auf den Fahrten diesen Sender eigentlich am meisten, wenn ich die bayerischen Grenzen überschreite. Ich kenne in anderen Sendegebieten nichts Vergleichbares.

Eine spannende Sendung ist hier RadioWissen, welche in kurzer Form viele Wissensthemen verarbeitet: Philosophisches, Politisches, Literarisches, Technisches usw.

Das Besondere dabei: viele Sendungen lassen sich aus dem Internet herunterladen als mp3 und einige Sendungen werden dabei mit Arbeitsblättern und Tafelbildern für den Unterricht ergänzt.

Eine Sendung, die ich aktuell verwenden möchte, dreht sich um den Begriff der Würde im Hinblick auf das Grundgesetz.  Mit Tafelbild und Arbeitsblättern.

Ergänzend dazu noch ein kleines Filmchen aus youtube über Menschenrechte.

httpv://www.youtube.com/watch?v=fjagWFEmnpg

Sozialkunde – leicht gemacht 15: Vom Fragen

Vorwort

Als ich in der 9. Klasse war, sind wir mit unserem Lehrer auf Klassenfahrt nach Münster gefahren. Dort gab es das übliche Programm, u.a. Führungen. Irgendwann in der Zeit danach wurde ich von meinem Klassenlehrer beiseite genommen und in ein Gespräch verwickelt, in dessen Verlauf er meinte, ich sei doch ziemlich intelligent. Im ersten Moment war ich baff, weil das so noch nie jemand zu mir gesagt hatte. Auf meine Nachfrage, wie er denn darauf käme, antwortete er, dass ihm das auf den Führungen in Münster aufgefallen sei. Ich gab meiner Verwunderung Ausdruck, dass ich dort doch hauptsächlich Fragen gestellt hätte. Ja, sagte er, aber das hätte meine Intelligenz deutlich gezeigt. Einer der Sätze, die ich mir bewahre bis heute – 30 Jahre später.

Vom Fragen in der Schule

In meinen 10. Klassen in diesem Schuljahr lasse ich in Sozialkunde Kurzvorträge halten über aktuelle politische Themen. Die ersten Vorträge, die ich hörte, waren eher enttäuschend. Dies vor allem, weil sie über eine Wiedergabe dessen, was man in den Zeitungen lesen, im Internet finden oder in den Nachrichten sehen konnte, nicht hinaus gingen. Sie waren eben vor allem Darstellung des Ereignisses, keine Vertiefung, keine wirkliche Problematisierung.

In den letzten Stunden wollte ich das thematisieren an einem x-beliebigen Inhalt und wollte sie zu einem Thema Fragen formulieren lassen. Und dann merkte ich das Problem, wieder mal. Das lag nämlich darin, dass sie zu sehr auf das gegenteilige Modell gepolt sind: nämlich Fragen zu beantworten. Klassisch: Sie sollen lernen, dann bekommen sie Fragen zum Gelernten und die Antworten sind das, was dann zählt und bewertet wird. Die Antworten stehen logischerweise schon vorher fest. Selbst Fragen zu stellen ist ihnen fremd, weil damit ja verbunden ist, etwas nicht zu wissen, was wiederum im Schulsystem als Niederlage Mangel einzuschätzen ist.

Im Kern also sind Fragen im Unterricht nicht dazu da, Wissen zu erlangen, weiter zu kommen oder etwas zu verstehen. Ja, ich weiß, natürlich dürfen Schüler im Unterricht fragen und dann erklärt der Lehrer es ihnen – diese Art Fragen meine ich aber nicht.

Saudi Arabien lehnt die Wahl als nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat ab – Fragen und Lernen

Das Thema der letzten Stunde lautete aus aktuellem Anlass: Saudi Arabien lehnt die Wahl als nichtständiges Mitglied im UN-Sicherheitsrat ab. Der Bezug zur Schülerwirklichkeit mag auf den ersten Blick etwas fern liegen, aber man mag mir glauben, dass ich den Bezug herstellen konnte – dies hat aber mit Umständen zu tun, die Dritte betreffen, daher erwähne ich sie hier nicht.

Ich habe zu der Stunde nichts weiter vorbereitet als die Themenstellung herauszusuchen.

Der Aufforderung, Fragen zum Thema zu stellen, kamen die Schüler gewohnt zögerlich, aber nach Ermutigung dann doch flüssiger nach. Letztlich konnte ich zusammenfassend die Fragen untergliedern in 3 Gruppen, steigernd im Anspruch:

  • Wissensfragen: Wo liegt Saudi Arabien? Was ist die Hauptstadt? Wie heißen die Nachbarländer? Was ist der Sicherheitsrat?usw.
  • Erkenntnisfragen: Wieso lehnen sie ab? Wer lehnt genau ab? Welche Vor-/Nachteile hat das Land? usw.
  • Transferfragen: Welche Folgen wird dies haben?

Im weiteren Verlauf der Stunde aktivierten wir unser Vorwissen und konnten versuchen die Fragen zu beantworten. Und wie erhofft, konnte sich so das Bild etwas konkretisieren. Es halfen dabei folgende Informationen, die bruchstückhaft vorhanden waren:

  • Nachbarländer oder nah dran sind: Israel, Ägypten, Syrien, Irak, Iran, Jemen
  • Problematisch sind dabei: Israel, Syrien und Iran
  • Es gab Nachrichten, dass Saudi Arabien von Deutschland U-Boote, Leopard 2- und Radpanzer kaufen will
  • Fußball-Weltmeisterschaft soll „dort“ stattfinden – also eigentlich in Katar, welches ein eigenständiges Land darstellt und an Saudi Arabien grenzt
  • Saudi Arabien ist kein demokratisches Land
  • Es ist ein bedeutendes erdölexportierendes Land
  • Der Sicherheitsrat ist ein Instrument der UNO, die wiederum Friedenssicherung betreibt
  • Gab es da nicht eine riesige Waffenmesse?

Alle diese Informationen konnten der Klasse entlockt werden, ohne dass externe Quellen angezapft wurden. In einer Klasse habe ich lediglich mein MacBook an den Beamer und ans Netz gehängt und wir haben uns die Lage Saudi Arabiens bei Googlemaps angeschaut, bzw. eine Grafik mit dem Aufbau des Sicherheitsrates.

Wir haben also gelernt – ohne eine minutiöse Unterrichtsvorbereitung und mit vielen Fragen als Ausgangspunkt. Das weitere Unterrichtsgespräch verruchte zwischen diesen Einzelpunkten Verbindungen herzustellen. Dabei drehte es sich um das Sicherheitsbedürfnis von Saudi Arabien und die Abhängigkeit westlicher Staaten vom Öl.

Wie geht es weiter?

Natürlich habe ich uns ein Arbeitsblatt besorgt zum Thema, vom Aktualitätendienst des Schrödel-Verlags. Das werden wir bearbeiten. Überraschenderweise aber wird dies nicht alle Fragen beantworten, denn es konzentriert sich auf die Reformforderungen Saudi Arabiens, die in ihrer Notwendigkeit sicher nicht von der Hand zu weisen sind. Nicht gefragt wird nach den Gründen der Ablehnung, die in den Zeitungen nachzulesen sind: die Haltung der UNO im Syrienkonflikt, in dem Saudi Arabien tatkräftig die Rebellen unterstützt und die aus ihrer Sicht weichen Position beim Thema Iran und Nutzung der Atomkraft. Beides sind Umstände, die die Lage des Landes aus ihrer Sicht unsicherer machen.

Überraschenderweise aber werden auch in den Zeitungen nicht alle Fragen des Unterrichts beantwortet. Vor allem die Fragen, warum ein nicht demokratisches Land in den Sicherheitsrat gewählt wird und warum ein Land, das in den letzten Jahren zum besten Waffenkunden deutscher Firmen aufgestiegen ist, einen Sitz im Sicherheitsrat ablehnt.

Deutschland forderte übrigens im September Reformen.

Unterm Strich

Ich will mir hier keinen pädagogisch-didaktischen Heiligenschein aufsetzen, aber wir haben in dieser Stunde gelernt, ohne dass ich sie vorbereitet hätte im klassischen Sinn. Und müsste (Violinen im Hintergrund) Schule nicht so sein (Pauken): Lernort? (Finale ausblendend).

Gelernt:

  • Schüler wissen mehr als man allgemeinhin denkt
  • Sie bekommen viel mit von der Welt
  • Das Zusammentragen von Wissensbruchstücken kann ein Gesamtbild erzeugen
  • Fragen erzeugen Wissen, nicht die Antworten (bestätigt)
  • die Nachbarländer von Saudi Arabien
  • Antworten auf Fragen erzeugen immer wieder neue Fragen

Herr Rau fühlt sich paranoid … ich unterrichte Grundrechte (Sozialkunde)

Herr Rau schreibt – zum zweiten Mal, wie ich sehe, weil ich langsam die aufgelaufenen feedly-streams abarbeite – über PRISM und Co und vor allem seine eigene Reaktionen darauf.

Ich unterschreibe eine erste E-Petition, diese von Julie Zeh und versuche (für mich) neue technische Möglichkeiten umzusetzen.

Natürlich ein gefundenes Fressen für einen Sozialkundelehrer.

In meinem Unterricht, wenn ich die Grundrechte durchnehme, sollen die Schüler in Gruppen die Grundrechte erarbeiten und dann eine Art Hitliste aufstellen. Die 5 wichtigsten Grundrechte für sie. Die Diskussion ist oft sehr angeregt, aber man kommt sehr schnell darauf, dass ohne die ersten drei bis 5 Artikel (alles rund um Freiheit, Recht auf Leben, Würde, Entfaltung der Persönlichkeit) eigentlich nicht viel funktioniert, bzw. das Folgende hinfällig ist. Umgekehrt, so sagen manche, lassen sich Regelungen rechtfertigen – heißt also, dass die Einschränkung der Pressefreiheit unter bestimmten Umständen sinnvoll sein kann, ebenso die Einschränkung der Unverletzlichkeit der Wohnung oder das Post- und Fernmeldegeheimnis.

Als Beispiele sind hier, rechtlich abgesichert, zu nennen:

  • Einschränkung der Freizügigkeit (das heißt das Recht sich frei zu bewegen) im Falle des Ausbruchs von Seuchen,
  • Abhören von Telefonaten zur Bekämpfung von Kriminalität,
  • das Recht der Feuerwehr bei Bränden in fremde Wohnungen einzudringen.

Alles Vorgänge, die nachvollziehbar, abgrenzbar und richterlich/juristisch behandelbar erscheinen.

Meine Schüler sollen sich konkrete Szenarien ausdenken, in denen bestimmte Grundrechte außer Kraft gesetzt werden. Dabei tun sie sich recht schwer. Mein Beispiel dazu beginnt dabei immer um drei Uhr morgens, wenn es an die Tür deiner Wohnung hämmert und bevor du noch aufmachen kannst in Unterwäsche treten dir Staatsbeamte die Tür ein. Sie poltern in Gruppe in deine Wohnung, trennen dich von deiner Frau und deinen Kindern. Fragst du, was das zu bedeuten hat, wirst du geschlagen. Einige Männer durchsuchen deine Wohnung. Du wirst in Unterwäsche auf die Straße getrieben, in ein wartendes Auto geworfen, mit abgedunkelten Scheiben. Man bringt dich an einen unbekannten Ort und du wirst mit dir unbekannten Menschen in einen Raum gesperrt – keiner weiß, warum er dort ist. In unregelmäßigen Abständen wirst du zum Verhör geholt, was entweder aus ständigem Anbrülleren oder leisen freundlichen Unterhaltungen besteht. Man lässt dich nicht schlafen, in dem man das grelle Licht in deiner Zelle anlässt und in halbstündigen Abstand weckt man euch. Irgendwann verfrachtet man dich wieder in ein Auto und wirft dich am anderen Ende der Stadt auf die Straße.

Sehr eindringlich sind solche Beispiele u.a. nachzulesen bei Alexander Solschenyzin in seinem Archipel Gulag, indem er nicht nur das Lagerleben porträtiert, sondern das ganze politische System der Sowjetunion, was die Gulags mit Nachschub versorgte.

Mein Beispiel ist natürlich sehr eindringlich und plakativ – und nun muss ich es zukünftig ändern unter dem Eindruck dessen, was derzeit (hoffentlich weiter) veröffentlicht wird wohl ändern müssen.

Es gibt ja mehrere Aspekte zu diskutieren:

  • die grundsätzliche Haltung von USA und GB, die sich wie selbstverständlich in den digitalen Verkehr anderer Länder einklinken, und zwar unkontrolliert,
  • d.h. damit staatliche Souveränität anderer Nationen ebenso selbstverständlich missachtet und verletzt – man könnte fast meinen, es sei der Drohnenkrieg mit anderen Mitteln und zwar auf befreundete Nationen,
  • damit der Aufhebung jeder rechtsstaatlichen Grundlage des betreffenden Landes,
  • der Umgang mit Kritik an ihrem Handeln,
  • die nicht vorhandene Reaktion der Bundesregierung auf diese Aufdeckungen,
  • die lächerlichen Abwiegelungsmaßnahmen der Bundesregierung, mit der man die eigene Handllungsunfähigkeit überdecken will (Pofalla beendet alles), was wiederum denken lässt,
  • dass die aktuellen oder zurückliegende Bundesregierung darüber informiert und damit mindestens einverstanden war
  • ein geringer Anteil der Bevölkerung, die sich an den verschiedenen Kritikpunkten in diesen Zusammenhängen stört.

Sollte ich also ein aktuelles Beispiel nehmen, was ähnlich eindringlich wäre, so könnte das natürlich Snowden sein – wenn man ein Gesicht setzen möchte. Aber das würde sehr kurz greifen, denn die Folgen scheinen viel gravierender.

Ein Grund für diese Schwierigkeit ist m.E. auch der schwierige Begriff der Freiheit, der in diesem Zusammenhang mit Schülern und Erwachsenen oft schwer zu bestimmen ist.

Freiheit steht jedem Menschen durch seine bloße Existenz zu – sie ist ihm von Geburt an verliehen. Der Staat, ich gehe von Deutschland aus, gewährt diese nicht, sondern ist dazu berufen, diese zu schützen. Schutz im Grundgesetz und jeder anderen freiheitlichen Ordnung meint aber zu allererst und nicht ohne Grund Schutz gegen Eingriffe des Staates. Denn im ursprünglichen Sinn haben sich Menschen zusammen getan zu einer Gemeinschaft, um sicher zu stellen, dass diese Freiheit gewahrt bleibt.

Das heißt auch, dass jedem Menschen das Recht zusteht, sich gegen die politische Ordnung zu erheben, wenn sie diese Freiheit in Frage stellt – verankert im Widerstandsrecht.

Freiheit ist im Unterricht oftmals schwer zu „begreifen“, weil er eben so umfassend ist. Der einzelne Schüler (Staatsbürger) nimmt für sich diese Freiheit in Anspruch, auch mit der damit verbundenen Schwierigkeit für sich selbst und sein Handeln verantwortlich zu sein – ich nehme aber auch oft wahr, dass man hier gern auch schnell bei der Hand ist, diese Freiheit bei anderen einzuschränken. Als einfaches Beispiel fallen mir Diskussionen ein, die sich um sozialstaatliche Fragen drehen. Man setzt Freiheit als absolut, hat aber keine Probleme damit, z.B. Empfängern von Hartz IV vorzuschreiben, was sie mit ihrem Geld anzufangen haben (geschähe dies beim eigenen Taschengeld…ohje). Oder diese Zahlungen ganz zu streichen, wenn jemand so frei ist zu sagen, dass er/sie nicht arbeiten möchten.

Freiheit (und der damit verbundene Begriff der Würde) als Begriff wird dann aber im Unterricht wieder leichter fassbar, wenn man feststellt, dass man durch bestimmte (staatliche und nicht staatliche) Maßnahmen quasi indirekt eingeschränkt wird. Im Gespräch ist es übrigens grundsätzlich überraschend, dass der Begriff der Freiheit oftmals am besten negativ definiert wird – also durch Beispiele, wo Freiheit eben nicht vorhanden ist.

Also, und endlich scheint mir mein Geschreibe Sinn zu machen, ist Herr Rau nicht etwa paranoid, sondern in seiner Freiheit eingeschränkt, denn all diese Ereignisse führen dazu, dass er sich Gedanken um das „richtige“ Betriebssystem machen muss, die richtige Verschlüsselung von Emails oder die sichere Ablage von Dateien und Daten im Internet. Ergo scheint das ganze Thema nicht nur eine technische Frage zu sein (Abhören) oder eine rechtliche (Datenschutz), sondern ein viel grundlegendere nach den Grenzen unserer ganz persönlichen Freiheit.

Ach, wär‘ doch Schule – Aktuelle Sozialkundethemen

Vor allem, wenn man es gewöhnt ist, Sozialkunde zu unterrichten.

Was gäbe es derzeit nicht alls zu besprechen und zu lernen:

Der Sport muss natürlich in der Tat darauf achten, dass das Stadion nicht zum Nebenschauplatz für die Auseinandersetzungen nationalistischer oder religiöser Eiferer wird. Aber es muss schon einen Unterschied geben, ob ein Sportler sich für allgemeine Freiheitsrechte einsetzt, die darauf abzielen, dass es in einer Gesellschaft am Ende mehr Menschen besser geht, weil weniger diskriminiert werden – oder ob er Propaganda für irgendwelche Kriegsparteien betreibt. Die großen Sportverbände machen diesen Unterschied offensichtlich nicht. Und das ist keine sehr beruhigende Perspektive, wenn man bedenkt, dass die Verbände von sich sagen, sie seien wirklich gute Kindererzieher. (SZ – erster Link)

  • Wahlen, Wahlen, Wahlplakate 2013 (einfach mal bei Google, Bildersuche eingeben) analysieren lassen – (für mich)neu entdeckt: Wahlprogramme in leichter Sprache und als Einstieg dann diese Nachricht
  • Snowden, NSA und Co – hier ein Rückgriff auf das Thema Wikileaks, z.B. durch Arbeitsblätter der Zeit vom Januar 2011 (etwas abgespeckt auch in Sek I, 10. Klasse möglich), immer noch mein Lieblingsbild zum Einstieg, ganz viel von Zum.de, dann die aktuellen Umstände oder einfacher als Kinder-Reportage; wenn ich Geheimdienste bespreche, benutze ich oft das Arbeitsblatt von dieser Seite weiter unten,  amerikanische Nachrichtendienste gut erklärt – irgendwo habe ich gelesen, dass man sich nicht Gedanken machen sollte über Nachrichtendienste, deren Abkürzung man kennt, sondern eher um die, die nicht bekannt sind. Man sollte auch nicht vergessen, dass z.B. die CIA eine eigene Kinderseite unterhält, wo es ganz tolle Spiele gibt. Und ganz toll: beim Mi6 (SIS) seiner Majestät kann man sogar online einen Test durchlaufen, um seine Eignung als Aufklärungsoffizier zu klären.

Schade eigentlich.