Inhaltszusammenfassung 7. Klasse – Vorlage

Ich bin ein großer Fan des freien (absichtslosen) Schreibens aus verschiedenen Gründen. Einer der wichtigsten Gründe ist der, dass man im achtlosen Schreiben oftmals Dinge findet, die vielleicht nicht so auf der Oberfläche des alltäglichen Bewusstseins herumschwimmen. „Schreiben heißt sich selber lesen.“ So hieß es wohl mal bei Max Frisch.

So saß ich selbst neulich nachts mal am Schreibtisch, um ein schnelles Muster für eine Inhaltszusammenfassung für meine Schüler zu verfassen. Schulaufgabe stand an und sie sollten aus der aktuellen Lektüre ein Kapitel zusammenfassen – den formalen Rahmen wollte ich Ihnen vorgeben. Die Schülernamen sind gekürzt.

Und das sah dann so aus – ein tiefer Blick in meine Seele:

Der Roman „Ein wilder Haufen“ wurde von Thomas Kuban verfasst und erschien 2016 im DTV-Verlag München. Der Autor, der jahrelang als Lehrer arbeitete, beschreibt in seinem ersten Buch die vielen kleinen lustigen und traurigen Geschichten, die er mit einer 7. Klasse in einem Schuljahr erlebte. Das Buch erhielt den Literaturnobelpreis und heute arbeitet Thomas Kuban nicht mehr als Lehrer, sondern lebt mit seiner Frau und seinen Katzen auf der Insel Spiekeroog, die er sich vom Nobelpreis gekauft hat. Das vorliegende Kapitel 4 beschreibt einen Tag, an dem der Lehrer Kuban zwei Exen schreibt, worauf die Klasse sehr ärgerlich reagiert und am Ende  weinen die beiden Schüler E. und L.

Am Donnerstag in der ersten Stunde betritt der Lehrer Kuban das Klassenzimmer der 7d und hat die Sichtblenden dabei. Die Klasse merkt sofort, was los ist, rätselt aber erstmal, in welchem Fach jetzt die Ex geschrieben wird. Erleichtert stellen sie fest, dass es Deutsch ist. Deutsch, so glauben sie, fällt ihnen leichter. Am Ende der Stunde verlässt der Lehrer das Zimmer mit einem komischen Grinsen. Dennoch denkt sich niemand etwas dabei. Erst als in der vierten Stunde der Lehrer erneut mit den Sichtblenden das Zimmer betritt, wird allen klar, dass auch im Fach Geschichte eine Ex ansteht. J. und T. werden brutal und beginnen damit laut auf den Lehrer zu schimpfen. Doch Herr Kuban kann sie mit einem einzigen strengen Blick zum Schweigen bringen. Nachdem die Ex geschrieben worden ist, sind alle erschöpft und niedergeschlagen. Sie erkennen, dass es etwas gebracht hätte, wenn man die Seiten gelesen hätte, die der Lehrer am Tag vorher als Hausaufgabe aufgegeben hat. E. flüstert am Ende noch verzweifelt, dass sie Herrn Kuban blöd fände und bricht in Tränen aus. Dies steckt wiederum L. an, der aus Mitleid mitheult.

Das Kapitel 4 erzählt die Geschichte von Kapitel 3 logisch weiter, weil hier dargestellt wird, wie lustig und leicht die Klasse alles nimmt, dann aber, wenn es drauf ankommt, die Hausaufgaben und das Lernen nicht ernst genug nimmt. Das Ergebnis bekommt sie im folgenden Kapitel, als der Lehrer die Ergebnisse an die Tafel schreibt und dann die Zeugnisse überreicht. Herr Kuban macht seine Sache hier im Kapitel schon gut, wie ich finde, er ist wie im ganzen Buch fair und lustig, auch wenn er schlechte Noten gibt. Er sollte nur nicht immer die Schüler zum Weinen bringen.

IMG_1993

Irgendwo da hinten ist meine Insel.

Kreatives Schreiben im DU 4 – Einfach mal so in den Goethe kritzeln

Habe in den Ferien aufgeräumt und eine dicke, alte Mappe lag schon in der Papiertonne – habe sie dann noch mal rausgefischt, weil ich gemerkt habe, dass da eine Sammlung meiner Ideen und Ausführungen zum Kreativen Schreiben bis 2005 drin lagen. Mir war gar nicht klar, dass ich die noch hatte.

Daher hier mal meine älteste Sache. Stammt von 1998. Einsatzjahr im Referendariat, Würzburg, Unterrichtssequenz „Computereinsatz im Deutschunterricht“, ein Debakel, u.a. weil ich keinen Termin im Computerraum bekam. Ich musste also meinen Zweitrechner (einen 486er mit 40 MHz) mit in die Schule nehmen, in der Bahn, von Nürnberg nach Würzburg. Dort konnte ich ihn dann im Unterricht hie und da mal einsetzen.

In einer Gruppenarbeitsphase zur Lyrik in einer 8. Klasse saß Harald, der eher zu den schwierigen Schülern gehörte, nur herum und langweilte sich. Ich hatte Angst, dass er irgendwann das Stören anfing. Also fuhr ich den Rechner hoch, rief das Gedicht „Beherzigung“ von Goethe auf und sagte ihm, er solle das mal lesen und ich wolle später seine Gedanken dazu wissen – er solle sie einfach aufschreiben.

Also nahm er sich das Gedicht vor und fügte fleißig nach jeder Goethezeile seine Gedanken ein. Ich weiß, vielleicht nicht so der Burner, aber für mich war das eine tolle Sache – und auch im Rückblick seltsam berührend. Harald und Goethe – ich weiß nicht, ob das je wieder zusammen gekommen ist. Und ich habe wahrlich schon Dümmeres gehört über Gedichte von vermeintlich schlaueren Menschen.

Und so ging das Gedicht von Goethe

 

Beherzigung

Ach, was soll der Mensch verlangen?

Ist es besser, ruhig zu bleiben?

Klammernd fest sich anzuhangen?

Ist es besser, sich zu treiben?

 

Soll er sich ein Häuschen bauen?

Soll er unter Zelten leben?

Soll er auf die Felsen trauen?

Selbst die festen Felsen beben

 

Eines schickt sich nicht für alle!

Sehe jeder, wie ers treibe,

sehe jeder, wo er bleibe,

und wer steht, daß er nicht falle.

 

Und das hat Harald am Computer draus gemacht. „Kreatives Schreiben im DU 4 – Einfach mal so in den Goethe kritzeln“ weiterlesen

Kreatives Schreiben im DU 3 – Liebesbriefe / Möbelliebe

Es gelten auch und besonders für diese Varianten alle Hinweise, die ich bezüglich des Schutzes einzelner Schüler in Klassen schon mal angesprochen habe.

Auch diese Variante ist mal aus zwei anderen entstanden, deren Bezeichnung ich nicht mehr kenne. Ich gehe diese Form zügig durch, antworte anfangs nicht auf Fragen, jedenfalls nicht solange sie nicht schreiben. Wichtig, wie bei anderen Varianten ist für mich, dass sie nicht zu viel nachdenken, sondern einfach schreiben – manchmal versuche ich ihnen die Technik des automatischen Schreibens nahezubringen.

Also: ich betrete das Klassenzimmer (gestern wars mal wieder soweit: eine Klasse, die ich nicht kannte, musste vertreten werden) und teile Schreibpapier aus. Einzige Aufgabe für Schüler ist es, genau das zu tun, was ich sage.

1. Schritt: Sucht euch einen unbelebten Gegenstand im Klassenzimmer aus, den ihr interessant findet. Beschreibt ihn 5 Minuten lang schriftlich, und zwar möglichst genau, ohne ihn zu bezeichnen.

2. Schritt: Strich drunter setzen von einer Blattseite zur anderen. Ihr kennt diesen Gegenstand nun ganz genau. Versetzt euch nun in ihn hinein, betrachtet die Welt mit seinen Augen. Welche Sorgen hat er? Welche Träume? (usw….Hinweise geben je nach Einsatzfreude der Schüler). Schreibt 5 Minuten lang aus der Ich-Perspektive.

3. Schritt: Strich drunter setzen von einer Blattseite zur anderen. Es passiert nun etwas Wunderbares: euer Gegenstand verliebt sich in einen anderen Gegenstand. Er ist so beseelt von diesem, dass er einen Liebesbrief schreibt. Formuliert diesen. (Weitere Hinweise je nach Verständnis der Schüler:) Schreibt davon, wann es passiert ist und warum. Preist die Vorzüge des anderen Gegenstandes und was ihr besonders liebt. Berichtet von euren Träumen und Hoffnungen und warum ihr so gut zueinander passt.

Die Schreibzeiten sind nur so ungefähr. Wenn die Schüler erstmal angefangen habe, lasse ich sie schreiben. Es ist nur überschaubarer, wenn man sagt „5 Minuten“ als keine Zeitangabe zu setzen. Wenn es läuft, lasse ich es laufen. Der dritte Schritt braucht natürlich als Zeitangabe mindestens zehn Minuten.

Die Ergebnisse werden wieder eingesammelt und ich lese sie vor. Ohne Namen und so weiter.

Und freue mich jedes Mal über ein belebtes und verliebtes Klassenzimmer.

Ich führe das manchmal weiter, in dem ich die Briefe dann wieder austeile – natürlich an andere Schüler – und sie auffordere, eine Antwort zu schreiben.

Didaktischer Sinn des Ganzen? Nunja, Schreibkompetenz? Ich denke, wenn schon kompetent sein, dann doch wohl im Schreiben von Liebesbriefen. Dass man da nicht einfach reinkommt und sagt: „So, nun schreibt mal einen Liebesbrief…“ – ist ja klar.

Überhaupt: Perspektivenwechsel, so bizarr er auch sein mag, ist immer ein probates Mittel, um Schreiben in der Schule zu ermöglichen. Im Ergebnis wird schon viel und genug vom Einzelschüler drin stecken (Identitätsfindung), ohne dass es ihm im ersten Moment bewusst ist.

Und: Empathie. Man sollte sich schon mal in einen Stuhl versetzte haben, auf dem den ganzen Tag ein Hintern herumrückt und -drückt.

Schließlich: Spaß am Schreiben, Spaß, Spaß, Spaß!

Hier ausnahmsweise mal Proben dieser Briefe. Diese Ergebnisse sind alt, stammen meiner Erinnerung nach aus meinen ersten Jahren, 2002 oder so, ich denke, es war eine 10. Klasse.

„Kreatives Schreiben im DU 3 – Liebesbriefe / Möbelliebe“ weiterlesen

Kreatives Schreiben im DU – 1: Dialektgedichte

Kreatives Schreiben hat in meinem Schulalltag mal ziemlich breiten Raum eingenommen, als ich ein halbes Jahr lang ein Abo für den Vertretungsplan hatte. In dieser Zeit sammelte ich mir einige Schreibübungen zusammen, veränderte sie ein wenig und garnierte sie mit mir und meinem unwiderstehlichen Charme. Dadurch konnte ich auch pubertierendste Klassen für 45 Minuten focussieren. „Kreatives Schreiben im DU – 1: Dialektgedichte“ weiterlesen