Arbeiten mit dem Grundgesetz (Grundrechte, Institutionen, Parteien) – Nachtrag zum Vortrag

Mitte der Woche habe ich einen Vortrag gehalten zu dem, was ich im Unterricht so mit dem Grundgesetz mache. Vier Ideen habe ich präsentiert, drei waren ausgereift, eine gescheitert – also schon vor dem Vortrag. Vielleicht schaffe ich es in absehbarer Zeit diese Ideen hier auch aufzubereiten.

Ich habe darauf hingewiesen, dass ich in diesem Blog noch ein paar Hinweise nachreichen werde, bzw. Links.

Zum Inselspiel

Inselspiel auf der Wikiseite des Regio Montanus Gymnasiums – kurze offene Variante

Inselspiel in der Zeitschrift „Politik und Unterricht“ – etwas ausgeprägter mit zielgerichteten Aufträgen, mit Kommentar

Inselspiel in „Politik für Einsteiger“ von der BPB – auch mit zielgerichteten Aufträgen, AB04

Inselspiel des Instituts für Friedenspädagogik

Inselspiel „zum Kaufen“ vom Schroedel Verlag – Hier wird das Spiel erweitert um Texte bekannter Staatsphilosophen (bisschen scrollen)

PS: Beim Suchen gerade bin ich noch auf dieses didaktische Handbuch gestoßen, welches auch das Inselspiel beinhaltet in der Version des Instituts für Friedenspädagogik. Beim ersten Überfliegen habe ich noch einige interessante Aspekte gefunden.

Zu den Grundrechten

Ich habe vergessen zu erwähnen, dass ich in meiner Vorbereitung bisher als sehr hilfreich gefunden habe, einen Kommentar zum Grundgesetz bei der Hand zu haben. Diese gibt es immer wieder bei der BPB zu bestellen. Ich besitze derzeit:

Dieter Hesselberger: Das Grundgesetz – Kommentar

Gramm, Pieper: Grundgesetz, Bürgerkommentar

Besonders bei der Auslegung bestimmter Artikel sind diese Ausführungen gewinnbringend.

Die Mappe mit den Bildkarten gibt es unter diesem Link zu bestellen (Auch online möglich): Anstoß nehmen, dort gibt es einige andere interessante Angebote

Zu meinen Materialien

Ich kann den Besuchern des Vortrags noch die Materialien zum Download anbieten, die ich in Kopie an dem Tag in nicht ausreichender Menge dabei hatte.

Dazu benötige ich einfach eine Email von Ihnen, in der ich ersehen kann, ob Sie wirklich ein Besucher waren. Schreiben Sie doch in die Mail, welche Farbe mein Pullover hatte an dem Tag oder die Raumnummer des Raumes, in dem wir uns befanden (Achten Sie darauf, dass sich der Raum geändert hatte). Alternativ den Veranstaltungsort ganz allgemein.

Dann sende ich ihnen einen Link zu, über den Sie eine begrenzte Zeit lang die Arbeitsblätter herunterladen können.

Sonstiges

Ein Wordle lässt sich mit wordle.net erzeugen.

Das Buch mit den Infografiken hieß: „Verfassung verstehen“

Es gibt einen schönen Blogpost von Herrn Kalt über das Thema „Lehrer und Twitter“.

Es gibt viele weitere bloggende Lehrer. Alle spannend.

 

Sozialkunde 17 leicht gemacht: Themenhefte der Bundeszentrale @bpb_de

36920-st-teaser140In diesem Jahr habe ich drei Hefte der Bundeszentrale Politische Bildung in Klassensätzen bestellt:

In Sozialkunde ein Schulbuch zu benutzen, ist immer etwas schwierig, weil es sehr schnell veraltet – viel schneller als andere Bücher. Und natürlich liegt es in der Natur der Sache, denn so ganz allgemein lässt sich ein Buch nicht gestalten, da ein Bezug zur Tagespolitik immer da sein muss – dieser Bezug verändert sich aber schneller als man denkt. Das Buch an unserer Schule weist z.B. Horst Köhler noch als Bundespräsidenten aus. Ansonsten ist es auch nicht sehr ansprechend.

Die Hefte oben beinhalten eine Menge Einzel-Arbeitsblätter zu den verschiedenen Themen und können als Einstieg, Erarbeitung oder häusliche Vorbereitung dienen. Dazu sind sie relativ aktuell. Das inhaltliche Niveau liegt etwa im durchschnittlichen Bereich. Was zwangsläufig manchmal fehlt, ist der regionale Bezug, aber den schaffe ich noch selbst.

Besonders erwähnenswert ist der Umstand, dass alle Hefte auch als PDF downloadbar sind.

Ein tolles Buch in diesem Zusammenhang ist leider vergriffen: Horst Pötzsch. Die deutsche Demokratie. Die BPB weist nur noch ein paar Arbeitsblätter dazu aus.

Nicht zu vergessen, die Methoden-Kiste, die einige der wesentlichen Methoden für den Unterricht in knappen Karten im Überblick zeigt.

Kongress Digitale Didaktik 2014 auf Schloss Neubeuern

Das erste Mal

(Sollten Sie meinen Vortrag besucht haben und nun die Hinweise suchen, scrollen Sie gleich weiter runter – das folgt unten als letzter Punkt mit den entsprechenden Erklärungen, alternativ habe ich rechts in der Navigation ein spezielles Menü angelegt)

Die letzten zwei Tage war ich auf dem Kongress „Digitale Didaktik 2014“ (PDF-Programm) auf Schloss Neubeuern. Ich hatte eher indirekt davon erfahren, und zwar durch eine Verlinkung eines meiner Googlemaps-Projekte im Internet, was ich als Backlink entdeckt hatte. Mir wurde erklärt, dass die Ankündigung wohl gezielt an die Gymnasien ging und daher an mir vorbei. Auf eine Anfrage meinerseits vor einem halben Jahr, wann denn der nächste Kongress stattfände, lud man mich ein und fragte, ob ich nicht einen Vortrag zu einem meiner Schwerpunktthemen halten könnte.

Und ich tat es. Und hielt meinen ersten Vortrag, der das zusammenfassen sollte, was ich so als meinen digitalen Workflow im Projekt „Papierlose Lehrertasche“ in den letzten drei Jahren erprobt habe. Und tappte in die wohl übliche Falle: Zu viel gewollt und (mit kleinen technischen Pannen) am Ziel vielleicht vorbeigerauscht. Letztlich, so hoffe ich, war es ein anregender Blick in den Bauchladen meines Nerd-tums.

festsaalneubeuern

Der Ort (Festsaal des Schlosses) meines ersten Vortrags war im Übrigen auch nicht wenig einschüchternd.

Ideen

Der Kongress an sich war gewinnbringend (für mich). Das Programm und die Ankündigung versprachen ja schon viel und das allermeiste wurde gehalten.

In der Keynote durch Professor Bresges von der Uni Köln berichtete u.a. von den Ergebnissen eines Modellprojekts in Reichshof, wo an einer Gesamtschule zum Einsatz von iPads in Schulen geforscht wurde. Eine der Erkenntnisse, die mir noch im Kopf blieb, ist der Umstand, dass durch den Einsatz von iPads besonders die Spanne der schwächeren Schüler geringer wurde, bzw. die Spanne der Schülern mit nachvollziehbaren Lernerfolg breiter – und dies allein durch das Einbringen des Pads, ohne weitere Lehrerinstruktionen.

Zwei der Workshops, die ich besuchte, zeigten Projekte, die ich mehr oder minder unmittelbar umsetzen werde: Das Erstellen von Lernvideos (mit Camtasia und Snagit) und das Produzieren von Hörspielen (Dr. Holger Fröhlich, Limburg, hier im Interview). Das erstere eher von meiner Seite, das zweite dann im Unterricht. Ich war allein bei der Demonstration schon so begeistert von der einfachen Möglichkeit, diese Dinge zu produzieren, dass ich am liebsten sofort loslegen wollte (weiter unten sehen Sie das erste Ergebnis).

Im Workshop zum Hörspiel wurde zwar auf der einen Seite die technisch ausgereifte Ausstattung der Schule, an der das Projekt durchgeführt wurde, gezeigt – ebenso wie kostspielige Software. Auf der anderen Seite aber konnten die Teilnehmer mit einem einfachen digitalen Sprachrekorder auch schnelle Ergebnisse zutage fördern, ohne große Vorbereitung. Die Geschichte mit dem Märchen-Hörspiel war insofern interessant, da die Märchen, die erwähnt wurden, eine gute Länge haben, die in einem Unterrichtsprojekt gut zu überblicken sind. Herr Dr. Fröhlich zeigte dabei seine Vorgehensweise, mit dem Schreiben eines Drehbuchs, der Einspielung von Text, Musik und Geräuschen, sowie dem Schneiden mit der entsprechenden Software (Cubase). Als Alternative wurde noch Audacity erwähnt.

Im Workshop „Lernvideos erstellen“ zeigten Anton Bollen (Vorstellung ganz unten auf der Seite) und ein Kollege von der Firma Techsmith eine Einführung in die Software Camtasia und Snagit. Besonders Camtasia hat mich beeindruckt, vor allem bezüglich der guten Bedienbarkeit, die derart intuitiv ist, dass ich heute nach 60 Minuten das erste Video selbst erstellt hatte mit der Testversion. Weiter unten sehen Sie mein erstes Ergebnis.

Digitaler Workflow für Lehrer – die papierlose Lehrertasche

Die Besucher meines Vortrags mögen entschuldigen, dass ich so viel wollte und, gefühlt, nur ein Sammelsurium verschiedener Ideen geboten habe. Auch die technischen Probleme waren irgendwie ein bisschen doof (Es war übrigens die Software „Airserver“ dafür verantwortlich, dass erst der Bildschirm und später dann die Software gesponnen hat. Nach der Deinstallation und einem Neustart lief natürlich alles wie geplant – argh).

Ich habe Ihnen gesagt, dass ich meine Unterlagen soweit zur Verfügung stelle und das werde ich auch tun über ein Notizbuch von Evernote, welches ich öffentlich schalte – dann sehen Sie auch diese Funktion. Allerdings ist mir ein Problem erst auf der Heimfahrt klar geworden. Und zwar verlinke ich natürlich in diesen Unterlagen auch auf Notizen, in denen sich Material befindet, welches ich wahrscheinlich nicht einfach öffentlich zugänglich machen darf.  D.h. ich muss die einzelnen Notizen erstmal aufbereiten, um keine Probleme zu bekommen. Ich werde die nächsten Tage die einzelnen Punkte aufbereiten und versuchen, jeden Tag eine weitere Notiz zu veröffentlichen.

Auf jeden Fall aber bin ich auf eine Idee gekommen, wie ich es Ihnen aber zeigen kann, wie ich  meine Arbeitsabläufe digital organisiert habe. Wenn ich es nur in einem Video zeige, ist das Material ja zumindestens nicht als Download verfügbar – also urheberrechtlich unbedenklich. Zu diesem Zweck habe ich mit der Testversion von Camtasia ein erstes Video erstellt und werde in den nächsten Tagen weitere anbieten.

Dennoch können Sie einen Blick in das Evernote-Notizbuch werfen, welches ich für Neubeuern erstellt habe. Folgen Sie einfach diesem Link. Ich werde in den folgenden Tagen die einzelnen Notizen weiter ergänzen, eben auch in Videoform, wenn ich sie aufbereitet habe.

Und hier die Nummer 1: Wochenstruktur in Evernote erstellen. 60 Minuten Produktionszeit. 3. Sprechversuch. Kleine Fehler noch drin.

httpv://youtu.be/YPq3IT1ro-o

Hatte ich erwähnt, dass sich dieser Kongress gelohnt hat? Das erste Mal seit langer Zeit, dass ich bei einer derartigen Veranstaltung bis zum Abschluss dageblieben bin.

Manche meinen Lechts und Rinks kann man nicht velwechsern –

Werch ein Illtum (Ernst Jandl).

Mit dieser Überschrift steige ich oft in eine Sozialkundestunde über „Politische Denkfamilien“ ein. Diesen Begriff habe ich mal irgendwo aufgeschnappt (Ich meine bei der Bundeszentrale in einem Lexikon) und fand ihn für das Thema so passend, dass ich ihn gern verwende, was von Anfang an nicht leicht ist – vor allem, weil Viele bestimmte Vorstellungen von „links“ und „rechts“ haben, ohne dies aber wirklich zu reflektieren.

Erst heute las ich z.B. in der Zeitung ein Interview mit Bruno Jonas, wo er gefragt wurde, ob er denn nun ein linker Kabarettist sei. Auf diese schon nicht sehr überlegte Frage kam dann entsprechend eine ebenso wenig durchdachte Antwort: „Ich äußere mich nicht parteipolitisch.“

Also Lektion Nr. 1: Rechts und links sind keine Begriffe, mit denen man sich zu bestimmten Parteien einordnen kann. Wie z.B. kann es sonst sein, dass Heiner Geißler, CDU, gleichzeitig Mitglied bei attac ist, der Organisation, die (wie Geißler selbst) heftig und andauernd Kapitalismus und Globalisierung kritisiert?

Wer hat’s erfunden?

Der zweite Schritt meiner Stunde besteht darin, dass ich die Begriffe links und rechts links und rechts an die Tafel schreibe, eine horizontale Linie ziehe und den Schülern den Auftrag gebe, dass sie doch sich selbst und ihr politisches Denken einmal mit einem Kreide-Kreuz auf dieser Linie einordnen sollen. NATÜRLICH verlasse ich den Raum, wenn sie das machen.

Wenn ich den Raum wieder betrete findet sich meist ein ähnliches Bild: Viele Kreuze befinden sich in der Mitte der dreiteiligen Tafel, wenige ganz links, rechts aber will keiner so recht sein. Vereinzelt finde ich welche, selten.

Die Deutung lässt sich verschieden aufziehen.

Zum einen tun sich viele, nicht nur Jugendliche, schwer, sich politisch einzuordnen – viele Menschen verweigern sich auch, weil sie angreifbar werden. Dann tituliert man sich gern als jemand, „der sich nicht einordnen lässt oder will“. Dies soll dann von unabhängigem Denken zeugen, was es in der Regel nicht ist. Um aus dem Konflikt herauszukommen, macht man das Kreuz in der Mitte und glaubt, damit muss man keine Stellung beziehen.

Zum anderen frage ich danach auch einfach ins Plenum, was ihrer Meinung nach links und rechts bedeutet. Dann läuft alles in die Richtung, dass die Rechten ja die Nazis seien und die Linken sind (mittlerweile erst) diese Partei aus der DDR. Und rechts will keiner sein und links in diesem Sinne ist nebulös.

Eine dritte These bezüglich des Tafelbildes ist die, dass linkes Denken entwicklungstechnisch früher als auftritt als rechtes. Dies mag in der Natur der Sache liegen („Wer mit 20 kein Kommunist ist, hat kein Herz…) beleidigt aber vielleicht linkes Denken als kindisch. Dies aber beleidigt Kinder ebenso wie linkes Denken.

Also erkläre ich:

Übereinstimmend wird auf die Französische Revolution verwiesen, in dessen Verlauf die ersten Nationalversammlungen einberufen wurden. Hier wurden die Abgeordneten (ohne dass es wirklich Parteien gegeben hat) entsprechend ihrer Ausrichtung gesetzt: Links (vom Präsidenten aus gesehen) saßen die Revolutionären, Progressiven (Fortschrittlichen) – Rechts wiederum die Königstreuen, Monarchisten, Konservativen (Bewahrenden).

Gegensätze und/oder Alternativen

Nach dieser Erklärung sollen die verschiedenen Denkfamilien erarbeitet werden. Dies geht wunderbar mit Texten aus dem Politiklexikon der bpb.de:

Konservativismus

– Hauptbegriffe: Tradition, Bewahrung der aktuellen politischen Ordnung, Verteilung von Macht und Eigentum, Nation, starker Staat

Liberalismus

– Hauptbegriffe: Freiheit, Ablehnung/Einschränkung jeder (staatlichen )Einflussnahme,   Selbstregulierung der Wirtschaft über einen freien Markt

Sozialismus

– Hauptbegriffe: Freiheit UND Gleichheit, Abschaffung der Herrschaft über Menschen, Ablehnung des Kapitalismus, Schaffung von Gleichheit durch staatliche Eingriffe

Die Texte werden gekürzt. Im Überblick reichen oft die einleitenden Absätze, ohne genauer auf Unterströmungen einzugehen. Arbeitet man die Hauptbegriffe heraus, findet man Überschneidungen und Unterschiede.

Danach kann man den Denkfamilien aktuelle Parteien zuordnen. Parteiprogramme sichten. Wahlplakate analysieren und zuordnen lassen. Vor allem aber auch erklären, was in diesem Zusammenhang links- und rechtsextrem bedeutet, bzw. am Tafelbild des Einstiegs deutlich machen (ich gehe dann in rechte Ecke des Klassenzimmers, um zu erklären, dass das, was sie unter rechts verstehen, eigentlich rechtsextrem ist – Also: Überbetonung des „Volks“, Ablehnung/Unterordnung persönlicher Freiheit, Rassismus, radikal nationalistisch.

In diesem Zusammenhang habe ich neulich in einer Klasse ein sehr gutes Material der Bundeszentrale benutzt: „Was denken Nazis?

Grenzen

Links und rechts sind sehr grobe Begriffe. Vor allem, weil sie nicht wirklich etwas über politische Inhalte aussagen. Nicht umsonst spricht man ja auch innerhalb von Parteien von linken/rechten Flügeln, Traditionellen, Konservativen und Fortschrittlichen. Daher ist eine eigene Zuordnung schwer. Wenig überraschend werden links/rechts ja auch eher gebraucht, um jemand von außen zuzuordnen. Da ist man dann eine „linke Zecke“ oder „eine rechte Glatze“. Aber dann wiederum gibt es die „Linksfaschisten“ und „Godwin’s Law„.

Wenn man sich jedoch mit den Begriffen der „Denkfamilien“ auseinandergesetzt hat, wird das Ganze meiner Meinung nach schon leichter. Vor allem, weil man dann auch handfeste Grundbegriffe in Diskussionen und Auseinandersetzungen mit anderen hat.

Muss man sich politisch-gedanklich überhaupt verorten?

Generell bin ich der Meinung, dass es notwendig ist. Aber natürlich muss man mehr als das – sich auch mit dem beschäftigen, was man so „meint“. Notwendig vor allem, um sich zu wappnen gegen alle, die Redegewandtheit als Waffe einsetzen.

Für die Politische Bildung existiert der sogenannte Beutelsbacher Konsens, nach drei Grundpinzipien im Politikunterricht beachtet werden müssen: 1. Das Überwältigungsverbot, nach dem kein Schüler mit der Meinung des Lehrers überrollt werden darf, 2. Das Gebot der Kontroversität, nach der politische Themen, die in der Wirklichkeit umstritten sind, auch so im Unterricht dargestellt werden müssen und 3. das Ziel, den Lernenden inhaltlich und methodisch zu befähigen, dass er sich seine eigene Meinung bilden kann.

Klingen alle drei Punkte vernunftmäßig einsichtig, sind sie doch nicht ganz unumstritten. Ich erwähne nur zum ersten Punkt, dass hier schnell geschlossen werden wurde, dass der Lehrer keine Meinung äußern darf, um die Schüler nicht zu beeinflussen. Dies ist im laufenden Unterricht oft schwer, denn die Schüler fragen natürlich nach. Halte ich mich aus einer Meinungsbildung mit meiner Meinung heraus, bin ich ja doch ein schlechtes Vorbild – so als Meinungsloser. Nun ist man aber soweit zu sagen, dass eine solche Äußerung notwendig ist, wenn man sie am Ende eines schulischen Meinungsbildungsprozesses stellt und nicht an den Anfang. Und wenn man diese eigene Meinung auch begründet.

Wer es etwas genauer nachlesen möchte, ist im Netz an der richtigen Stelle.

Ein Linker?

In diesem Zusammenhang taucht in der genannten Stunde von mir auch ein Gedicht von Erich Fried auf. Dies enthält eine Definition von rechts/links, die ich persönlich sehr schön finde und für mich gern beanspruche – auch und vor allem als Lehrer. In dessen ersten Zeile heißt es:

Wer Kindern sagt
Ihr habt rechts zu denken
der ist ein Rechter
Wer Kindern sagt
Ihr habt links zu denken
der ist ein Rechter

Und es endet mit

Wer Kindern sagt
was er selbst denkt
und ihnen auch sagt
dass daran etwas falsch sein könnte
der ist vielleicht
ein Linker

Verunsicherungen (damit wollte ich eigentlich einleiten)

Ich lese mich grad ein in linke Positionen und Theorien: Autonome, Antifa, Kommunismus, Anarchismus. Veröffentlichungen dazu sind bunt. Zum Anarchismus gab es ein Comic (im Sozialkundeunterricht wird man oft mit Fragen / Anmerkungen bezüglich des Anarchismus konfrontiert), zur Antifa einen Theorieband, die Autonomen werden in einem Abriss behandelt und der Kommunismus findet seinen Ausdruck in einem Kinderbuch.

Diese Liste habe ich auch zusammengestellt, weil mich seit einiger Zeit irritiert, dass der Begriff „Kapitalismus“ in der öffentlichen Diskussion immer öfter auftaucht – ohne an sich in die Kritik zu geraten. Vor 20 Jahren existierte dieser aber noch als „Kampfbegriff“ und jeder, der ihn benutzte, bekam zu hören, dass er noch „nach Moskau gehen“ solle.

Mittlerweile aber darf man den Kapitalismus kritisieren, ohne Kommunist zu sein (zu müssen). Das überrascht mich.

Speedlab werkstatt.bpb.de „Wem gehört die Bildung?“ #slOER

Wo ich war

Nach einigen kurzen Email-Wechseln mit Menschen aus der werkstatt.bpb, entschloss ich mich nach München zu einem Speedlab zu fahren. „Wem gehört die Bildung?“ wurde gefragt und es sollte sich um das Thema OER drehen. Da ich mich da schon ein wenig eingelesen hatte, dachte ich, dass es ein gutes Thema sei, das meine derzeitigen Projekte rund um und in der Schule ergänzen könnte.

Was nicht war

Kein Twitterdebakel in München. Zugegeben, ich nahm zum ersten mal an solche einer Veranstaltung teil. Und ich kenne Twitter. Und ich kann mit dem ipad umgehen. Aber zum ersten Mal unterwegs mit Twitterwall.

Aufbau: Links die Twitterwall, rechts die Bühne mit Vorträgen. Und beides nebeneinander funktioniert. Nicht nur, dass man vorn diejenigen twittermäßig identifizieren kann, weil links ihr Nick erscheint. Was noch funktioniert: Jemand fotografiert die Präsentation und ich, der ich hinten sitze, kann die wesentlichen Bilder abrufen, sofort. Und: Ich habe links die andere Dimension, die virtuelle, das Internet, die Links, von dem, was rechts erzählt wird. Eigentlich klasse. Uneigentlich auch. Ich habe mittlerweile Fortbildungen erlebt, auf denen vorn unleserlich kleine Beameransichten von Webseiten erahnen konnte – die ich dann aber auf meinem Schoß locker ansurfen konnte. Generell finde ich diese beiden zusätzlichen Dimensionen bei einer Veranstaltung – nach außen (twittern, bloggen, kommentieren) und von außen (nachgoogeln) – sehr hilfreich und genial.

Und überhaupt, ich fand es auch genial, wenn sich Leute an mir vorbei in die Sitzreihen bewegen und genau das tun, was ich auch tat: Tablet herausholen, Wlan ansteuern und einloggen, Twitter starten, Emails abrufen, Browser ansteuern. Vor allem: alles Menschen, die älter waren als ich.

Mir fiel dabei der etwas weinerliche Artikel über das „Twitterdebakel in Bielefeld“ ein, welcher mal auf heise erschienen ist und der ein wenig deutlich der akademischen Folklore hinterher trauerte. Dazu auch.

Wie es war

Speedlab ist ja ein schöner Begriff. Schnell soll es sein, d.h. wenig Leerlauf viel Input. Das war es schon mal. Zwei kurze Keynotes von je ca. 30 Minuten. Eines zum Thema „Globale Dimension von OER“ von Jan Neumann, einem Teilnehmer der UNESCO Konferenz zum Thema OER. Eines zu rechtlichen Aspekten, gehalten von Matthias Spielkamp, dem Mitbegründer der Rechtsplattform irights.info.

30 Minuten ist eine ideale Zeitspanne, wenn man Sprecher hat, die wissen, wovon sie reden.

Danach dann in zwei Runden vier Labdiskussionen zu einzelnen Themen:

* Wer macht Bildung? – Vorstellung von rpi-online u.a. als offene Plattform für Bildungsmaterial
* Wer bezahlt Bildung? – Digitale-Schule Bayern stellte sich vor
* Wie offen ist Bildung? – Vorstellung einer Forschungsgruppe, die das derzeitige Angebot an Unterrichtsmaterial im Netz unter die Lupe nimmt
* Wie kann freie Bildung entstehen?

Labdiskussionen je 30 Minuten Thesen und Gespräch im Stehen an Tischen. Abgesehen von meinen Rückenschmerzen sehr angenehm.

Und wenn ich unten einschränken werde, doch einiges an Inspiration mitgenommen.

Was war

Im Kern drehten sich die Diskussionen (in meiner Gruppe) um drei Kernthemen

  • Die rechtlich schwierige Situation beim Umgang mit Bildungsmedien
  • Die Frage der Finanzierung oder Umschichtung von Geld für Bildungsmedien
  • Qualitätsprüfung/Redaktion bei offenen Bildungsmedien

Immer wieder angesprochen wurde dabei auch die Rolle, die Verlage zukünftig übernehmen können oder sollten. Erwähnt wurde dabei, dass sie abrücken sollen von dem „Bewahrer und Hüter“ von Bildung und mehr hingehen müssen zu einem Kurator, also einem, der die Bildung pflegt und sie aufbereitet – aber nicht hütet und verkauft. Ein Teilnehmer sprach überspitzt davon, dass er sich als Verlagsvertreter fühle wie der kapitalistische Teilnehmer „auf dem kommunistischen Weltkongress“.

Hier meinte ich auf beiden Seiten schon ein wenig Erstarrung feststellen zu können.

Sicher ist aber wohl, dass der Begriff OER von Verlagen mit Unbehagen betrachtet wird, denn er „greift“ natürlich dessen traditionellen Markt an. Ohne dass ich jetzt aber Wahrsager wäre, kann ich mir vorstellen, dass die drei großen Verlagshäuser sicherlich Programme entwickeln, die auf diese Veränderung reagieren. Dass es nicht öffentlich diskutiert wird, liegt aber wohl am markwirtschaftlichen Denken und den Vorsprung, den man halten oder wie auch immer ausbauen möchte.

Am Lernlab 4, das mich am meisten im Nachhinein reizte,  „Wie kann freie Bildung entstehen?“ wurde diesbezüglich die Perspektive in den Blick genommen, wie in freier und offener Rückkopplung mit den Nutzern von Bildung neue Bildungsmaterialien entstehen können. Als Akteur stellte man hier die Bildungszentrale Politische Bildung in den Mittelpunkt, die nicht nur durch die werkstatt.bpb.de neue Wege sucht, ihre Bildungsinhalte neu zu positionieren, zu füllen, zu erweitern.  Dass sie sich dabei leichter tut als der herkömmliche Verlag, liegt auf der Hand, da sie ja nicht primär auf den Verkauf ausgerichtet sind.

Angesprochen waren hier Lehrer, die die BPB ansurfen und das Material nutzen. Die Frage wurde gestellt, ob man nicht neben den Angeboten, die schon vorhanden sind, sich aber eher an Lehrer oder doch ähnlich gebildete Personen richtete, auch ein Angebot entwickeln sollte, was sich an Kinder und Jugendliche richtet.

Wer da war

Abgesehen davon, dass ich trotz Anmeldung nicht auf der Liste stand, waren weniger Lehrer anwesend als ich gedacht habe. Ich konnte nur drei identifizieren. Mit mir. Der Rest bestand aus Verlagsmenschen, Unimenschen, „Netzaktivisten“, Vereinsmenschen – viele Spezialisten, viele Theoretiker.

Leider konnte ich nicht ganz bis zum Ende da bleiben, daher kam ich dann nicht mehr mit den Mitgliedern der anderen drei Gruppen ins Gespräch. Allerdings, so meine Einschränkung, hätte ich in diesen Gesprächen auch wohl, leider, wenig Anregungen für die Arbeit ander Schule bekommen. Und mit dieser Erwartung war ich ja u.a. auch gekommen.

Was ich seltsam fand

Ich kann mich nicht des Eindrucks erwehren, dass ich als Teil einer Minderheit dort saß. Der Begriff OER ist, so sehr ich das auch bedauern mag, kein Begriff aus der Alltagswelt meiner Kollegen und mir. Ich kenne ihn, ja, und ich weiß, was dahinter steckt, glaube ich. Habe mich durch einige Seiten geackert und mir schwirrt der Schädel.

Ich habe den Begriff OER gestern auch auf einer anderen Fortbildung, an der medienaffine Lehrer teilnahmen, fallen gelassen – er war völlig unbekannt.

Mit dem Theorieüberbau, allein aus dem Whitepaper von Felix und anderen, deren Arbeit ich schätze, kann man erstmal die Leute ganz schön verschrecken. Eine gute Übersicht bietet auch werkstatt.bpb noch einmal.

Und ich fühlte mich manchmal ein wenig zwischen den Stühlen. Zum einen, weil ich selbst Schulbuchautor bin und ein gutes Schulbuch für meinen Unterricht schätze, zum anderen weil ich als Webworker beständig darauf achten muss, welches Material ich wie veröffentliche, bzw. eben nicht.

Was mir bleibt

Als erstes, genial, eine gute Dokumentation in Wort und Bild.

Mit in die Schule zu nehmen ist meinetwegen der Begriff OER, aber im Hinblick darauf, Unterrichtsmaterial erstmal innerhalb der Schule zu erstellen, welches

  • Vom Format her grundsätzlich bearbeitbar ist
  • Rechtlich sicher (vor allem eben in digitalisierter Form)
  • Für alle, erstmal innerhalb der Schule, zugreifbar ist

Wenn diese drei Punkte an der eigenen Schule erkennbar umgesetzt werden, dürfte schon etwas gewonnen sein. Ob dazu der Begriff OER in seinem Hintergrund theoretisch in den Köpfen verankert werden muss, weiß ich grad nicht.

Was mir auch bleibt, ist der Rahmen dieser Veranstaltung. Diesen fand ich nämlich sehr interessant, und zwar im Hinblick darauf, wie man die Teilnehmer einer solchen Konferenz behandelt. Es ging nicht (nur) darum, die Inhalte in mehr oder minder große Köpfe hineinzupressen. Sondern jeder Teilnehmer wurde quasi auch als Experte angesprochen, als jemand, dessen Meinung, Wissen und Einsatz gefragt war.

Dies würde ich gern mitnehmen, nicht nur in den Unterricht – denn ja, auch hier sitzen Experten und Wissende, etwas, was ich selbst zu gern vergesse – sondern auch in die Arbeit mit Kollegen. Ich werde da mal was ausprobieren. Denn ich finde mittlerweile alle Formate sehr angenehm in denen ich wirklich mitreden kann und nicht nur Staffage bin. In denen kurze Inputs gegeben werden und man sich dann austauscht. Die Fortbildungen, die ich derzeit wieder hie und da genießen muss kann darf, sind dagegen schwer verdauliche Geschichten.

An dem Lernlab „Wie offen ist Bildung?“ sollte u.a. darüber gesprochen werden, wie die nahe und etwas ferne Zukunft bezüglich Bildung und Lernen aussehen soll. Dies kam leider zu kurz, bzw. wurde in meiner Runde nicht darauf eingegangen.  Das fand ich etwas schade.

Ebenso, trotz des offenen Rahmens, fehlte mir ein wenig die (urdeutsche Lust auf) genauere Bestimmung des Begriffs Bildung. Darüber wurde nicht oder nicht genug gesprochen, nach meinem Empfinden. Bzw. ich selbst habe auch erst auf der Heimfahrt dran gedacht.

Neumann zeigte die Dimensionen von OER auf (vom Arbeitsblatt zum kompletten Kurs) und brachte von der Pariser UNESCO Konferenz zu OER 2012 auch eine mögliche Definition von OER mit, die weitreichend und wegweisend sein dürfte:

Open Educational Resources, known as OER, are any type of educational materials that are in the public domain or released with an open license that allows users to legally and freely use, copy, adapt and re-share. OER present a strategic opportunity to improve the quality of education as well as facilitate policy dialogue, knowledge sharing and capacity building. Quelle.

Dreht sich also bei der Frage nach Bildung alles um Bildungsmaterial?

Dass damit natürlich eine Kritik an Verlagen, Bildungshäusern, Rechtevermarktern verbunden ist, ist klar und wurde auch geäußert. Aber machen diese Bildung? Nein, sagen dann viele, Lehrer machen Bildung – ohne die Lehrer gehts also nicht. Aber machen die’s? Führen die nicht auch nur die Lehrpläne aus? Also machen die Kultusminister Bildung? Und wer pfuscht da alles mit rein?

Oder dreht sich alles um die „Wiki-Glaubwürdigkeits-Diskussion“? Ich frage meine Schüler mit ganz offenen Zweifeln, wie man auf die Idee kommt, Wikipedia weniger zu glauben als dem Brockhaus – Kenne ich denn die Autoren vom Brockhaus? Stammt deren Glaubwürdigkeit nicht auch nur aus der Marktpräsenz ihres Werkes? Warum also Wiki weniger glauben? Weil so viele da mitschreiben?

Also dasselbe, was bei Linux (aka Offene Software) auch dauernd thematisiert wird: Die Angst, dass mit dem Ansteigen der Offenheit die Sicherheit sinkt oder die Gefährdung steigt? Läuft Bildung Gefahr, dass sie „verseucht“ wird, wenn man sie öffnet und aus den Händen von Verlagen, Universitäten und Schulen nimmt? Wenn jetzt jeder mit dran „rummfummeln“ kann, was fällt dann alles hinten runter? Die christlichen Werte? Die akademische Tradition? Die Familie? Das Abendland?

Ist es nicht vielleicht wünschenswert, dass da was runterfällt? Also doch nicht nur die Frage nach dem Material?

Oder galoppiert da etwas in meinem Kopf zu weit raus?