5 Minuten Schulleitung – Entscheidungen, Fehlentscheidungen

Ich habe am Anfang des Schuljahres gedacht, es sei eine gute Entscheidung, ausschließlich zehnte Klassen zu unterrichten. Die Idee war, die Anzahl der Klassen überschaubar zu halten, nach Beginn der Abschlussprüfungen genug Zeit zu haben für die Vorbereitung und Durchführung der Konferenzen und überhaupt homogene Klassenstrukturen vor mir zu sehen.

Jetzt am Ende sehe ich, dass das ziemlich fehlentschieden war. Jetzt bin ich oft erschöpft, müde, habe Magenschmerzen, fühle mich überfordert und überlastet, kann nicht abschalten.

Das liegt nicht etwa an der Anzahl der Korrekturen, wie man vermuten könnte (zwei zehnte Klassen in Deutsch bedeuten 54 Schulaufgaben mit 4 und mehr Seiten pro Schüler in einer Korrigierperiode) – ich habe mich soweit optimiert, dass ich noch zielgerichteter und schneller korrigieren als vorher, natürlich unter Missachtung sämtlicher sozialer Beziehungen und Lebensweltbezüge in diesen Phasen.

Das liegt nicht daran, dass ich den Aufgaben nicht gewachsen bin.

Und sicher bin ich nicht zu doof dazu.

Ich weiß, die Magenschmerzen kommen daher, dass ich nicht bedacht habe, dass zehnte Klassen natürlich noch zielgerichteter auf die Prüfungen vorbereitet werden müssen als alle anderen. Jenseits dieser Jahrgangsstufe gibt es keine Ausgleichsmöglichkeiten. Dieser Gedanke kam mir erst als ich eine Woche krank wurde und meine Planung komplett ins Wanken kam. Seitdem habe ich bei jedem Tag, den ich fehle oder wo Stunden ausfallen wegen dienstlicher Belange, Bedenken und Magenschmerzen. Dies auch, weil ich manchmal das Gefühl habe, nicht allen gleichermaßen gerecht werden zu können.

Ich habe schon zwei Mal doppelte Klassenführungen im Abschlussjahrgang gehabt. Beim ersten Mal war ich 33, ein Junglehrer – jetzt bin ich 45 und ein Konrektor. Ich hätte eigentlich klüger sein sollen.

Dieser Tage geht mir viel durch den Kopf. Warum ich so große Angst davor habe, als faul zu gelten z.B.

Eine schöne Sache an meinem Beruf ist aber wohl, dass man jedes Jahr neu anfangen kann. Aber ich fürchte, irgendwas bleibt immer.

Hausarbeit und Stecker

IMG_1337Lange den Nerd-Anteil vernachlässigt.

Ich weiß nicht, wie das sonst so läuft, aber wir hier haben die Hausarbeit ein wenig aufgeteilt. Und ja, das klingt jetzt besser als es ist, weil es einfach grundsätzlich unterschiedliche Schwellen zwischen Mann und Frau Menschen gibt, die den Punkt bezeichnen, an dem irgendwas hausgearbeitet werden muss. Wurst.

Es gibt ihren Teil, einen geteilten/gemeinsamen Teil und meinen Teil.

Nun, der auf mich beschränkte Part ist überschaubar: Geschirrspüler, Saugen, Fenster, Einkaufen, Rasenmäher, Grünmüll wegbringen und Computer, Fernseher, Raspberry Pi, NAS…

Vor einigen Wochen habe ich durch unsere nette Nachbarin erfahren, dass es für den Bereich Fenster etwas gibt, was von der allseits männlich geachteten Firma „Kärcher“ erfunden wurde: Den Fenstersauger.

Der besteht aus zwei Teilen, und zwar einmal aus dem Sprüher mit eingehefteter Mikrofaser-Lippe und auf der anderen Seite aus dem Sauger. Heute habe ich meinen eigenen Sauger eingeführt. Ging gut.

Danke, Frau Nachbarin.

Achja, wie ich nun endgültig drauf kam, kann folgendes Bild zeigen. Es gab vorgestern hier einen wunderschönen Sonnenaufgang und ich wollte ihn fotografieren. Da es so kalt war, dachte ich, das geht auch durch das Fenster.

Schauen Sie selbst. Das meinte ich mit „Schwelle“.

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Oskar Maria Graf. Dorfbanditen. Erlebnisse aus meinen Schul- und Lehrlingsjahren

9783869060118Das absolute Gegenstück zu den bekannteren „Lausbubengeschichten“ von Ludwig Thoma stellen die Erzählungen aus Dorfbanditen von Oskar Maria Graf dar. Nicht nur erkennbar an den immer wieder eingestreuten Dialekt-Passagen in den Dialogen der beteiligten Figuren, sondern ganz grundlegend – geht es doch nicht um beschauliche und gemütvolle Ereignisse mit bayerischer Note. Vielmehr erhält man Einblick in das Kinderleben um und nach 1900, welches sicherlich nicht nur im dörflichen Bayern so wenig romantisch gewesen sein dürfte. Hier besorgen sich die Kinder Gewehre, gehen wildern oder schießen zur Abwechslung auf den Spitz der Nachbarn, um besser an das Obst in dessen Garten heranzukommen.

Das, was mich immer wieder Graf lesen lässt, ist vor allem der -fast ernste – Humor, der niemals schenkelklopfend-musikantenstadlig um die Ecke kommt, der so vielleicht nur in Bayern möglich ist. Und er zeigt damit einen Blick auf Bayern, der so wohl auch nur von innen möglich ist, aber alles erklären kann, was von außen als Schimpf darauf gerichtet ist.

Die Erzählung „Der Gottesraub“ beginnt z.B.

Die Leute bei uns daheim und im ganzen Land von Oberbayern sind katholisch. Dieser Glaube ist, wie der alte Schmalzerhans immer gesagt hat, kamot (kommod) und darum wird er sich auch ewig halten. Er verlangt keinen besonderen Aufwand, tut keinem weh und jeder Mensch ist ihn gewohnt. Bigotte Männer und Betschwestern hat man aber bei uns nie mögen, weil das meistens falsche, kriecherische und scheinheilige Personen waren, die im Familien- und Berufsleben keinen Schuß Pulver wert gewesen sind. Dieses ist auch von jeher die Meinung von unserem Vater selig gewesen, und wenn man auf solche Sachen zu reden gekommen ist, hat er immer gemeint, bei einem Glauben kommt es ganz allein auf den Pfarrer an, ein schlechter Geistlicher und ein schlechter Wirt sind vollends gleich: Wenn sie die Leute nicht verstehen und nicht mit ihnen umgehen können, kommt kein Mensch gern zu ihnen, und die wo alsdann wirklich in die Kirche und in die Wirtschaft gehen, tun es aus Falschheit oder sie sind aufsässig.

Und so kommt es dann auch, dass sein Bruder vom Pfarrer angegangen wird, weil er immer zu spät in die Kirche kommt – als Sohn des Bäckers muss er morgens bei Wind und Wetter die Brote und Brötchen in die Nachbarorte bringen – bis sich der Hilflose eines Tages vor versammelter Gemeinde wehrt und es aus ihm herausbricht.

Ja Herrgott, i konn mi doch it derrenna!… We-e-enscht du mi grod schikanieren und schlogn wuist, nachha konnst mi aa am Orsch lecka!“

Die Erzählung „Der Gottesraub“ stellt dar, wie den Jungen der Glaube ausgetrieben wird.

Der Allitera-Verlag gibt frühe Ausgaben Grafs neu heraus. Ebenfalls das Jahrbuch der Oskar-Maria-Graf-Gesellschaft.

Die Ausgaben sind direkt beim Verlag erhältlich/bestellbar.

PS: Gibt es in anderen Bundesländern ähnliche Autoren? Mir fiel nur noch Ernst Reuter ein.