Über dieses Buch zu schreiben, nachdem ich vorhin die Ergebnisse meiner Osterwochenendrecherche dargestellt habe, erscheint natürlich. Denn dieses Buch habe ich an diesem Wochenende ebenfalls inhaliert.
Schon vor einigen Monaten habe ich darüber etwas gehört, vor allem konnte ich eine Leseprobe in die Finger bekommen, die ich laut glucksend ein paar Mal gelesen und an viele Kollegen per Email versendet hatte.
Wie es wirklich war
Im Anfang schuf Gott erst mal gar nichts. «Dafür ist auch morgen noch Zeit››, sprach er und strich sich zufrieden über den Bart.
Am zweiten Tag sprach Gott: „Ach, es sind ja noch fünf Tage übrig“, und sank wieder in die Kissen.
Am dritten Tag wollte Gott schon anfangen, das Licht von der Finsternis zu scheiden, aber kaum hatte er sich auch nur einen Kaffee gekocht, war der Tag irgendwie schon vorbei.
Am vierten Tag dachte Gott ernsthaft darüber nach, jemand anderen die ganze mühsame Schöpfungsarbeit machen zu lassen. Aber es war ja noch niemand da.
Am fünften Tag hatte Gott andere Dinge zu erledigen, die viel dringender waren.
Am sechsten Tag überlegte Gott, ob es wohl möglich war sich irgendwie aus der Affäre zu ziehen. Es fiel ihm aber nichts Rechtes ein. Schließlich war er allmächtig, was die meisten Ausreden ein bisschen unglaubhaft wirken lässt.
Am Sonntag um fünf vor zwölf schließlich schluderte Gott hastig irgendwas hin : Wasser, Erde, Tag, Nacht, Tiere, Zeugs. Dann betrachtete er sein Werk und sah, dass es solala war. „Aber für nur fünf Minuten „, sagte er, „gar nicht so schlecht ! „
Ich hatte keine konkreten Erwartungen an die Lektüre. Vielleicht so eine Art ironischen Ratgeber – nach dem Motto: Macht genau das Gegenteil von dem, was wir hier schreiben, dann geht’s euch besser.
Insgesamt aber ist es ein breiter Überblick über die Prokrastinationsforschung und ihre wesentlichen Ergebnisse. Nein, keine Angst, kein Sachbuch. Es ist insgesamt eine witzige Mischung aus persönlichen Berichten, kurze Darstellung von Forschungsergebnissen und Top 3-10 Listen, was man beherzigen kann oder, in dem Zusammenhang des Buches, eher lassen soll.
Logischerweise fühlte ich mich in vielen Kapiteln ertappt, z.B.
- Das Später-Prinzip
- Heute jedoch nicht
- Schön, schlank und fit in 30000 Tagen
- Nur ein Vierteljährchen
Fast denke ich, man könnte ein Lehrerbuch draus machen. Vor allem bei der Beschreibung von Deadlines / dem Einhalten von Terminen. Schulaufgaben habe ich ja nun auch nicht zum ersten Mal an einem Wochenende korrigiert – und ich meine nicht das erste Wochenende nach dem Schreibtermin.
Natürlich ist das Buch gespickt mit Hinweisen auf Biografien von Prokrastinatoren, die erfolgreich waren. Aber mir vermittelte vor allem die Darstellung aller Ausreden, Verhaltensweisen und Aufschiebearten ein gutes Gefühl. Ein wahnsinnig gutes Gefühl. Das unübertroffene Gefühl, dass ich nicht allein bin. Aber noch viel wichtiger der Gedanke, dass der ewige Kampf gegen den Schweinehund ein Kampf auch gegen gesellschaftliche Normen (Arbeitsethos etc.) ist und damit ohnehin unheimlich ermüdend – also: für was? Um sich noch schlechter zu fühlen?
Auch spannend fand ich den Perspektivenwechsel dahingehend, dass Prokrastination ja nicht einfach mit Faulheit zu verwechseln ist, sondern eher eine Lust- oder Motivationsverschiebung. Wie könnte man sich sonst diese vielen Blogeinträge erklären, die dauernd entstehen? Vor allem von Leuten, die NICHT dafür bezahlt werden, sondern für ganz etwas anderes.
Aber ich will nicht zu analytisch und sozialkritisch sein, denn dies würde dem Buch nicht gut tun. Es ist kein Ratgeber , kein wissenschaftliche Grundsatzarbeit. Vielmehr eine augenzwinkernde Beschreibung von Verhaltensweisen, die im Grund bei uns allen vorhanden sind, allerdings mit unterschiedlicher Ausprägung.
Ich habe mich jedenfalls köstlich amüsiert. Unangenehm wurde es nur, als die handelsübliche Ratgeberliteratur besprochen wurde: also das ganze Simplify your life, Bekämpfen sie den Schweinehund und Getting Things Done. Denn die standen in meinem Regal, bis gestern.
Jetzt müsste ich eigentlich noch zwei Schulaufgaben korrigieren. Und dann den Papiermüll sondieren. Und einkaufen.
Naja, erstmal den Schreibtisch aufräumen.