Sozialkunde – leicht gemacht 22: Menschenwürde

…und wer sie nicht schützt.

Einstieg bei mir: Ein Arbeitsblatt der BPB.de zum Thema Menschenwürde (Grundgesetz für Einsteiger), das die SchülerInnen letzte Woche in einer Vertretungsstunde ver- und bearbeitet haben.

Gespräch also darüber, was Menschenwürde ist. Schülerinnen bei mir tun sich schwer, diese zu bestimmen. Wenn man die Frage rumdreht, geht es eigentlich: Was muss passieren, dass einem Menschen die Würde genommen wird.

Dann Übergang zum Hörbuch – Ronen Steinke: Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich. Die neue Klassenjustiz. (Lesung von Axel Grube). Ich habe Kapitel VII. Elendskriminalität, 3. „Bettelei“: Das Comeback einer Kriminalisierung ausgesucht. Hörbar unter Spotify.

Drei Stufen der Besprechung / Erarbeitung unter dem Fokus „Menschenwürde“

  1. Paul Viktor M. – Sein Leben, menschenwürdig?
  2. Gerichtsverfahren, Auflistung seiner „Vergehen“ – menschenwürdig?
  3. Verurteilung – menschenwürdig?

Inklusive Besprechung morgen: Wer hat dem Angeklagten die Würde genommen? Wie kann man Paul Viktor M. zu einem menschenwürdigen Leben verhelfen?

Und man muss konstatieren, dass hier der Staat und seine Strafjustiz, entgegen den Grundlagen des Grundgesetzes, einzelnen Menschen die Würde nimmt. Nicht nur im Hinblick darauf, dass sie ein unwürdiges Leben akzeptieren – anderseits aber auch, dass sie Menschen dafür bestrafen, dass sie ein unwürdiges Leben führen müssen.

Ronen Steinke schlägt in seinem letzten Kapitel zu jedem seiner genannten Themen Lösungsvorschläge vor. Auch zum Thema Bettelei. Hier überrascht er nachvollziehbar mit einem Vergleich der Bettelei. Ab ca 19:54. (Letztes Kapitel im Hörbuch)

Das Hörbuch ist das beeindruckendste, was ich in letzter Zeit gehört habe. Inhalt und Sprachduktus von Axel Grube sind nachhallend. Das Kapitel „Bettelei“ist eins der letzten, direkt nach Prostitution und Hartz IV Betrug und vor „Drogen“.

5 Antworten auf „Sozialkunde – leicht gemacht 22: Menschenwürde“

  1. Interessanterweise hatte die Weimarer Reichsverfassung die Menschenwürde noch bei der Regelung des Wirtschaftslebens (Art. 151 I WRV) verortet, anscheinend im Bewusstsein, dass sie dort am regelmäßigsten bedroht ist.

    Mit dem Grundgesetz wurde das dann umgeworfen, auch weil 1949 bei Verletzung der Menschenwürde jeder an Folter und Konzentrationslager dachte. Und so ging über Jahrzehnte verloren, dass es auch menschenunwürdige Zustände unterhalb dieser krassen (und sowieso durch andere Grundrechte verbotenen) Exzesse gibt.

    Ein weiterer Aspekt bei der Kriminalisierung von Armut ist, dass diese manchmal nur eine Fortschreibung von rassischer Verfolgung im vorgeblich neutralen Gewand ist. Die Landstreicherei, die in der BRD bis 1974 strafbar war (§ 361 I Nr. 3 StGB), war ein Vorwand für die Polizei, um Roma und Sinti zu verfolgen. Oft durch die gleichen Polizisten, die das gleiche schon im Nationalsozialismus getan hatten.

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