Vorwort
Dies ist ein Artikel, den ich ursprünglich für eine Fachzeitschrift zum Geschichtsunterricht verfasst habe. Er ist aus verschiedenen Gründen nie im entsprechenden Heft erschienen. Das hat mich nicht traurig gemacht, nur ein wenig am Ego gekratzt. Aber das ist jetzt drei Jahre her und da das ganze Blog hier unperfekt ist, kann ich auch diesen unperfekten Artikel mal veröffentlichen. Das Thema (ohne Googlemaps) nämlich fand ich sehr spannend, bis heute.
Eine erste Idee wurde damals abgelehnt, die sich um die Erarbeitung von Feldpostbriefen [ABFeldpost] mit Googlemaps drehte.
Ich hoffe wie immer, dass ich vor allem bei den Arbeitsblättern keine Rechte verletzt haben, die mich in den Karzer bringen – ich habe die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen gemacht. Bei den Screenshots aus Googlemaps bin ich unsicher. Die Bilder aus dem Artikel habe ich entfernt, ein Link auf die Wikipedia-Seite war einfacher.
Der Artikel sprengt die Zeichenanzahl, die ich mir normalerweise für dieses Blog als Grenze für jeden Beitrag gesetzt habe, aber ich wollte keine Reihe aufmachen. Alle Anmerkungen, die von 2017 stammen, sind kursiv gehalten.
Kriegerdenkmal oder Ehrenmal? – Erinnerungskultur 1. Weltkrieg global betrachtet und mit Googlemaps analysiert
Zielgruppe: 8.-10. Klasse, je nach Anlage des Lehrplans
Vorwissen: Thema 1. Weltkrieg muss erarbeitet sein, folgende Sequenz steht am Ende dieses Lehrplanabschnitts
Zeitbedarf: Zwischen zwei und vier Stunden
Methodik/Kompetenz: Die Schüler üben die Fähigkeit ein, Bauwerke der Erinnerungskultur zu analysieren und zu bewerten. Dabei erlernen sie, wie sie ein webgestütztes Tool wie Googlemaps gewinnbringend einsetzen können.\r\n
Einleitung
Der Erste Weltkrieg stellt nicht nur in politischer und geschichtlicher Hinsicht eine deutliche Zäsur aller beteiligter Nationen dar, sondern auch im Hinblick auf ihre jeweilige Erinnerungskultur. In Deutschland ist das Erinnern daran hinter das Gedenken an die NS-Zeit, den Holocaust und den Zweiten Weltkrieg getreten. Für andere Nationen jedoch ist sie der Anfang einer Tradition von Kriegserinnern, dem andere Kriege folgen. Wieder andere verbinden nationales Erwachen mit ihrem Engagement im Großen Krieg, wie z.B. Australien.
Entsprechend dieser unterschiedlichen Kriegserfahrungen manifestieren sich auch verschiedene Erinnerungskulturen, die sich je nach Nation und Umständen eher lebendiger (USA, Großbritannien), eher untergeordnet (Russland) oder umstritten (Deutschland) darstellen.
Diese Unterschiede zeigen sich besonders deutlich in den Denkmälern, die man in Gedenken an die Gefallenen des Ersten Weltkrieges in aller Welt errichtet hat. Diese über die eigene Nation hinaus zu erforschen und zu „lesen“, bringt nicht die Relativierung der eigenen Erinnerungskultur, sondern kann vielleicht dabei helfen, diese sinnvoll zu erweitern. Angesichts aktueller Diskussionen um ein Ehrenmal der Bundeswehr in Berlin und einer steigenden Anzahl von Auslandseinsätzen in Kriegsgebieten, wird die Frage immer häufiger gestellt werden, ob man soldatischem Sterben im Rahmen einer positiven Erinnerungskultur Sinn geben kann oder muss.[1]
Hintergrund
Angesichts einer Fülle von Kriegerdenkmäler, die nach dem Ersten Weltkrieg in fast allen Orten Deutschlands errichtet wurden, mag es verwundern, dass diese kaum im Bewusstsein der Bevölkerung verankert sind. Viele stehen versteckt in Parks oder auf Friedhöfen und geraten erst dann in die Öffentlichkeit, wenn am Volkstrauertag Kränze niedergelegt werden und in der Zeitung berichtet wird oder aber, Neonazis diese Stätten für ihre Propaganda nutzen.
Andere Nationen haben andere Kulturen entwickelt, die natürlich auch aus einer anderen Geschichtsperspektive und einem anderen Geschichtsbewusstsein herrühren. Aber auch sie sind überwiegend um Denkmäler herum angeordnet, die nach dem Ersten Weltkrieg entstanden sind. Diese War Memorials in England, USA, Kanada sind oftmals weniger versteckt, sondern bilden Zentren in groß angelegten Parks und sind Anziehungspunkte für Familien auf ihren Wochenendausflügen oder an speziellen Wochenenden (Memorial Days/Weekends/Remembrance Days). Die Symbolik ist in vielen Punkten den europäischen ähnlich[2], aber lebendiger und auch positiver aufgeladen.
The Cenotaph, das z.B. in London Whitehall steht, beinhaltet als Beispiel nur die kurze Inschrift „The Glorious Dead“. Am Ende des Ersten Weltkriegs aufgestellt, steht es als Zeichen für den Sieg und zur Erinnerung an die Gefallenen. Nach 1945 wurde die Erinnerung erweitert auf die gestorbenen Soldaten des Zweiten Weltkriegs und dann auf die der folgenden Kriege. Die einfache Inschrift und der gesamte relativ schmucklose Aufbau zeugt von Erfahrungen der vernichtenden Schlachten im Ersten Weltkrieg. Ähnlich wie mit dem „Sarg des unbekannten Soldaten“ deutet man das massenhafte Sterben an, welches dem Einzelnen nicht einmal mehr einen individuellen, gekennzeichneten Begräbnisort lässt. Besonders deutlich geschieht dies im Beinhaus von Verdun, das in seinen Kellern alle nicht identifizierbaren Gebeine gefallener Soldaten aufgenommen hat.
Der Cenotaph steht bis heute auch im Mittelpunkt von Paraden, die jährlich im November abgehalten werden. In der restlichen Zeit sind Fahnen angebracht und Blumenkränze am Fuße des Denkmals vorhanden. Im Gegensatz zu deutschen Kriegerdenkmälern ist hier eine deutlich lebendigere Erinnerungskultur vorhanden.
– Wissenskasten Beginn-
Einsatz von Googlemaps im Unterricht
Während Google Maps im Rahmen eines Browsers läuft, handelt es sich bei Google Earth um eine eigenständige Anwendung, die heruntergeladen und installiert werden muss.
Beide Dienste beruhen aber auf demselben Kartenmaterial, wobei Google Earth versucht, aus dem zweidimensionalen Kartenmaterial ein dreidimensionales Bild zu entwerfen.
Es gibt in Google Maps drei Arten der Kartenansicht: Als Luftbild, als Karte und als Hybrid (Luftbild und Karte übereinander gelegt).
Schon die einfachsten Operationen bei Google Maps wie die Ortssuche und das Routenplanen können im Unterricht eingesetzt werden. Doch auch über die Demonstration von Orten, geografischen Besonderheiten oder Sehenswürdigkeiten hinaus kann Google Maps im Geschichtsunterricht eine wichtige Rolle spielen, und zwar auch in Schülerhand. Dabei weckt und unterstützt es die Neugier der Schüler und vermag historisches Wissen anschaulicher zu machen und zu vertiefen.
Für die vorliegende Nutzung ist kein Google-Account notwendig, was die Arbeit in der Schule erleichtert, da man sich wenig Sorgen um den Datenschutz machen muss.Da die Anwendung über einen Browser läuft, sind keine besonderen technischen Voraussetzungen notwendig. Es liegt auf der Hand, dass die Bedienung leichter wird, je stärker die Internetverbindung und besser ausgestattet der Computerraum ist.
Grundsätzlich ist es aber sinnvoll, für die Analyse Gruppen zu bilden mit mindestens drei höchstens vier Schülern. Diese können sich leicht um einen Computer gruppieren und bei der Arbeit verschiedene Aufgaben übernehmen. Bei der Einzelarbeit gerät der Computer zu sehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit und es fehlt der Austausch untereinander. Auch schont man die Bandbreite der Schule, wenn man nicht alle Arbeitsplätze gleichzeitig auf Googlemaps zugreifen lässt. Letztlich ist es, wenn es schon Erfahrungen diesbezüglich gibt, auch möglich mit Geräten der Schüler zu arbeiten.
Ergänzung: Arbeitsblätter für [Lehrer: googlemapsersterueberblick] und [Schüler: ABSchueler]
Ermutigung
Entdecken Sie Google Maps zuhause, indem Sie einfach ein wenig herumklicken. Geben Sie Begriffe und Orte ein, die Sie gerade im Unterricht behandeln. Zoomen Sie, betrachten Sie die hinterlegten Fotografien, legen Sie Routen an und gehen Sie mit Streetview umher.
Überlegen Sie weiterhin Szenarien im Unterricht, wo diese Exkursionen zur Anschauung dienen könnten. Wenn Sie an einer Schule mit Smartboards unterrichten können Sie sich nun eine Einweisung geben lassen und zeigen einige Beispiele Ihren Schülern.
Beispiele dafür könnten sein:
- Eine Besichtigung von Machu Picchu
- Mittelalterliche Stadtbefestigungen und -grundrisse von Nürnberg, Nördlingen, Rothenburg ob der Tauber
- Überblick über Prunkbauten und Gartenanlagen des Absolutismus: Würzburg, Versailles
Folgen Sie Ihrer Neugier und überlegen Sie schließlich, ob und wie Sie mit Hilfe von Google Maps die Neugier Ihrer Schüler wecken und nutzen können.\r\n\r\nIn der vorliegenden Sequenz ersetzt das Tool Googlemaps nur vordergründig lediglich die eigentliche Exkursion. Denn mit den Möglichkeiten, die es bietet, lassen sich vielerlei Perspektiven auf das Objekt einstellen, die selbst bei einer direkten Begegnung mit dem Denkmal nicht möglich wären (Zoom Funktion z.B. mit dem Überblick über die gesamte Situation). Diese Möglichkeiten bieten einen intensiveren Blick auf die Denkmäler und ihre Umgebung. Ein Foto könnte diese Leistung nicht erbringen, da es nur eine Momentaufnahme aus einer bestimmten Perspektive beinhaltet. Erweitert man diese Betrachtungen durch Nutzung der Seiten flickr.com oder panoramio.com, die oftmals qualitativ sehr gute Foto-Serien beinhalten, kann n seine Perspektive erweitern. Allein die Tatsache, dass bestimme Memorials so oft und ausführlich von Privatleuten fotografiert werden, zeugt von einem bestimmten Bewusstsein.
Die Arbeitsblätter fordern daher nicht nur dazu auf, das Denkmal an sich zu skizzieren, sondern auch die direkte Umgebung mit Straßen und Grünanlagen, denn besonders in der Bewertung und Einordnung der Memorials wird wichtig, die Umgebung in der Analyse einzubeziehen, was auch die Menschen und z.B. den Autoverkehr beinhaltet.
-Wissenkasten Ende-
Stundensequenz Ablauf
Nr | Inhalt | Anmerkungen |
1 | Kriegerdenkmäler WK 1 analysieren an deutschen Beispielen | Ohne Computer, ABs |
2 | Einstieg in Googlemaps: Erforschung des „Gedenkgeländes“ von Verdun | |
3 | Erforschung internationaler Kriegerdenkmäler | Präsentation der Ergebnisse benötigt eigene Stunde |
4 | Vorschläge für die Gestaltung eines modernen Ehrenmals für gefallene deutsche Soldaten im Ausland unter Berücksichtigung von 3 |
Didaktischer Gang der Unterrichtseinheit
Einstieg in die Sequenz
Als Einstieg in die Stunde kann ein regionales Beispiel eines Kriegerdenkmals dienen. Das Vorwissen der Schüler über das Denkmal wird gesammelt und eventuell zusammengefasst.
Der Einstieg in die Sequenz dient dazu, eine grundlegende Methodik der Analyse von Denkmälern, speziell Kriegsdenkmälern, zu lernen. Zu diesem Zweck wurden drei Beispiele ausgewählt aus den Jahren zwischen 1871 und 1938.
Das Denkmal von Bernau/Berlin liegt zwar inhaltlich vor dem Ersten Weltkrieg, bietet aber im Vergleich den Vorteil, dass bestimmte Symbole verwendet werden, die auch später eine Rolle spielen, wie z.B. der Siegeskranz, die Siegesgöttin und einige Adler auf halber Höhe. Außerdem kann auch erst von hier aus die Bedeutung des Erinnerns an den Ersten Weltkrieg richtig eingeordnet werden, handelt es sich doch um ein „Siegerdenkmal“.
Das zweite Denkmal in Ismaning bietet hier einen anderen Anblick: Zwei Löwen, die oberhalb einer Liste von Gefallenen wachen als Symbol soldatischer Tugenden wie Mut und Kampfbereitschaft. Das Denkmal ist begehbar, quasi religiös erhoben wie ein Altar. So dient es dem Gedenken an die Toten, die Information bezüglich des Krieges ist nur dem Datum 1914-1918 zu entnehmen. Später wurden die Namen der Soldaten aus dem zweiten Weltkrieg hinzugefügt.
Das Kriegerdenkmal am Galgenberg in Hildesheim offenbart den Wandel der Erinnerung an den Ersten Weltkrieg in der Zeit des Nationalsozialismus. Ein Jahr vor Beginn des Zweiten Weltkrieges eingeweiht, ist es nicht nur als Erinnerung an das Vergangene gedacht, sondern auch indirekt der Aufruf verbunden, es den Ahnen gleichzutun. Die Begriffe „Schicksal“ und „Volk“ weisen vielerlei Bezüge auf, die sich von der Niederlage im Ersten Weltkrieg bis zum „Völkischen“ der NS-Zeit reichen. Der Bau erscheint wie eine Burgmauer, die einen Angriff abhalten soll. Der große Soldat wacht martialisch vor seinen toten Kameraden.
Mit Hilfe von Arbeitsblättern können die Schüler wesentliche Punkte erarbeiten:
- Aufbau
- Symbolik
- Wirkung/Aussage
Die Einführung eines Dokumentationsblattes [ABkriegerdenkmaluebung] für den Vergleich der Denkmäler kann sinnvoll sein, wenn dieses in der weiteren Sequenz weiter benutzt wird, bzw. auch für andere ähnliche Unterrichtsvorhaben (z.B. in Schulen mit Fahrschülern die Erkundung regionaler Kriegerdenkmäler).
Anmerkung: Unten finden Sie einen Link bei den weiterführenden Literaturangaben (Günther Gugel) zu einem ausführlichen Artikel, der sich um die Analyse von Kriegerdenkmälern dreht.
Einstieg in die Arbeit mit Googlemaps – Ortsbegehung Verdun
Googlemaps wurde von den Schülern sicher schon einmal benutzt, dennoch ist es nicht ganz umsonst, wenn man einige grundsätzlichen Operationen ein wenig übt, vor allem, wenn es einen unterrichtlichen Bezug hat. Diese Operationen lassen sich über das Schülerarbeitsblatt [RundgangVerdun] entweder direkt am Computer erarbeiten oder führt sie per Beamer kurz vor.
Für die vertiefende Übung eignet sich das Gelände von Verdun in der Nähe des ehemaligen Forts Douaumont recht gut. Dies vor allem aus zwei Gründen: Die Anlage ist vielfältig (Beinhaus, Friedhof, Überreste des Schlachtfeldes, die Ruine von Fort Douaumont) und sie ist gut mit Googlemaps erschlossen. Die Beschäftigung speziell mit dem Beinhaus eignet sich auch inhaltlich zur Einübung der analytischen Methode. Das Arbeitsblatt gibt die Stadt Thiaumont als Ausgangspunkt vor, von dem aus per Google Street View.
Die Arbeitsblätter drehen sich vor allem um das Verdun Beinhaus mit vorgelagertem Friedhof. Auch ohne nähere Informationen zu besitzen, kann das Gebäude Eindruck auf die Schüler machen und sie erste Vermutungen bezüglich der Aussageabsicht über den Ersteindruck formulieren. In ihrer Analyse kann man den Schülern recht viel Raum lassen, denn die Umgebung spricht für sich. Abschließend sollten die Schüler ermutigt werden, einen virtuellen Ausflug zum Fort Douaumont zu machen, um sich Anlage und vor allem eben auch die Landschaft anzuschauen, die nicht unerheblich vom Krieg geformt wurde. Eine Präsentation und Besprechung der Ergebnisse runden die Stunde ab.
Analyse von internationalen Denkmälern zum Ersten Weltkrieg
\r\nIm Material sind 8 Vorschläge für die Erforschung von internationalen Gedenkorten [denkmalkrieggooglemaps] vorhanden. Diese können natürlich ergänzt oder verkürzt werden. Eine Erarbeitung erfolgt in Gruppen.
Ausgehend von den Ergebnissen der Vorstunde können nun neue Orte des Gedenkens erforscht werden. Die ersten Unterschiede, die den Schülern auffallen werden, sind die Größe und weite Anlagen, die in einigen Ländern erscheinen. Hier müsste der Begriff Denkmal spätestens ausgeweitet werden zur Gedenkstätte, was allerdings schwierig wird, da man hierzulande dies eher in Zusammenhang mit KZ-Gedenkstätten verbindet. Das englische Wort Memorial jedoch umfasst dabei alles vom Denkmal hin zum Mahnmal und zur Gedenkstätte.
Weiterhin muss die Analyse ergeben, dass diese Memorials oftmals mitten in den Städten stehen und parkähnlich gebaut sind. In den vorliegenden Fällen sind diese sogar begehbar in einem profane-alltäglichen Sinn (Bangkok und Washington), in anderen Fällen sehr sakral angelegt, wie in Canberra. Ähnliche Anlagen existieren in Deutschland nur selten, so z.B. in Nürnberg die Gedenkhalle am Luitpoldhain, welcher ursprünglich zur Erinnerung der Kriegstoten des Ersten Weltkriegs errichtet wurde, dann aber von den Nationalsozialisten im Rahmen der Reichsparteitage zur Ehrung der toten Parteikämpfer vom Hitlerputsch 1923 genutzt.
Wenn die Schüler ihre Recherche vertiefen, werden sie in Einzelfällen feststellen, dass die Memorials nicht nur den toten Soldaten geweiht sind, sondern damit auch Ereignisse verbunden sind, die die Nation oder das nationale Erwachen repräsentieren. Im Falle des Denkmals von Bangkok ist dies z.B. die Beteiligung Siams (später Thailand) am Ersten Weltkrieg auf der Seite der Alliierten. Damit erlangte das Land einen Sitz im Völkerbund und damit nach langen Jahren der Kolonialherrschaft faktisch die Unabhängigkeit.
Nicht zu vergessen ist, dass es einen grundsätzlichen Unterschied im Erinnern gibt zwischen Frankreich/Deutschland auf der einen Seite und den überseeischen alliierten Mächten. Auf der einen Seite steht das Mahnen eher im Zentrum, wenn ich Verdun und Ypern betrachte und auf der anderen Seite ist es das Gedenken an die Soldaten, die für die Nation gekämpft haben und gestorben sind.
Abrundung und Ausblick
Nach der Analyse und Ergebnispräsentation werden die Schüler erkannt haben, dass die Gedenkkultur bezüglich des Ersten Weltkriegs im deutschsprachigen Raum eher dürftig ist. Aus eigenem Erleben und eigenen Erfahrungen steht auch bei Ihnen eher die NS-Zeit im Vordergrund und in diesem Rahmen auch eine nicht positiv zu deutende Beziehung zum Thema Krieg. Deutsches Erinnern formuliert hier ein „Nie wieder Krieg“, weil es bisher kaum Möglichkeiten gab, in Zusammenhang mit Patriotismus positiv über Kriegseinsätze deutscher Soldaten zu sprechen. Diese Problematik müsste im weiteren Verlauf angesprochen werden. Versuche, ein Ehrenmal für die gefallenen Bundeswehrsoldaten in größerem Maßstab als bisher zu errichten, fallen in diese Diskussion ebenso wie die grundsätzliche Frage, ob soldatisches Sterben überhaupt und in welchem Rahmen ein Sinn beigemessen werden kann. Daran anschließend wäre zu erörtern, wie ein Denkmal aussehen kann, dass diese Leistung vollbringt.
Weiterführende Literatur
Geschichte lernen 121 / 2008 Denkmäler, besonders Artikel von Matthias Bode: Zwischen Trauer, Heldengedenken und Opfermythen. S. 18-21\r\n\r\nGünther Gugel, Institut für Friedenspädagogik Tübingen e.V.: Kriegerdenkmäler als Geschichtsquellen. http://www.friedenspaedagogik.de/content/download/4491/25484/file/Kriegerdenkmale.pdf (abgerufen: 13.10.2013)
Manfred Hettling / Jörg Echternkamp: Gefallenengedenken im globalen Vergleich. Nationale Tradition, politische Legitimation und Individualisierung der Erinnerung. Oldenbourg Verlag, München 2013 (Sehr spannend!)
Barbara Korte, Sylvia Paletschek, Wolfgang Hochbruck: Der erste Weltkrieg in der populären Erinnerungskultur. Einleitung des Aufsatzes als freies Dokument der Universität Freiburg. http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/7132/pdf/Korte_Paletschek_Hochbruck_Der_erste_Weltkrieg.pdf (abgerufen 13.10.2013)
Diskussionspapier: „Die Ehrenhaine der Bundeswehr in den Einsatzgebieten – Denkmäler für eine neue Erinnerungskultur“, von Burkhardt Müller- Sönksen, MdB, April 2013 – http://www.mueller-soenksen.de/files/bsoenksen/uploads/diskussionspapier_erinnerungskultur_nach_fraktionsbeschluss.pdf (Abruf 9. Oktober 2013, 18:50 Uhr)
Kerstin Klingel: Ehrenkranz und Dornenkrone. Kriegerdenkmäler in Hamburg. Landeszentrale für politische Bildung Hamburg. November 2006\r\n\r\n[1] Vgl. Dazu auch: Diskussionspapier: „Die Ehrenhaine der Bundeswehr in den Einsatzgebieten – Denkmäler für eine neue Erinnerungskultur“, von Burkhardt Müller- Sönksen, MdB, April 2013 – http://www.mueller-soenksen.de/files/bsoenksen/uploads/diskussionspapier_erinnerungskultur_nach_fraktionsbeschluss.pdf (Abruf 9. Oktober 2013, 18:50 Uhr)
[2] Vgl. dazu u.a.: Bode, Matthias: Zwischen Trauer, Heldengedenken und Opfermythen. Geschichte Lernen 121 / 2008, S. 18-21. Versuche einer Typologie, S. 20
Interessantes Thema!
In meiner früheren Wahrnehmung lag der Erste Weltkrieg immer stiefmütterlich hinter dem Zweiten Weltkrieg zurück.
Das änderte sich erst durch die Beobachtung des Gedenkens in anderen Ländern, zum ersten Mal als ich 1992 in dem auch von Dir angesprochenen Australien war und der ANZAC Day mit Paraden gefeiert wurde, die letzten überlebenden Soldaten des Ersten Weltkriegs bejubelt wurden und im Fernsehen den ganzen Tag Filme über Gallipoli liefen.
Interessant war auch eine Reise nach Mazedonien, wo es in jeder Kleinstadt einen deutschen, einen französischen, einen britischen und einen türkischen Friedhof gibt. Alle für die jeweiligen Soldaten, die dort im Ersten Weltkrieg starben.
Meine Unkenntnis darüber, was dort genau wann passierte zeigte mir, dass wir nicht nur den Ersten gegenüber dem Zweiten Weltkrieg vernachlässigen, sondern dass wir uns vielleicht auch zu einseitig auf West- und Ostfront konzentrieren und die Auswirkungen auf die restliche Welt (mit Ausnahme von Hiroshima) vernachlässigen.
Interessant bis schockierend ist die Erinnerungspolitik in Osteuropa. Da wird jede Lenin- und Marx-Statue abgerissen, aber im Stadtwald von Vilnius stehen zum Beispiel noch immer unkommentiert deutsche Kriegerdenkmäler, die von Heldentum, Ehre, Blut und Vaterland schwafeln.
Interessant auch eine Erfahrung aus Transnistrien: dort gab es in Bender eine Ausstellung in der Altstadt mit Fotos und Lebensläufen nicht von Gefallenen, sondern von überlebenden Soldaten des Zweiten Weltkriegs, die dadurch geehrt werden sollten.