5 Minuten Schulleitung – Ende

Habe gerade gesehen, dass der letzte Beitrag „5 Minuten“ schon zwei Monate her ist. Ich könnte sagen, dass ich keine Zeit gehabt hätte – aber das war es nicht ganz. Ich könnte behaupten, dass ich viel Stress hatte – das würde sogar stimmen. Im Prinzip aber hatte ich keine Motivation, keinen inneren Antrieb. Ich bin müde.

Vor den Pfingstferien habe ich, um irgendwo anzufangen, bemerkt, dass das Pfeifen in meinen Ohren, was ich sporadisch seit dem letzten Punkkonzert im April immer mal wieder wahrgenommen hatte, offenbar ein dauerhafter Gast ist. Infusionen und Medikamentengabe konnten dies nicht eindämmen. Ich hatte es zuerst wirklich eben für eine Folge des Konzerts gehalten, konnte mir aber nach Wochen nicht mehr einreden, dass es vorübergehend ist.

Seit dieser Zeit strengt mich die Arbeit insgesamt sehr an – oder ich nehme es so wahr. So sehr, dass ich nachmittags nicht mehr wirklich aufnahmefähig bin, sei es sozial oder intellektuell. Ich esse zu viel und zu unüberlegt. Ich schlafe viel und bin viel müde.

Eins meiner größeren Probleme aber ist es, dass ich nicht zugeben kann, Stress zu haben. Oder dass mich meine Arbeit wirklich anstrengt. Immer wieder, wenn ich etwas davon erzählen möchte, hänge ich Sätze hinterher, die anfangen mit „Aber ich kenne Kollegen, die viel mehr…viel länger…“ Und ja, die gibt es. Ich muss versuchen, mich nicht hinter ihnen zu verstecken, ohne bestimmten von ihnen weiterhin Respekt zu zollen für das, was sie stemmen.

Betrachte ich meine Arbeit und den damit verbundenen Stress, dann kann ich folgende Unterschiede feststellen zu meinem bisherigen Lehrerleben:

  • es fällt viel Organisation an, angefangen beim Vertretungsplan, über Hintergrundorga von Veranstaltungen und Konferenzen, weit gestreut im zeitlichen Aufwand und Vorlauf
  • ich versuche natürlich auch Marken zu setzen, dabei sehe ich zwei Aufgaben: a) die Mitentwicklung und Umsetzung eines Medienkonzeptes für die Schule und b) die verstärkte Zusammenarbeit mit den anderen Schulen vor Ort
  • ich bekomme viel mehr mit von allem, was nebenher läuft: Gespräche mit Eltern, diszplinarische Vorfälle, Krankheiten und Probleme der Kollegen, Schüler und Familien der Schüler – viel davon wird im Hintergrund erledigt, ohne dass es weiter durchdringt
  • ich muss viel mehr Wert auf mein Auftreten und meine Worte legen, habe ich doch bisher nach dem Motto gelebt „Lieber auf einen guten Freund als auf einen guten Spruch verzichten“, muss ich mich nun beherrschen und für alle da sein – und ich musste in Vertretung drei Abschlussprüfungskonferenzen leiten
  • als sehr belastend empfinde ich den Anspruch an mich selbst, unfehlbar sein zu müssen, ja, ich weiß, dass das niemand sein kann – ich interpretiere dabei nur meine inneren Reaktionen, wenn mir Fehler unterlaufen und ich drei Tage und Nächte damit zu kämpfen habe
  • stressig bleibt für mich weiterhin der Umgang mit den bekannten Kollegen; besonders auf Messers Schneide läuft es eben, wenn man einen Freund im Kollegium hat, der nun auch seit meinem Amsantritt im Personalrat ist; das ist nicht so leicht für mich auf die Reihe zu bringen und wir beide mussten sicher schon ein wenig Lehrgeld zahlen
  • unglaublich anstrengend bleibt auch weiterhin die durchweg hohe Anspannung im Verlauf des Arbeitstages, ich komme um halb acht und gehe um zwei, in dieser Zeit gibt es an vielen Tagen kaum einen Moment, in dem ich für mich bin und verschnaufe, ich habe meinen Unterricht, dann die Stunden im Büro und Absprachen in den Pausen
  • und mit schlechtem Gewissen ist weiterhin verbunden, wenn ich vor 13 Uhr das Schulhaus verlasse oder nach 8 komme (an einem Tag der Woche habe ich eine Absprache diesbezüglich)
  • und das Schuljahr hat keine Grenzen mehr: während ich grad die Statistiken für die Abschlussprüfung zusammenstelle, laufen die ersten Wunschzettel zusammen bezüglich der Unterrichtsverteilung und des Stundenplans – das neue Schuljahr hat also schon begonnen.

Wir sind zu dritt in der Schulleitung und ich weiß, dass wir alle eine ähnliche Schlagfrequenz haben, was die Arbeit angeht und keinem kommt dabei über die Lippen, dass er für etwas nicht zuständig ist. Keiner läuft mit dem Geschäftsverteilungsplan durch die Gegend.

Ich muss nicht hinzufügen, dass ich seit einem halben Jahr unglaublich schlechten Unterricht mache und ein ebensolcher schlechter Ehemann bin.

Richtig gut dagegen lief am Sonntag nur die Golfrunde in der Nähe von Neumarkt.

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5 Minuten Schulleitung – Darf ich, darf ich nicht?

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Jupp, es war soweit. Die Urkunde ist da und ich muss mir neue Visitenkarten drucken lassen.

Das erste Jahr im neuen Posten neigt sich langsam den Ende zu. Was noch kommen wird, sind die Konferenzen zur Abschlussprüfung und dann die restlichen Notenkonferenzen. Drei von vier Abschlussprüfungskonferenzen darf ich selbst leiten in Vertretung, das steht schon jetzt fest – und versetzt mich in einen leichten Unruhemodus.

Es sind generell zwei Dinge, die sich mit Eintritt in die Schulleitungskarriere geändert haben und meine Arbeit bestimmen: Die Sache mit dem Geld und der Stress. Während ich das mit dem Geld neulich mal angerissen habe, ist der Stress etwas, was mich beunruhigt. Stress nämlich, so seltsam das klingt, kannte ich bis vor einem Jahr in meinem Beruf nicht so ausdrücklich. Sicher, es gab mal Termindruck (selbstverschuldet vor allem), hektische Korrekturzeiten oder aufregende Klassenfahrten. Aber das nicht vergleichbar mit dem, was ich jetzt erlebe.

Dabei erkenne ich noch nicht genau die Quellen des Stresses, aber an manchen Tagen deutlich die Symptome: Ungleichmäßger Schlaf, Gewichtsschwankungen um die +/- 4kg, Fressattacken, Unruhezustände, Müdigkeit, Unfähigkeit zu entspannen oder abzuschalten. Etwas, was ich im Auge behalten muss – unbedingt.

Darf ich das offen hier schreiben? Könnten ja Kollegen lesen?

Darf ich nicht?

Auch zwei Fragen, die mir erst in den letzten zwei Monaten öfter durch den Kopf gehen als früher: Darf ich? Darf ich nicht?

Auch als ich vor einer Woche meine Amazon-Buch-Ferien-Leseliste zusammen- und be-stellte. Musste an den Film „Fletcher’s Visionen“ denken, in dem der Hauptdarsteller in einen Buchladen geht, den „Fänger im Roggen“ kauft und dies sofort an das FBI weitergeleitet wird – weil es als „gefährliches Buch“ eingestuft wird (Der Mörder von John Lennon hatte >angeblich< eine Ausgabe davon in der Tasche als er ihn erschoss). Eine beliebte Verschwörungstheorie.

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Mir fiel das jedenfalls ein, als meine Bücher ankamen.

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Ich habe während des Heckmecks um meinen Namen und Frei.Wild und Neonazi-Konzerte festgestellt, dass mein Wissen um die politischen Randgebiete nicht ganz so ausgereift ist. Besonders linke politische Tradition/Geschichte ist mir nicht ausführlich genug bekannt. Und dem möchte ich abhelfen.

Das darf ich, oder BfV?

5 Minuten Schulleitung – Reden wir mal über’s Geld

Prolog

Über Geld redet man ja recht ungern – also man, Hm, die anderen, ich hab da weniger Probleme mit. Ich halte mich für gut bezahlt, weiß, dass ich über dem Bundesdurchschnitt liege und in Verbindung mit einigen Beamtenprivilegien sieht das schon gut aus. Sehr gut. Und ich lasse mir diese Überzeugung auch nicht von pfennigfuchsenden Kollegen kleinreden.

Ich meine hier die Bezahlung als Realschullehrer, besoldet mit A13 – wobei ich persönlich das nicht mehr bin, aber langsam.

Bei dieser Geldsache hängt natürlich auch immer wieder drin, welchen Maßstab man so anlegt. Und ja zugegeben, ich komme aus einer Schicht, die man heute eher als Unterschicht bezeichnen würde – wobei dies nicht mit den heutigen Assoziationen geschieht. Es geht dabei eher um ein Milieu der Arbeiterschicht, aufgewachsen im Sozialen Wohnungsbau, den man heute gentrifzieren möchte (Hamburg Wilhelmsburg). Ich bin das „berühmte“ Arbeiterkind, was den Aufstieg geschafft hat. Übrigens auch im Zusammenspiel mit dem ständigen, unterbewussten Gefühl, nicht dazuzugehören. Bis heute nicht. Ich habe erst vor kurzer Zeit entdeckt, dass es ein Netzwerk gibt mittlerweile, in dem sich typische Arbeiterkinder zusammen tun und getan haben. Überraschung. In meiner Schullaufbahn habe ich vielleicht zehn andere Lernende mit demselben Hintergrund kennengelernt. Höchstens. Eine davon habe ich geheiratet.

Wer meinen Blog verfolgt, hat mal sicher gelesen, dass in meiner Familie schon Lehrer existierten. Dies aber hat eine Generation mit mir übersprungen und die Lehrer, von denen wir hier sprechen, sind Volksschullehrer, die in Schlesien von Dorf zu Dorf zogen und die jeweils 40 bis 60 Kinder unterrichteten. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass hier ein Bruch durch den Krieg stattfand, der bestimmte Lebenswege neu ausgerichtet hat.

Ich, also der Aufsteiger, also mit dem guten Gehalt. Kein Haus, was gebaut wurde oder abbezahlt werden muss, kein sonstiger Grundbesitz, auch kein zu erwartendes Erbe, kein Elternhaus im Sinne eines Hauses aus Ziegeln. Die einzigen Kredite, die ich laufen habe, sind das Auto und – *hüstel* – das Smartphone.

Dies nur als lange Einleitung zum eigentlichen Thema.

Geld

Wenn man eine Schule von außen betrachtet, erscheint einem das Kollegium als relativ homogene Gruppe. Auch wenn man als Kollege darin arbeitet, ist dies i.d.R. der Fall. Seit meinem Weg in die Schulleitung habe ich mehr und mehr mit den verschiedenen Anstellungsarten und Beschäftigungsverhältnisse zu tun, in denen die Kollegen bei uns arbeiten.

Der Regelfall an der bayerischen Realschule ist der verbeamtete Lehrer, der nach A13 bezahlt wird. Für den Aufstieg gibt es wenige Möglichkeiten: die Verwaltungslaufbahn, den Weg als Seminarlehrer/Zentralen Fachleiter, die Ausbildung zum Beratungslehrer, den Einsatz als Systemadministrator oder der Weg über die Mittlere Führungsebene (die gerade anläuft).

Man muss hier immer unterscheiden zwischen den Aufgaben, die ein Amt mit sich bringt und dem Amt an sich, was auch die Besoldungsstufe beinhaltet. Als Beispiel: Ich habe ein Jahr gearbeitet und „die Aufgaben eines Zweiten Realschulkonrektors“ übertragen bekommen, erst dann wurde ich befördert, bekam den Titel (ZwRSK) und die Besoldungsstufe A14+Z (Z ist die Amtszulage, die sich aus der Größe der Schule ergibt, hier: mehr als 520 Schüler). Derzeit arbeite ich in den Aufgaben eines „Ständigen Stellvertreter des Schulleiters“, bin aber eben immer noch ZwRSK und werde dann irgendwann zum RSK (Realschulkonrektor) befördert, inklusive der Besoldungsstufe A15. Sollte ich irgendwann ein RSD werden (Realschuldirektor), wird das Gehalt auf A15+Z erhöht. Wen es interessiert, kann also mal nachschlagen, was besoldungsmäßig zwischen mir und meinem Chef für ein Unterschied existiert. Das Ergebnis ist nicht sehr witzig – für ihn. PS: Seminarlehrer z.B. arbeiten erheblich länger als solche, bevor sie ein Beförderung bekommen (man spricht von 5-8 Jahren). Automatische Beförderungen wie am Gymnasium gibt es an der Realschule nicht.

Dies sind ja alles keine großen Geheimnisse – alles ist nachzulesen.

Seit zwei Jahren werden neue Lehrkräfte auf A12 eingestellt, teils um Geld zu sparen, teils, um den Aufstieg zu ermöglichen, bzw. Anreize dafür zu schaffen. A13 wird damit zur Aufstiegsstufe. (Da habe ich mich wohl geirrt – ich weiß aber, dass dies mal im Gespräch war. Offenbar war diese Rückstufung der Einstellungsstufe zeitlich begrenzt – vgl. Kommentare)

A11 ist die Beförderungsstufe für Fachlehrer an der Realschule – auch dafür muss man manches Jahr schon gearbeitet haben. Fachlehrer sind diejenigen Lehrer, die nicht über ein Studium an der Universität Lehrer geworden sind, sondern über die Ausbildung an einem Staatsinstitut. Voraussetzung dafür ist ein Mittlerer Bildungsabschluss. Nach ihrer Ausbildung, die 4 Jahre dauert, werden sie in A10 eingeordnet. Fachlehrer unterrichten bei uns z.B. IT oder Haushalt/Ernährung oder Werken. Die Stundenzahl liegt bei 29, zum Vergleich: die anderen unterrichten 24 Stunden.

Die A-Besoldung gilt natürlich für die verbeamteten Lehrer. In einem durchschnittlichen Kollegium arbeiten aber auch angestellte Kollegen, entweder im unbefristeten oder befristeten Angestelltenverhältnis. Daneben Lehrer zur Aushilfe mit unterschiedlichen Stundenzahlen, manche für wenige Wochen, andere für Monate, einige für das ganze Schuljahr. Manche Kollegen werden daher am Anfang des Jahres eingestellt, manche zum Halbjahr, andere mitten in den Jahren.

In meinen ersten beiden Schuljahren als Lehrer wurde ich besoldet nach BAT 2a, wenn ich mich recht entsinne. Davon aber nur 2/3, weil ich eben nur eine 2/3-Stelle besetzte. Das hieß dann eben 2/3 von allem, auch vom Trennungsgeld und den Reisekosten…überall wurde 1/3 abgezogen. Die Verbeamtung erfolgte dann in meinem vierten Jahr. In meinem siebten Jahr bekam ich die erste Beurteilung – das ist insofern von Bedeutung, als dass ich dort dann wie ein „Anfänger“ beurteilt wurde, mit der entsprechenden Beurteilungsstufe.

Was bleibt unterm Strich?

Innerhalb eines Kollegiums ist die unterschiedliche Bezahlung oder Anstellung selten ein Thema, man arbeitet als Kollegen zusammen. Und jeder macht seine und vielfach auch die gleiche Arbeit.

Also ist die Aufgabe der Schulleitung unter diesen vielen Vorbedingungen auch gleiche und gerechte Verhältnisse herzustellen.

Nachtrag

Ich weiß nicht, wie das in der sogenannten „freien Wirtschaft“ ist, ob dort auch die Bandbreite der Verdienste so weit gefasst ist – für eine ähnlich oder gleiche Arbeit.

Angesichts dessen aber empfinde ich die deutlich unterschiedliche Bezahlung aber als ungerecht. Sage dabei aber deutlich: Ich fühle mich nicht über-, sondern eher die anderen unterbezahlt.

PS: Vergessen habe ich noch die Schulsekretärin. Ihr Vertrag wird jedes Jahr neu unterzeichnet und richtet sich nach der Anzahl der Schüler. Das bedeutet eben auch, dass ab einer bestimmten Grenze aus der ganzen Sekretärin eine 3/4 Sekretärin wird: mit der 4/4 Arbeit – und der 3/4 Bezahlung. Und der Hausmeister ist auch noch da – aber ich habe grad keine Ahnung, was der verdient.

5 Minuten Schulleitung – das neue Schuljahr beginnt schon jetzt

Auf meinem Schulschreibtisch landete vor einigen Tagen ein fast 30seitiges Geheft mit den Informationen, Anordnungen und Hinweisen zur Unterrichtsplanung 2013/14. Diese läuft grad an und muss bis Mai als Vorläufige Unterrichtsübersicht abgegeben werden. Letztes Jahr sah die Handreichung so aus.

Hier muss also der Unterricht, die Unterrichtsverteilung und damit eben auch der Bedarf angegeben werden, der im kommenden Schuljahr auftreten wird. Das ist, grob gesprochen, ein wenig Stochern im Nebel.

Zwar laufen im Mai die Anmeldungen für das kommende Schuljahr, aber erst zum Ende des Jahres entscheidet sich, wer z.B. sitzenbleibt, wer vom Gymnasium zu uns kommt oder aus ganz anderen Bundesländern. Hier gilt: 5 Schüler mehr oder weniger kann bedeuten, dass es eine Klasse mehr oder weniger gibt und entsprechend damit werden dann auch mehr oder weniger Lehrerstunden notwendig.

Ein oder zwei Stunden Unterricht mehr oder weniger machen aber bei der Planung schon einiges aus – heißt ja im Zweifelsfall, dass der Lehrer eine Klasse mehr oder weniger unterrichten muss. Oder aber, wenn man bedenkt, dass Sportunterricht als sogenannter „nichtwissenschaftlicher Unterricht“ zählt. Als Erklärung dazu: In der Regel hat man zwei Unterrichtsfächer und unterrichtet derzeit an der Realschule 24,5 Stunden in der Woche (ohne Witz die 0,5). Wenn ein Teil des Unterrichts sogenannter „nichtwissenschaftlicher Unterricht“ ist: Sport oder Musik als Beispiel, dann muss die Lehrkraft, entsprechend eines mathematischen Schlüssels, mehr als diese 24,5 Stunden unterrichten, höchstens aber 29.

Wenn es sich also zu Beginn des Jahres ergibt, dass man aus einer Klasse zwei machen muss, weil sie durch Zugänge zu groß geworden ist, dann fällt ja auch mehr Sportunterricht an, was für den Kollegen bedeutet, dass er insgesamt mehr unterrichten muss – wir also ihn auch mehr einsetzen müssen, als wir es geplant hatten.

Es liegt auf der Hand, dass große Kollegien (ca. ab 75 vielleicht)  die Jahreswechsel leichter verkraften als kleine (<50). Wir z.B. hatten mal ein Schuljahreswechsel, in dem fast ein Drittel des Kollegiums ausgewechselt wurde. Das war nicht schön, um es mal so auszudrücken.

Also setzten wir uns dran, planen – und hoffen, dass es dabei bleibt. Und werden höchstwahrscheinlich wieder in dieser Hoffnung enttäuscht werden.

5 Minuten Schulleitung – Pläne schmieden

In meinen Aufgabenbereich fallen u.a. die Erstellung des Stundenplans und der Vertretungspläne. Beides wird über eine passende Software erledigt, die eigentlich gut läuft, wenn man sie ein wenig beherrscht. Sie ist nicht intuitiv, aber liefert gute Ergebnisse. Allein über Softwarekenntnisse erreicht man aber kein zufriedenstellendes Ergebnis. Aber von vorn.

Stundenplan

Der nüchterne Anfang. Bisschen lehrermäßig. Vieles nicht neu

Der Stundenplan einer Schule hängt von vielerlei Umständen ab:

  • Unterrichtsverteilung
  • Zuteilung von Kollegen
  • Anzahl der Lehrer bestimmten Fächern und Fächerkombinationen
  • Eventueller Ausfall von Kollegen, z.B. durch Mutterschutz
  • Anzahl der Schüler
  • Statistische Aufteilung, dabei von Bedeutung: Religion (Besuch des jeweiligen Religionsunterrichts), Geschlecht (Sport!)
  • Wahlpflichfächergruppen, Kunst/Werken
  • Anzahl der Räume, Fachräume, Turnhallen und ihre Größe
  • Wünsche der Kollegen, besonders mit kleinen Kindern

Dies ist noch wenig überraschend, aber nehmen wir mal ein paar Umstände, die alltäglich erscheinen und das Ganze etwas arbeitsam machen. Vorgabe ist eine Unterrichtstafel von 8 Uhr bis 13 Uhr, entspricht 5×6 Stunden= 30 Stunden Unterricht.

  • Es gibt 25 Klassen bei 16 Klassenräumen, die restlichen Räume fassen auch beim besten Willen nicht mehr als 20 Schüler
  • es gibt nur eine Turnhalle bei 25 Klassen: Vorgabe: >300 Mädchen, >300 Jungen, je 2 Stunden Sport, eine Halle. Optimistisch: 30 Schüler pro Sportunterricht, 20 Stunden Sport für Mädchen, 20 für Jungs. Klingt gut, nicht? Bedeutet aber Unterricht weit in den Nachmittag hinein – man bedenke: die Jungen und Mädchen einer Klasse müssen gleichzeitig unterrichtet werden, bei einer Halle.
  • 25 Klassen in je einen Fachraum für Biologie, Physik und Chemie, auch nur ein Raum für Kunst, weil der andere als Klassenraum fungiert
  • zwei EDV-Räume, einer kleiner als normale Klassenstärke, bei Unterricht IT in 22 Klassen
  • 3 Religionsgruppen (Evangelisch, Katholisch, Ethik) jeweils in eine Stunde des Stundenplans verfrachten, bei einer Lehrkraft für Katholische Religion und einer für Ethik
  • Klassen mit Schülern aus unterschiedlichen Wahlpflichtfächergruppen (vier davon gibt es an der Realschule), aber auch unterschiedliche Anzahl von Stunden in der Stundentafel (Französisch z.B. erhält eine Stunde mehr Unterricht als andere Gruppen), d.h. Klassen werden geteilt in mehreren Fächern: Religion, Sport, Wahlpflicht, Kunst/Werken
  • Epochaler Unterricht: z.B. bei einer Stunde Kunst/Werken werden diese sinnvollerweise zu einer Doppelstunde zusammengelegt und nur in einem Halbjahr unterrichtet – mal die eine mal die andere Klasse.
  • Lehrer, die die unterschiedlichste Zahl von Pflichtstunden haben, wesentlich bestimmt durch Elternzeit, Teilzeit, aber auch durch sogenannten nichtwissenschaftlichen Unterricht (=Sport, Musik) – hier ändert sich das Pflichtstundenmaß je nach dem wie viel wissenschaftlichen und nichtwissenschaftlichen Unterricht sie halten, was wiederum von den Schülerzahlen abhängt und der Anzahl zugeteilter Lehrer
  • Anzahl der Referendare, die eine bestimmte Anzahl von Stunden unterrichten müssen, dies dann in bestimmten Klassen (wegen der Lehrproben) und in bestimmten Klassen nicht (Abschlussklassen in Abschlussfächern)

Der Spielraum beim Entwerfen des Stundenplans ist nicht so groß, wie ich mir das mal vorgestellt habe. Aber es gibt Schulen, bei denen die Rahmenbedingungen wirklich schlecht sind.

Vertretungsplan

In direkter Verbindung mit dem Stundenplan hängt der Vertretungsplan. Das Programm unterstützt dabei den Planer auf der Basis des Stundenplans. Was die Software nicht unterstützt und was ich daher bei Organisation des Unterrichtsausfalls im Kopf haben muss:

  • alle laufenden Belastungen und Krankheiten der Kollegen und in ihren Familien
  • Alter und Betreuungsstand / -bedarf der Kinder der Kollegen
  • Vorlieben der Kollegen (Wer braucht zwischendrin Entspannung? Wer arbeitet lieber durch?)
  • Dauer des Unterrichtsausfalls
  • Schulaufgabenplan
  • Zusammensetzung der Klasse und ihren Betreuungsbedarf (=Stressfaktor)
  • Bisherige Belastung der Kollegen durch Vertretung (die Zahl der Stunden spuckt das Programm aus – nicht aber die Art der Vertretung, z.B. Schulaufgabenaufsicht oder regulärer Unterricht)

Neuralgische Zeiten beim Vertretungsplan sind die ersten Stunden. Spontane Erkrankungen von Kollegen sind morgens nicht immer leicht unterzubringen, vor allem, wenn es mehrere sind. In der Regel erarbeite ich am Vortag den Plan, hänge ihn aus. Erkranken Kollegen im Laufe des Tages oder Abends, bekomme ich Meldungen auf mein Handy (SMS, Mail) und leite diese an den Kollegen weiter. Am laufenden Tag kommt dieser früher als ich und erledigt die Änderungen, wenn sich welche ergeben und wir besprechen dann diese kurz. Die erste Stunde habe ich überwiegend frei, um auch u.a. spontane Ausfälle aufzufangen, wenn kein Kollege mehr da ist, um zu vertreten oder wenn ich einfach eine Klasse vergessen habe. Zu diesem Zweck gehe ich dann an hektischen Tagen einfach um 8:05 Uhr durch das Schulhaus und in die Klassenzimmer hinein, wo Schüler herausquellen.

Fazit

Stundenplan und Vertretungsplan sind die Punkte eines Kollegiums, die die meiste Hitze erzeugen. Um das zu wissen, muss man kein Schulleitungsmitglied sein.

Die ersten beiden Stundenpläne, die in meiner Verantwortung im Team mit 4-5 anderen Kollegen entstanden sind, kamen gut an, was mich misstrauisch machte – unberechtigterweise denke ich mal.  Über die Vertretungspläne höre ich weniger, aber sie sind auch heikler. Dies liegt zu einem guten Teil in der Geschichte mit der Mehrarbeit, die bei Herrn Rau schon breit angesprochen wurde. (Leider finde ich auf die Schnelle nicht den aktuellen Artikel zum Verlinken, wer die offizielle Sicht lesen möchte: bitte.)

Ich sitze aber an manchen Tagen da, vor allem, wenn die Grippewelle rollt, und knirsche mit den Zähnen, weil ich sehe, wie viel Vertretungen ich vergebe und dass es eben einzelne Kollegen hart trifft. Anfangs war ich versucht, das im Einzelfall zu rechtfertigen, aber ich habe es aufgegeben. Versuche manchmal gutes Wetter zu machen – bedanke mich bei Einzelnen, versuche die Situation zu entspannen.

Man verstehe mich nicht falsch – ich verdrücke hier kein Tränchen, im Kern ist meine Haltung schon die, dass Arbeit, die anfällt, auch einfach getan werden muss. Wenn ich aber Berichte des Obersten Bayerischen Rechnungshofes im Netz (Stand 2007/2008) lese, dann weiß ich doch auch, wie sehr meine/unsere Arbeit wertgeschätzt wird. Und ja, das ist Ironie.

Nehmen wir doch mal fiktive Zahlen, von denen ich mal gehört habe. Entsprechend fielen dort an einer Schule in einer Woche einmal 180 Stunden Vertretungen an. Dies sind mehr als die gesamten Unterrichtsstunden eines normalen Tages gewesen (entspricht etwa dem Stundenmaß von 7 Vollzeitlehrern) und sie mussten von 35 Kollegen gestemmt werden. Das ist keine Ironie. Spricht man solche Wochen „weiter oben“ an, bekommt man selten mehr als ein Achselzucken. Man müsse halt mehr organisatorische Maßnahmen treffen, damit nichts ausfällt. Danke.

Am Ende jeder Woche fülle ich übrigens eine Online- Erhebung aus, die den Unterrichtsausfall inklusive dagegen erhobener Maßnahmen dokumentiert. Anweisungen dafür gibt es im Netz. Meine Liebe zu Statistiken ist nicht sehr ausgeprägt, aber ich habe mir jetzt angewöhnt, dass dies die letzte Tätigkeit meiner Arbeitswoche sein soll – und somit erlebe ich dabei nun immer eine gewisse Freude.

Ein Beitrag des Bayerischen Rundfunks zum Thema. Gefällt mir über weiter Strecken, bis kurz vor Schluss, in dem es heißt, dass dies alles für Eltern ärgerlich sei – nur für die?

Das hier hat mal wieder länger als 5 Minuten gedauert. Erster Ferientag vorbei. 0:57 Uhr. Gute Nacht.