Nicht dass ich ein schlechter Spieler wäre, mein Handicap ist eigentlich ok. Ich spiele so oft es geht und komme ganz gut über die Runden.
Turniere in einem Golfclub spielt man eigentlich nur aus zwei Gründen: entweder, um sein Handicap zu verbessern (das geht nur im Turnier) oder aus der puren Lust, sich mit anderen zu messen. Ich glaube, letzteres macht mir Probleme. Denn offen gesagt habe ich bei jedem Turnier Angst, dass ich mich blamiere, und zwar auch noch vor Menschen, die ich kaum oder gar nicht kenne: „Wow, wo hat der eigentlich sein Handicap gekauft? So schlecht wie der ist.“ Dass ich keinen Abschlag hinbekomme, keinen Putt, kein nix. Dass man mich danach bittet, doch bitte die Platzreife noch einmal abzulegen. Dass man mich auslacht und mit den Fingern auf mich zeigt.
Ich gehe ins 13. Schuljahr als Lehrer und glaube, dass ich meinen Job einigermaßen beherrsche. Einen Preis als bester Lehrer werde ich sicher nicht gewinnen. Schüler kommen zu einem guten Teil mit mir klar und manche freuen sich, wenn sie mich nach den Sommerferien wiedersehen. Meine Abschlussschüler bekommen in meinem Fach recht ordentliche Noten – wenn sie sich anstrengen. Manche melden sich auch nach der Schule regelmäßig bei mir, um zu erzählen, wie es ihnen so ergangen ist.
Und nun sitze ich an der ersten Grobplanung des Schuljahres, gehe zwei Schulbücher einer 5. Klasse durch, ich selbst habe diese Jahrgangsstufe sehr lang nicht mehr unterrichtet. In der Regel plane ich recht simpel in Deutsch: Die Schulaufgabenthemen sind festgelegt (man wählt aus 6 möglichen 4 Schulaufgabenformate aus – generell Aufsatzthemen), ich plane pro Schulaufgabe 12 Stunden direkte Vorbereitungszeit, ein paar Übungsstunden dazu, dann jeweils einen Probeaufsatz. Dazu gibts die übliche Grammatik und Rechtschreibung usw. usf. Genaueres wird erst im Laufe des Schuljahres festgelegt. Wenn ich irgendwo was Nettes bei Kollegen sehe oder einen Blick in Praxis Deutsch o.ä. werfe, kommen andere Themenbereiche ergänzend dazu – wir schreiben unsere Schulaufgaben sowieso zusammen, d.h. es findet auch regelmäßiger Austausch in alle Richtungen statt. Aber so richtig vom Schuljahresanfang das ganze Schuljahr zu planen – das habe ich noch nie gemacht. Ich arbeite von Ferien zu Ferien, von Schulaufgabe zu Schulaufgabe.
Zwei Schulbücher Deutsch 5 liegen nun hier und auf dem Tisch, sogenannte Kombibücher, d.h. Sprach- und Lesebücher in einem. Das eine von beiden geht so vor, wie ich es da oben beschrieben habe: Die Aufsatzformen bestimmen den Unterrichtsgang, darum gruppieren sich die anderen Lehrplanthemen. Das andere jedoch arbeitet in Oberthemen, die sich auch aber nicht allein an den übergeordneten Lernzielen des Lehrplans orientieren: Miteinander in der Schule, Familie, Freundschaft usw. Diesen ein- und untergeordnet dann die Aufsatzformen (der Brief als Teil des Bereichs Freundschaft, die Erzählung in Zusammenhang mit dem Thema Familie).
Letzteres erinnerte mich an eine Kollegin, die einmal drei Jahre bei uns war und vorher in NRW unterrichtet hatte. Als großen Unterschied zu ihrem Deutschunterricht bei uns erwähnte sie, dass sie vorher in jeder Jahrgangsstufe Themen entwickelte, zu denen sie Material zusammen suchte, in Form von Texten, Lektüren, Filmen, Grafiken etc. Diese Themen wurden dann durchgearbeitet und im Verlauf des Jahres entwickelte sich daraus dann die Schulaufgabe in Inhalt und Form.
Ich finde diese Vorgehensweise überraschend sinnvoll.
Jetzt schaue ich mich gehetzt um, ob ich der einige bin, der so komisch seinen Unterricht plant. Und es werden sicher Leute kommen, die den Kopf schütteln über mich. Böse Mails werden mich erreichen – wie ich mich öffentlich als Stümper so hinstellen kann.
Exkurs I
Ehrlich gesagt habe ich vor Jahren unter dem Eindruck dieser Kollegin eine Sequenz in der 7. Klasse zur Inhaltsangabe unterrichtet, wobei alles unter dem Oberthema Gerechtigkeit stand. Die Planung hatte ich irgendwo entdeckt und nachvollzogen. Am Ende stellt ich fest, dass die Schüler viele Gedanken zum Thema Gerechtigkeit gemacht hatten, aber dann fragten: Was schreiben wir eigentlich in der Schulaufgabe?
Exkurs II
Am letzten Montag habe ich mein erstes Turnier seit zwei Jahren gespielt. Dabei bestätigte ich mein Handicap. Ich merkte dabei, dass das Spielen mit und vor fremden Leuten vor allem dazu führte, dass ich konzentrierter als sonst arbeitete: die Schläger entsprechend aussuchte, weniger großspurig schlug und letztlich ernsthafter bei der Sache war. Im Ergebnis landete ich im Feld am Ende des vorderen Drittels. Aber ich habe gemerkt, dass ich bestimmte Dinge verbessern könnte. Müsste mal wieder ein paar Stunden beim Golfpro nehmen – dann könnte ich sicher beim nächsten Turnier ein paar Punkte mehr holen.
Freut mich, dass auch was Sinnvolles (bezügl. Unterrichtsplanung) aus NRW kommt. 😉
gern 🙂