Veränderungen

Ein Jahr jetzt an der neuen Schule. Anderthalb Jahre in der neuen Stadt. Bzw. im Vorort. Neulich im Unterricht rutschte mir zur Europawahl raus, dass in dem Stadtteil in Nürnberg, wo ich zuletzt wohnte, mehr Leute wohnen, als in der ganzen Stadt, in der sich meine Realschule befindet. Entsprechend waren die Wahlergebnisse dort auch genau entgegensetzt zu Nürnberg. Man hat so selten echte Aha-Erlebnisse, auch wenn es nur das ist, dass man kurz einen Blick über die eigenen Grenzen hinaus wirft.

Geht mir ja auch so.

Einen seltsamen Effekt hat meine 6jährige Schulleiterepisode in Nürnberg aber – und zwar, dass ich alles an meiner neuen Schule mit den Verhältnissen meiner Nürnberger Schule verglich. Was die Leute logischerweise genervt hat, aber auch eigentlich wenig hilfreich war, denn ich bin jetzt 27 Jahre im Schuldienst, habe also mehrere Schulen gesehen und Nürnberg war nicht mal die, an der ich am längsten war.

An der Schule, wo ich bisher am längsten war – 10 Jahre – war ich neulich, um den Schulleiter zu verabschieden. In meinem Grußwort erwähnte ich, dass der ursprüngliche Plan bei meinem Weggang war, dass ich als Schulleiter wiederkomme. Ich bin als Schulleiter wiedergekommen – aber eben woanders.

Manchmal läuft alles wirklich komisch.

In den Jahren, seitdem ich meine Bewerbung geschrieben habe, um diese Schule zu verlassen (das ist jetzt 8 Jahre her), wurden drei Kollegen beerdigt, zwei Schüler und eine Sekretärin. Und in den Sommerferien ging es so weiter bei den Tanten.

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https://youtu.be/sRZJkTjut7Y?si=HXVVBorEjRbw0KE7

Europawahl Nürnberg-Gostenhof

Landkreis, in dem meine Schule liegt

Stadt meiner Schule

Es geht nicht darum, jemanden zu blamen. Die Wahlergebnisse haben mich weder in der einen wie der anderen Richtung überrascht. Die Perspektiven sind unterschiedlich – ich kann es nachvollziehen.

Was mich eher abstößt überrascht ist aber aktuell die Geschwindigkeit, mit der die sogenannte und selbsternannte Mitte über das Stöckchen springt, was ihr von Rechtsaußen hingehalten wird (oder hält sie eher selbst das andere Ende fest?). Was mich erschreckt ist, mit welchem Narrativ die sogenannte bürgerliche Mitte Stimmung macht. Allen voran der Millionärs-Vorsitzende der bürgerlichen Mitte, der jedem, der ärmer ist, die Bissen in den Mund abzählen will. Und am Ende wird keiner dabei gewesen sein.

Und wie bigott dies alles ist, lese ich in meiner Tageszeitung. Zum Glück gibt es keine Staus – ich bin beruhigt.

Und habe Kopfschmerzen vom Kopfschütteln.

Ich werde morgen 55 und habe mir nicht vorstellen können, das alles um mich herum so zu erleben.

Neulich im Auto auf dem Weg zur Schule – über die A6 in Richtung Prag, wo regelmäßig Polizei am Rand steht – stellte ich mir die naive Frage, wer uns in Zukunft noch aufnehmen wird, wenn wir hier wegmüssen.

4 Antworten auf „Veränderungen“

  1. Politisch geht es mir aktuell ganz genauso. Diese Selbstverständlichkeit, mit der man auf einmal wieder mit Angst und unqualifiziertem Gepolter Politik macht, finde ich ich beängstigend. Vor allem auch, wenn die Öffentlichkeit das so einfach schluckt oder gelassen mit den Schultern gezuckt. Mir hat es letztes Jahr das Kraut ausgeschöpft mit der Flugblattgeschichte unserer Vize-Ministerpräsidenten. Die Art, wie das abgehandelt wurde, war unterste Kanone. Und dennoch findet ein Großteil der Leute, dass die Affäre gut aufgearbeitet wurde.
    Ich versteh es einfach nicht…

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